Weite Wege zum Kinderarzt

Sonnabende sind schlecht. Sonntage auch und von den Feiertagen ganz zu schweigen. Wenn das Fieberthermometer die 40 Grad überschritten hat und der Husten immer bellender wird, wissen besorgte Eltern, jetzt ist wirklich Gefahr im Verzug. Mehr noch!
Das Warten auf die reguläre Sprechstunde des Kinderarztes am Montag könnte zur Geduldsprobe werden. Eine, der sich Mütter und Väter im Landkreis Meißen bisher so nicht untätig ausliefern mussten.
Jeweils in den Regionen Radebeul, Meißen, Riesa und Großenhain werden im Zeitraum von Freitagnachmittag bis Sonntagabend Bereitschaftsdienste der jeweils ortsansässigen Kinderärzte angeboten – und sie werden genutzt.
Rund 30 Patienten behandelt etwa die Großenhainer Kinderärztin Dr. Janine Siebert an einem gewöhnlichen Sonnabend, wenn sie Bereitschaftsdienst hat. Im Winter und zu Infektzeiten könnte es nach eigenem Bekunden durchaus auch mal das Doppelte sein.
Kein Wunder auch: Weil an Wochenenden eben keine Praxis reguläre Sprechzeiten anbietet, kämen die Patienten aus einem größeren Umfeld zum kinderärztlichen Bereitschaftsdienst.
Ein System, welches aufgrund der ordentlichen Absprache – im betreffenden Fall mit den Kollegen aus Riesa, Gröditz und Großenhain selbst – gut funktioniere. Und dennoch soll jetzt daran gerüttelt werden. Wie die Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), Katharina Bachmann Bux bestätigt, sei geplant, noch in diesem Jahr eine kinderärztliche Bereitschaftspraxis direkt im Elblandklinikum Meißen einzurichten.
Ab 1. Oktober würden dann alle Kinderärzte des Kreises ihren Bereitschaftsdienst in dieser Praxis durchführen. „Die Eltern erhalten damit einen zentralen und permanenten Anlaufpunkt in der Klinik. Sie müssen also nicht immer wieder aufs Neue in Erfahrung bringen, welche Praxis aktuell Bereitschaftsdienst hat.“
Etwas, das bisher allerdings völlig unproblematisch sei, weiß die Riesaer Kinderärztin Dr. Kathleen Kunze. „Welche Praxis Dienst hat, steht doch in der Zeitung und wird auch auf unserem Anrufbeantworter angesagt.“ Seit vergangenem Jahr kooperiere man mit dem Bereich Großenhain.
Seitdem habe man vereinzelt auch Patienten aus Thiendorf und Radeburg, das Gros käme aber aus Riesa selbst, Gröditz, der Röderaue, auch aus dem Oschatzer Raum. Die müssten dann alle nach Meißen fahren. „Weil das Einzugsgebiet viel größer wird und bis Nossen und Radebeul reicht, rechnen wir mit deutlich mehr Patienten im Bereitschaftsdienst“, sagt Kathleen Kunze.
Die Zahlen könnten sich durchaus verdoppeln. Das Personal auch? „Vermutlich nicht. Es wird wohl nur ein Kollege vor Ort sein“, vermutet die Ärztin. Allerdings werde man angesichts der Belastung wohl nicht mehr das ganze Wochenende Dienst haben, sondern die Dienste teilen.
Ein zusätzlicher Nutzen wäre laut KV die Anbindung der Praxis an das Krankenhaus. Bei einer gegebenenfalls notwendigen Einweisung oder weitergehenden Untersuchung sei der Patient schließlich bereits vor Ort, argumentiert Katharina Bachmann Bux.
In solchen Fällen könne diesen schneller und besser geholfen werden. Inwieweit sich die Eltern der Mädchen und Jungen damit anfreunden – sie müssen aus allen Teilen des Kreises dann nach Meißen fahren – bleibt abzuwarten.
Bei den Elblandkliniken selbst verweist man auf Nachfrage der SZ darauf, dass der Bereitschaftsdienst der Kinderärzte im Zuständigkeitsbereich der Kassenärztlichen Vereinigung liegt. Und diese gibt als Grund für die Umstellung wiederum die Vorgabe des Gesetzgebers an: Demnach seien in oder an Krankenhäusern Notdienstpraxen, also Bereitschaftspraxen, einzurichten.
Diese Forderung setze man nun um. Die Erfahrungen an anderen sächsischen Standorten würden zeigen, dass diese Praxen von den Patienten sehr positiv und als Bereicherung der medizinischen Versorgung angenommen werden.
„Wir gehen davon aus, dass das auch für die Familien in dieser Region der Fall sein wird.“ Nun, Betroffene aus dem ländlichen Raum, die einen weiteren Weg nach Meißen zurücklegen müssen, dürften wohl weniger begeistert sein.