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Warum Löbaus Weidenkirche weg muss

Die Freiluftgottesdienste waren beliebt. Sogar geheiratet wurde hier. Nun wird sie abgerissen. Dass Teile erhalten bleiben, dabei können die Löbauer mithelfen.

Von Romy Altmann-Kuehr
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Die Weidenkirche in Löbau: Friedrich Krohn, Gabriel Wandt und Daniel Mögel (von links) von der Kirchgemeinde schauen sie noch einmal an.
Die Weidenkirche in Löbau: Friedrich Krohn, Gabriel Wandt und Daniel Mögel (von links) von der Kirchgemeinde schauen sie noch einmal an. © Matthias Weber/photoweber.de

Friedrich Krohn blickt skeptisch nach oben in die Kuppel der Weidenkirche. Er muss die Augen mit der Hand abschirmen, denn die Kuppel ist so licht, dass die Frühlingssonne mühelos hindurch scheint. Und genau das ist das Problem der Weidenkirche auf dem Landesgartenschaugelände in Löbau: Sie ist nicht richtig gewachsen. Jetzt, nachdem sie schon etliche Jahre steht, müsste sie eigentlich viel dichter sein. 

Vor rund zehn Jahren hat Friedrich Krohn am "Bau" der besonderen Freiluftkirche als damaliger Löbauer Pfarrer mitgewirkt. Und hat jetzt auch den schweren Entschluss mit gefasst, die Weidenkirche abzureißen. 

Zur Landesgartenschau gepflanzt

Nachdem bekannt geworden war, dass die Gartenschau nach Löbau kommt, wollten die Kirchgemeinden einen Beitrag leisten und einen besonderen Ort auf dem Gelände schaffen. Die Idee von einer Weidenkirche wuchs. Rat holten sich die Kirchgemeinden bei Marcel Kalberer, einem bekannten Weidenkirchen-Architekten. Die Wahl fiel auf den Standort nahe des Viadukts am Löbauer Wasser. 2011 startete die Errichtung der Weidenkirche, was rund drei Monate in Anspruch nahm. 

Doch dabei ging etwas schief, wie sich nun herausstellte. Der Untergrund war vermutlich nicht geeignet, so Friedrich Krohn. Es handelt sich um ein Abrissgelände mit viel Geröll. Darauf sind die Weiden nicht richtig angewachsen. Für die Weidenkirche wurden Zweige in den Boden gesteckt. Dicke Eisenstangen stützen das Weidengerüst, die Zweige werden darum gewickelt und wachsen daran nach oben. Sie sollten im Boden anwachsen, weiter austreiben und das Gebilde dadurch immer dichter werden lassen - so der Plan. 

Wahrscheinlich hätten Löcher gegraben und mit richtigem Boden aufgefüllt werden müssen, vermutet der Pfarrer im Ruhestand. Jedenfalls sind die Weidentriebe nicht so dicht geworden, wie es eigentlich nötig wäre und sind außerdem auf einer Seite kräftiger als auf der anderen. Dadurch ist das ganze Gebilde instabil. "Im schlimmsten Fall fällt es ein", benennt Pfarrer Daniel Mögel das schlechteste Szenario. Er ist aktuell Pfarrer der evangelischen Kirchgemeinde in Löbau. Er sieht auch den Pflegeaufwand, der sehr hoch ist. So müssen jedes Jahr die Weidentriebe gebunden oder zurückgeschnitten werden. Wegen der Höhe der Weidenkirche wird dazu eine Hebebühne gebraucht, die angemietet werden muss. Rund 1.000 Euro kostet allein diese Aktion jährlich. 

Drei bis vier Veranstaltungen im Jahr fanden statt. Es musste aber auch vieles abgesagt werden, wegen schlechten Wetters, bedauert Pfarrer Mögel. Neben Gottesdiensten wurde die Weidenkirche auch für Hochzeiten genutzt. 

Die Weidenkirche in voller Nutzung: Zum Beispiel zu Pfingsten fand immer ein gut besuchter Gottesdienst im Freien statt.
Die Weidenkirche in voller Nutzung: Zum Beispiel zu Pfingsten fand immer ein gut besuchter Gottesdienst im Freien statt. ©  privat

Rückbau beginnt nach Pfingsten

Den Ausschlag gaben aber die Probleme mit der Standfestigkeit. Auch Fachleute hätten bestätigt, dass das Gebilde nicht standsicher ist, so Pfarrer Mögel. Am vergangenen Sonnabend haben sich Vertreter der verschiedener christlicher Gemeinden an der Weidenkirche zu einer Abschieds-Andacht getroffen. Der Abriss soll nun nach Pfingsten beginnen. Eine Fachfirma wird die Weidenkirche entfernen. 

"Sie muss zwar abgerissen werden, aber wir wollen die liebgewonnene Tradition der Freiluft-Gottesdienste trotzdem fortsetzen", versichert der Kirchenvorstand. Dazu gebe es auch Zustimmung von der Stadtverwaltung Löbau: Künftig dürfen die Christen das Gelände rund um die Heilig-Geist-Kirche, das städtisches Areal ist, für Veranstaltungen nutzen. Dort soll der Altar aus der Weidenkirche aufgestellt werden. Auch die Segel sollen umgearbeitet und weiter verwendet werden. Dort gibt es auch für Veranstaltungen bessere Bedingungen: nahe Parkmöglichkeiten, eine Toilette, eine Küche und mit der kleinen Vorstadtkirche einen Raum als Schlecht-Wetter-Variante. Die Premiere dort wird am Pfingstmontag sein, mit einem “Gottesdienst auf der Picknickdecke”, der sich an Familien mit Kindern richtet. 

Die Weidenkirche bleibt Löbau noch auf weiteren Wege erhalten: Die Glocke, die während der Landesgartenschau neben der Weidenkirche stand läutet bereits seit einigen Jahren auf dem Friedhof. Und Pfarrer Friedrich Krohn hat die Teilnehmer der Andacht am Sonnabend eingeladen, sich einen Weidenzweig abzuschneiden, treiben zu lassen und an einem persönlich ausgesuchten Ort wieder einzupflanzen. Das haben viele Besucher getan. 

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