SZ +
Merken

Wende bringt Wechsel von Rockstoff zu Gardine

Löbau. Die Geschichte des Einrichtungshauses Jähne am Neumarkt reicht bis 1903 zurück – und hat seine Wurzeln in Lauba.

Teilen
Folgen

Von Anja Beutler

Anders als für viele Löbauer Geschäfte bescherte die politische Wende Ursula Muthmann keinen endlosen Kundenstrom. Im Gegenteil: Während in Spielzeug- oder Elektrofachgeschäften die Menschen nach westlichen Waren Ausschau hielten, blieben sie auf dem Löbauer Neumarkt im Stoff-Geschäft Jähne zunehmend aus.

Der Grund war einfach: Stoff zum Nähen von Kleidern war plötzlich nicht mehr gefragt, weil es von der Bluse bis zum Anzug alles zu kaufen gab. „Wir haben damals nicht gedacht, dass die Leute so schnell mit dem Nähen aufhören“, erinnert sich Inhaberin Ursula Muthmann. Ein schnelles Umsteuern im Sortiment war deshalb für das traditionsreiche Geschäft, das einst ihre Urgroßmutter begründete, überlebenswichtig.

Sortiment komplett umgestellt

Mittlerweile hat sich Ursula Muthmann auf alles rund ums Wohnen eingestellt: Von Teppichboden über Laminat über Bett- und Tischwäsche bis zu Handtüchern und Gardinen bietet das Geschäft inzwischen alles an. „Wir haben aber unser altes Sortiment nicht abgeschafft“, sagt die Urenkelin der Unternehmensgründerin und zeigt auf die obere Etage, wo sich noch immer Stoffballen stapeln, Knöpfe und Schnittmusterbögen finden.

Bis ins Jahr 1903 reichen die Wurzeln des Familienunternehmens zurück, auf 1906 datiert die erste Gewerbegenehmigung für Auguste Jähne in Lauba. Das „A. Jähne“ über dem Laden in den Haus steht noch heute für die tüchtige Frau, die mit Stoffresten aus den umliegenden Textilfabriken in der Kiepe durch die Dörfer zog. 1924 kam sie dann nach Löbau, vier Jahre später wurde der Laden im Haus am Neumarkt eröffnet: „Weil die Wohnung unten zum Laden ausgebaut wurde, mussten meine Urgroßeltern damals als Ausgleich noch ein Stockwerk aufbauen“, erzählt Ursula Muthmann.

Selbstständigkeit erhalten

Bis 1990 blieben Stoffe das Handelsgut des Geschäftes: Richard und Marie Jähne übernahmen als nächste Generation, dann folgten die Eltern von Ursula Muthmann, Werner und Dore Jähne. In der DDR-Zeit blieb das Familienunternehmen immer selbstständig, wenn auch ab 1960 mit dem Kompromiss, eine KG mit staatlicher Beteiligung zu sein.

„Ich bin praktisch mit dem Geschäft aufgewachsen“, sagt Ursula Muthmann. In der Wohnung über dem Geschäft lebte sie mit Bruder und Eltern, den Puppenwagen stellte sie oft vor der Tür hier ab, erinnert sich die 49-Jährige schmunzelnd. Bei aller Nähe zum Familiengeschäft wollte sie selbst den Laden nicht führen: „Mein Traumberuf ist Krippenerzieherin.“ Drei Jahre hat sie nach der Ausbildung mit den Kindern gearbeitet, dann – 1980 – stand die Entscheidung für oder gegen den Laden an.

Inzwischen steht sie selbst 27 Jahre im Geschäft, sechs Mitarbeiter gibt es – von der Näherin bis zum Mitarbeiter, der die Bodenbeläge verlegt. Ihre Strategie hat Muthmann längst gefunden: Qualität und Service von der Stoffbahn bis zur fertig aufgehängten Gardine ist wichtig, weiß sie. Billig-Konkurrenz aus dem Supermarkt ist so nicht das große Problem.