Von Ulrike Keller
Weinböhla/Meißen. Am Tag nach dem Kreistagsbeschluss, das Waldhotel künftig als Asylheim zu nutzen, spricht Weinböhlas Bürgermeister Siegfried Zenker (CDU) mit hörbar gedämpfter Stimme. „Ich bedaure die Entscheidung zutiefst“, sagt er. „Vor allem vor dem Hintergrund, dass ein klarer gemeindlicher Eigenbedarf besteht.“
Zenker verfolgt das Ziel, im Waldhotel ein Betreutes Wohnen einzurichten. Das werde vor Ort dringend gebraucht, argumentiert er. Mangels einer solchen Wohnform in der Gemeinde seien etliche Bürger bereits weggezogen. Darum hält er auch weiterhin an seinen Plänen fest. Er kündigt an, noch einmal Kontakt zum Hoteleigentümer aufzunehmen. „Ich werde bis zur letzten Sekunde alles versuchen“, sagt er ruhig, während permanent sein Handy klingelt. „Solange es noch keinen Vertrag gibt, ist alles möglich.“
Der Waldhotel-Besitzer selbst hatte dem Landratsamt sein Haus als mögliche Asylunterkunft offeriert. Im Kreistag erklärte sein Sohn Golo Stiegert, dass der Vater das Objekt nach der Wende gebaut habe und es nie richtig gelaufen sei. Er bat die Abgeordneten bitte zu bedenken, dass der Kreis bei Ablehnung des Angebots in wenigen Monaten aus einer Zwangsversteigerung einen anderen Ansprechpartner haben könnte.
Änderungsantrag der CDU-Fraktion
Landrat Arndt Steinbach (CDU) führte einen größeren Zusammenhang ins Feld. Wenn der Kreis das Objekt nicht anmiete, sei recht sicher, dass es der Freistaat tut. Dieser würde eine Erstaufnahme in Weinböhla einrichten. Zusätzlich hätte die Gemeinde dann noch das Kontingent des Kreises zu erfüllen. Angesichts der bis Ende nächsten Jahres erwarteten 6 000 Flüchtlinge sind in Weinböhla weitere 139 unterzubringen. Aktuell leben 110 hier.
Weinböhlas Bürgermeister Zenker hatte sehr auf einen Änderungsantrag der CDU-Fraktion gehofft. Dieser sah vor, die Unterbringung von Asylbewerbern im Waldhotel bis zum 30. November auszusetzen. Bis dahin wollte die Gemeinde einen Alternativstandort vorschlagen, den sie dem Landkreis bereits im Vorfeld des Kreistages genannt hatte. Es handelt sich um die erweiterte Nutzung der bestehenden Flüchtlingsunterkunft auf dem Querweg 13. Auf dem Gelände stehen alte Bungalows, in denen 40 Personen unterkommen könnten. Für die übrigen Plätze schlug Siegfried Zenker auf der 15 000-Quadratmeter-Fläche Containerlösungen vor. Großer Vorteil in seinen Augen: Mit dieser Variante käme der Kreis deutlich günstiger als die Anmietung des Waldhotels.
Dünne Mehrheit
Doch der CDU-Änderungsantrag wurde mit einer Stimme Mehrheit abgelehnt. Von seiner Partei im Stich gelassen, fühlt sich Siegfried Zenker nicht. „Ich bin niemand, der Fraktionszwang fordert“, sagt er. „Jeder ist seinem eigenen Gewissen verpflichtet.“
Die FDP Coswig-Weinböhla nannte die Entscheidung absolut bedauerlich, aber alternativlos. „Mit der Ankündigung des Hotelbetreibers, bei Ablehnung das Waldhotel dem Freistaat Sachsen anzubieten, hätte dieses letztendlich wohl noch einmal eine Verdopplung der Flüchtlingszahlen für Weinböhla bedeutet“, hieß es. Zudem gehe man davon aus, auf diesem Wege die zum Waldhotel gehörenden Sport- und Freizeitanlagen erhalten zu können. Auch scheint die Gemeinde, perspektivisch keinesfalls ohne Betreutes Wohnen auskommen zu müssen. Nach Informationen der SZ hat ein großer freier Träger zurzeit ein solches Wohnprojekt für Weinböhla in Arbeit.
Hier sollen weitere Asylbewerber unterkommen
Riesa. Das Hotel Saxonia im Zentrum böte 84 Menschen eine Unterkunft – für mindestens 103 000 Euro jährlich.
Lommatzsch zählt mit Klipphausen und Moritzburg zu den drei Orten, für die Containerdörfer mit je 100 Bewohnern vorgesehen sind. Die Kosten dafür würden insgesamt bei rund 1,1 Millionen Euro liegen. Während in Lommatzsch und Klipphausen bereits Flächen für die Container gefunden sind, dauern die Verhandlungen mit Moritzburg über den Stellort noch an.
Volkersdorf liegt zwar etwas abseits der großen Städte, wird aber interessant durch das frühere Kinderkurheim für Tschernobyl-Opfer. Das ehemalige Ferienlager würde Raum für rund 150 Asylsuchende bieten. Geschätzte Kosten pro Jahr: 365 000 Euro.
Neusörnewitz kommt in den Fokus durch das Hochhaus des früheren Keramikwerks. Es könnte 250 Ausländer aufnehmen – für jährlich 306 000 Euro.
Quelle: Landratsamt