Von Dominique Bielmeier und Thomas Drendel
Die Zahlen sind erschreckend: In Deutschland stecken sich jährlich 500 000 Menschen mit resistenten Keimen an. Davon sterben nach Angaben der Regierung rund 15 000. Laut einer Analyse der Forscherin Elisabeth Meyer könnte diese Zahl drastisch steigen. Ihren Berechnungen zufolge nehmen die Sterbefälle bis 2050 von 23 000 auf 400 000 zu. Auch in Kliniken der Region werden solche Krankheitsfälle registriert.
Was sind eigentlich „Krankenhauskeime“?
Das sind multiresistente Bakterien, bei denen die gängigen Antibiotika nicht mehr wirken. Zu ihnen gehören auch die MRSA mit dem lateinischen Namen Staphylococcus aureus, die auf das Antibiotikum Methicillin nicht mehr ausreichend ansprechen. Staphylokokken sind als Teil der normalen Bakterienflora auch bei gesunden Menschen auf der Haut zu finden, erklärt Prof. Dr. Jörg Schubert, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin II in Riesa. Gefährlich werde es, wenn die Bakterien in tieferes Gewebe eindringen: Dort könne der Keim schwere Wundinfektionen oder Furunkel verursachen. Wenn Antibiotika nicht mehr wirken, erschwere das die Therapie. Gesunde Menschen würden in der Regel jedoch nicht an Bakterien der eigenen Körperflora erkranken. „Allerdings könnte das Risiko bestehen, dass die Bakterien beispielsweise durch Wunden oder invasive Maßnahmen Zugang in tiefere Gewebeschichten bekommen und dort Infektionen verursachen.“
Woher kommen
die MRSA-Keime?
„Als Keimquellen werden oft nur Krankenhäuser und Pflegeheime angegeben“, sagt Dr. Schubert von den Elblandkliniken. „Dabei muss man zur Kenntnis nehmen, dass der Ursprung dieser wie vieler anderer resistenter Problemkeime ebenso in der Massentierhaltung liegt.“ Dort würden Antibiotika in großen Mengen oft prophylaktisch verabreicht. Somit finden sich diese Problemkeime bereits im Frischfleisch. Eine Untersuchung der Grünen-Fraktion im Landtag Nordrhein-Westfalen habe 2014 diese „sehr unappetitliche Wahrheit“ erneut bestätigt. Getestete Frischfleischpackungen hätten damals zu einem großen Teil Problemkeime enthalten, darunter MRSA. Der Mediziner betont: „Somit ist der Ursprung dieser Keime nicht allein im Krankenhaus oder in Pflegeheimen zu suchen. Man kann sie schon durch die Berührung von Frischfleisch erwerben.“
Wie hoch ist das Erkrankungsrisiko im Landkreis Meißen?
Die Gefahr zu erkranken besteht auch bei uns -– allerdings ist das Risiko geringer als in anderen Regionen Deutschlands. Das zeigen Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) für den Kreis. Zusammengetragen wurden sie von der „Zeit“. Demnach sind im Jahr 2013 genau 426 Menschen an MRSA-Keimen erkrankt. Das entspricht jeweils sieben von 1 000 Patienten. Zum Vergleich: Auch im Erzgebirgskreis und der Stadt Chemnitz waren es so viele. In Leipzig, Görlitz und Bautzen kamen sechs Erkrankte auf 1 000 Patienten. Der Vogtlandkreis führt sachsenweit mit zehn Fällen. Deutscher „Spitzenreiter“ sind die Kreise Holzminden und Goslar mit 22 je 1 000.
Bedenkliche Entwicklung: Die MRSA-Zahlen nehmen zu, zwischen 2010 und 2013 um 19 Prozent im Kreis Meißen. Verglichen mit Dresden oder dem Kreis Görlitz (beide plus 61 Prozent) sowie Bautzen (plus 39 Prozent) ist das fast noch wenig.
Wer ist besonders
gefährdet?
Laut Dr. Schubert gelten Menschen mit häufigen oder längeren Aufenthalten in Pflegeheimen oder Krankenhäusern, die über einen langen Zeitraum Antibiotika eingenommen haben oder immungeschwächt sind, als besonders gefährdet.
Was tun die Elblandkliniken, um ihre Patienten vor Infektionen zu schützen?
In den Kliniken gilt ein Hygieneplan. Darüber hinaus sei ein MRSA-Management etabliert worden. Bestimmte Patientengruppen würden einem besonderen MRSA-Screening unterzogen.
Wie kann sich jeder privat vor den gefährlichen Keimen schützen?
Die Übertragung kann am Geldautomaten passieren oder im Bus. Eine erhöhte Gefahr besteht dort, wo viele Antibiotika eingesetzt werden und sich deshalb resistente Keime bilden – wie in der Tiermast. Das RKI empfiehlt, bei der Zubereitung von rohem Fleisch Einweg-Handschuhe zu tragen, da MRSA-Keime durch kleine Wunden eindringen können. Im häuslichen Umfeld seien die Regeln der persönlichen Hygiene ausreichend, so Dr. Schubert.