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Weil das Herz für Kinder so groß ist . . .

Aus dem offenen Fenster des alten Fachwerkhauses dringt eine leise Melodie. Annette Stübner spielt Querflöte – vormittags um zehn. Das ist die einzige Zeit, in der sie eine halbe Stunde ganz für sich ist, in der sie die Ruhe und Stille im Haus spüren und Kraft schöpfen kann.

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Von Jana Ulbrich

Aus dem offenen Fenster des alten Fachwerkhauses dringt eine leise Melodie. Annette Stübner spielt Querflöte – vormittags um zehn. Das ist die einzige Zeit, in der sie eine halbe Stunde ganz für sich ist, in der sie die Ruhe und Stille im Haus spüren und Kraft schöpfen kann.

Halb zwölf holt sie Charlotte aus dem Kindergarten ab, den dreijährigen Wirbelwind mit den vielen lustigen Zöpfen. Helene (8) und Albrecht (11) kommen kurz nach eins mit dem Schulbus aus Ruppersdorf. Sie bringen noch zwei Nachmittagskinder mit, die Annette Stübner tagsüber betreut. Und kurz nach zwei sind auch die beiden Großen da, Hanna (13) und Lisa (14), die in Herrnhut ans Gymnasium gehen.

„Mittagessen koche ich meistens für acht“, erzählt Annette Stübner. Dafür wird für die ganze Woche ein richtiger Speiseplan aufgestellt. Und nach Plan wird auch eingekauft. Dennoch ist der Wochenendeinkauf für die 38-Jährige jedesmal ein Graus, denn die Einkaufswagen sind fast immer zu klein. Da sind ihr die Waschtage lieber, an denen sich die Trommel der Waschmaschine rund um die Uhr dreht. Die sind übrigens genauso geplant wie die gesamte Hausarbeit, die bei Stübners anfällt. „Das ist wichtig, um die Zeit, die sowieso schon knapp ist, nicht noch zu vertrödeln“, erklärt Annette. Denn schließlich soll ja viel übrig bleiben für die Kinder.

Die sind das Wichtigste im Leben der Familie. Und jedes ist etwas Besonderes. „Es ist wunderbar, wenn das Haus hier voller Leben und Trubel ist“, sagt Annette Stübner. „Ein Leben ohne Kinder, das kann ich mir gar nicht vorstellen.“ Sie ge-nießt die Abende, an denen sie mit ihrem Mann Jens und den Kindern um den großen Esstisch sitzt und redet. Sie liebt die Sonntage mit den gemeinsamen Unternehmungen, die Fahrradtouren und die Hausmusik, die zum Familienleben gehört. Am schönsten sind aber immer die Feste, sagt sie. Die werden im Haus oder im Garten gefeiert, wann immer dazu Gelegenheit ist.

1988 haben Stübners das abrissreife Haus in Strahwalde gekauft. „Seitdem bauen wir“, lacht Annette, der es Spaß macht, immer wieder neue Ideen umzusetzen. Das ganze Haus, das zu DDR-Zeiten schon dem Verfall geweiht war, ist liebevoll und zweckmäßig restauriert. Jedes noch so kleine Detail strahlt Wärme und Geborgenheit aus. Ein Haus zum Wohlfühlen, in dem den Kindern eine ganze Etage gehört und in dem auch noch ein Platz ist für „Notfälle“. Annette und Jens Stübner sind als Kurzzeitpflegeeltern beim Jugendamt registriert. Ab und zu ist die Familie dadurch auch noch ein bisschen größer.

„Vielleicht, weil mein Herz für Kinder so groß ist . . .“, sagt Annette, „und weil auch die Not für Kinder manchmal groß ist.“ Erst kürzlich war die kleine Lilli da. Sieben Wochen fand das neu geborene Baby bei Stübners Liebe und Wärme, bis eine Adoptivfamilie gefunden war.

Ihre Kinder erziehen Annette und Jens Stübner im christlichen Glauben, der das Familienleben prägt. Achtung und Werte zu vermitteln, sei ihnen wichtig, sagt Annette, und die Kinder müssten auch Grenzen kennen lernen. „Wir wünschen uns, dass sie sich später so viel wie möglich mitnehmen von dem, was uns wichtig ist.“ Und das auch in einer Gesellschaft, „die immer weniger kinderfreundlich ist“.