Wegen Corona: Polnische Lkw donnern durchs Dorf

Innerhalb einer viertel Stunde donnern vier Lkw die Ortsstraße entlang. Über die Bundesstraße durch Markersdorf kommen die Fahrzeuge, biegen dann in Richtung Gersdorf ab. Anwohnern der Straße „Am Schöps“ geht das Gedonner mächtig auf die Nerven. „Das stört uns unheimlich“, sagt Helga Böer, die gerade im ihrem kleinen Vorgarten gewerkelt hat.
Kopfschüttelnd schaut die 88-Jährige den Brummis hinterher. Die Fahrer könnten ja nichts dafür, sagt sie noch entschuldigend. Die müssten da lang fahren. „Ich wohne schon sehr lange hier“, erzählt die Seniorin. Doch in den vergangenen Wochen habe der Lkw-Verkehr mitten durch das Dorf stark zugenommen. Die Situation sei nicht schön. „Meine Tochter wohnt auch an der Straße, arbeitet als Krankenschwester im Schichtdienst“, sagt Böer. Tagsüber in den Schlaf zu kommen bei dem Lärm und dem Geruckel, falle der Tochter schwer.
Im Markersdorfer Rathaus kennt man das Thema. „Uns ist das Problem bekannt“, sagt die Gemeindeverwaltung. Tun könne man allerdings nichts, da es sich um eine Ortsdurchfahrt handelt. Bürger hätten immer wieder mal auf das verstärkte Lkw-Aufkommen hingewiesen. „Uns sind allerdings die Hände gebunden“, sagt eine Verwaltungsmitarbeiterin auf Nachfrage am Telefon.
Schon vor Jahren gab es eine Unterschriftenaktion
Die Straße „Am Schöps“ schlängelt sich dem Wasserlauf angepasst durch den Ort. Überall blüht und grünt es. Gepflegte Gärten, viele sanierte Häuser. Eine Idylle auf dem Land. Idyllisch findet die Situation ein Anwohner – der seinen Namen nicht in der SZ lesen möchte - aber nicht mehr. Schon lange sind ihm die Lkws ein Dorn im Auge. Vor Jahren startete er eine Unterschriftenaktion im Ort mit dem Ziel, die Tonnage zu begrenzen. 7,5 Tonnen – das reiche völlig aus.
„Damals bekamen wir etwa 50 bis 60 Unterschriften zusammen“, sagt der Markersdorfer. Vorgelegt wurden die bei der Gemeinde. Genützt habe das nichts. Eine solche Begrenzung gibt es nicht. Der Lärm ist die eine Seite, das Gerumpel die andere. Wer besonders nahe an der Straße wohnt, bei dem würden die Gläser im Schrank wackeln. „Der Zustand der Straße bietet nicht die Voraussetzungen für eine solche Verkehrsbelastung“, findet der Mann. Zumal seitlich Granitsteine als Borde im Asphalt liegen und dadurch die Polterei noch stärker wahrgenommen werde.
Ausgerechnet in Corona-Zeiten spitzte sich das Problem offenbar weiter zu. Täglich – so schätzt der Markersdorfer – kommen nun „etwa 150 Lkws hier durchgefahren.“ Die meisten davon mit polnischen Kennzeichen, wie er sagt. Das hängt mit der geschlossenen Grenze zusammen, vermutet er.
Lkw kommen nicht mehr in Hagenwerder über Grenze
Heike Wieland, Geschäftsführerin der ETU GmbH Altbernsdorf, kann das erklären. Ein Teil der Lkws, die aktuell die Straße Am Schöps befahren, transportieren Boden und Bauschutt von der ETU nach Polen. Und das sind in der Tat nun mehr geworden. „Die Lkw kommen nicht mehr in Hagenwerder über die Grenze“, sagt Heike Wieland. Durch die Grenzschließung im Rahmen von Corona ist das so.
Etwa 40 Lkw, die Material von der ETU abholen, müssen deshalb eine andere Strecke fahren – nach Ludwigsdorf. Der Markersdorfer Unmut ist Heike Wieland bekannt. Nach einer Lösung wurde gesucht. Seit diesem Montag ist die Umleitungsstrecke zweigeteilt, um die Anwohner der Straße „Am Schöps“ zu entlasten. Ein Teil der Brummis fährt nun von Friedersdorf aus nicht nur über Markersdorf, sondern auch über den Reichenbacher Bahnübergang durch die Stadt über den Alten Ring am Marktplatz und von da aus auf die B 6. Das soll so lange so bleiben, bis die Grenzen wieder offen sind. Heike Wieland hofft, dass das nicht mehr lange dauert.
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