Von Mareike Huisinga
Gleich wird es brenzlig. Der große Iraner kommt direkt auf sie zu. Stefanie Feller und ihr spanischer Mitreisender haben ihr Zelt am Kaspischen Meer in der Nähe von Astara aufgeschlagen. Der bärtige Mann fragt misstrauisch, ob sie verheiratet sind. Sind sie nicht. Im Iran ist es mehr als verpönt, dass Unverheiratete gemeinsam in einem Raum übernachten. Die Sittenpolizei lauert überall. Erst aufgrund der Versicherung, dass die beiden ein zweites Zelt dabei haben, lässt er sich beruhigen. Ein kurzes Gespräch auf Englisch, und der Mann verschwindet wieder. Natürlich gibt es kein zweites Zelt. „Aber einige Tricklügen musste ich mir manchmal ausdenken“, sagt die 25-Jährige aus Stadt Wehlen mit einem Schmunzeln.
Während andere Menschen in den Bayerischen Wald fahren, eine Kreuzfahrt genießen oder beschaulichen Urlaub auf dem Bauernhof machen, wählte Stefanie Feller die abenteuerliche Variante. Sie reiste im vergangenen Jahr für einen Monat per Anhalter durch den Iran. Nicht ganz ungefährlich für eine Frau in einem männerdominierten Land. Warum suchte sie die Herausforderung? „Die Lyrik des persischen Schriftstellers Rumy hatte mich schon immer begeistert“, sagt sie. Außerdem wollte Feller die Architektur in dem Land mit eigenen Augen sehen: die mächtigen Moscheen mit den blauen Kacheln, die imposanten Rundbögen sowie die bekannte Ausgrabungsstätte Persepolis. Schließlich spornten ihre Eltern sie unfreiwillig an. „Sie waren zunächst absolut gegen die Reise, da gewann das Projekt für mich einen besonderen Reiz“, berichtet Feller. Sie will nicht missverstanden werden. Die Tochter versteht sich gut mit ihren Eltern, die sie quasi gleich mit auf die Reise genommen hat. „Jede Woche habe ich mit ihnen telefoniert und berichtet, das fanden sie sehr spannend.“
Stefanie Feller relativiert. Die Reise sei nicht so riskant gewesen, denn meistens war sie mit anderen Individualreisenden unterwegs. Zeitweilig waren sie sogar zu fünft. „In Deutschland wäre es unmöglich, in so einer großen Gruppe trampen. Im Iran ist das kein Problem, dann wird das Auto einfach vollgestopft“, berichtet die Wehlenerin, die in einem Dresdner Reisebüro arbeitet. Was sie am meisten beeindruckt hat: Die enorme Gastfreundschaft der Bevölkerung. Immer wieder bekam sie Einladungen zum Tee, zum Essen und durfte bei Familien übernachten. So entstanden sehr intensive Gespräche. „Während die Deutschen über das Wetter sprechen, ist im Iran das Thema Nummer eins die Familie“, erzählt Stefanie Feller.
Frauen fühlen sich unterdrückt
Die Offenheit der Pirnaer erstaunte die Gastgeber. Zwar geht es den Iranern wirtschaftlich gut, aber sie fühlen sich unterdrückt. Scharf kritisiert wird der iranische Präsident Ahmadinedschad, aber genauso die religiöse Führung im Land. Besonders viele junge Frauen leiden unter den rigorosen Vorschriften. „Sie müssen einen langen Mantel tragen und ihr Haupt bedecken“, sagt Stefanie Feller, die selbstverständlich immer mit einem Kopftuch unterwegs war. Offiziell sind die Frauen von den Männern getrennt, es gibt Schulen für Jungen und welche für Mädchen. Frauen dürfen nicht Fahrrad fahren. „Man könnte ja sonst eventuell die Formen ihres Gesäßes erkennen“, erklärt die Wehlenerin die Bedenken der iranischen Sittenwächter.
Sie reiste über die Türkei in den Norden des Landes ein und fuhr dann ans Kaspische Meer, wo die Farbe Grün alles beherrscht. „Faszinierend“, so ihr Kommentar. Weiter ging es in die Hauptstadt Teheran. Auch hier fiel ihr ein Widerspruch auf. Zwar ist Alkohol generell verboten, aber überall steht ein Alkoholdealer, der dem Kunden die gewünschten Getränke in Menge und Prozentigkeit besorgt. Feiern, an denen beide Geschlechter teilnehmen, ohne verheiratet zu sein, ist tabu. Auch diese Regel wird in Teheran gebrochen. „Im Untergrund gibt es die wildesten Partys“, sagt Feller. Isfahan in der Landesmitte bezeichnet sie als schönste Stadt, die sie je gesehen hat. Durch das Trampen hat sie zwei Kurden aus dem Iran kennengelernt, bei denen sie anderthalb Wochen wohnen durfte. Die Freundschaft hält bis heute.
Ihr Fazit: „Ich bin mir nicht sicher, ob wir in Deutschland Fremde so herzlich aufnehmen, wie ich im Iran aufgenommen worden bin.“ Ihr nächstes Reiseziel steht übrigens schon fest: Der Iran!
Am 18. Mai hält Stefanie Feller einen Diavortrag „Iran per Anhalter“ in der Herderhalle in Pirna. Beginn: 20 Uhr. Karten im Vorverkauf: sieben Euro, an der Abendkasse zehn Euro. Die Karten gibt es im SZ-Treffpunkt und in der Stadtbibliothek Pirna.