Von Monika DänhardtundAndreas Rentsch
Sonnabend gegen 19 Uhr, das Thermometer zeigt immer noch über dreißig Grad Celsius. „Da braucht man wirklich nicht in den Süden zu fahren“, sagt André Peters und sucht sich beim „Fest der Kulturen“ mit Frau und Kind ein schattiges Plätzchen. „Außerdem ist hier Leben wie auf Spaniens Märkten.“ Na ja, im Moment mehr wie im Fernen Osten, denn auf der Bühne beweisen kleine Tänzer aus Tai Yuan und Shen Zhen in farbenprächtigen Kostümen ihr Talent für Rhythmus und Tempo.
Leben fast wie im Süden
Doch im Prinzip hat André Peters Recht. Das quirlige Leben im Zentrum der Stadt an diesem letzten Stadtfestwochenende trägt südländisches Flair. Auch, wenn manchem Stadtfestbesucher die Leichtigkeit noch fehlt. Da wird gedrängelt und geschoben ohne Rücksicht auf unbeschuhte Zehen. Dabei gibt’s von allem doch genug: Essen und Trinken sowieso, aber auch Unterhaltung für die unterschiedlichsten Geschmäcker. Allein das „Fest der Kulturen“ bietet Begegnungen auf vielfältige Art mit zahlreichen Ländern. Schade nur, dass die Veranstalter es wohl den Gruppen selbst überließen, ob und wie sie sich ankündigten. Wer nicht länger verweilt, erfährt nur schwer, welche Gruppe gerade ihren Auftritt bestreitet.
Über den Mittelaltermarkt, der mit den üblichen Verdächtigen aufwartete – gerade hier hätte man sich einen Jubiläumsbezug gewünscht – gelangen die Menschen zur Augustusbrücke und seinen „Brückenspielen“. Vor allem die Künstler des am Freitag zu Ende gegangenen Schaubudensommers gestalten hier das Programm. Ein paar Musikanten, ein Maler, ein Trommler in einer aus Holz geflochtenen Kugel und aller halben Stunden ein kleines Spiel einer Theatertruppe – für ein echtes Straßentheaterfest ist dies zu wenig. „Natürlich hätten wir gern noch mehr Truppen dabei gehabt, doch dazu fehlt uns das Geld“, sagt Brückenfest-Mitorganisator Helmut Raeder, der als künstlerischer Leiter des Schaubudensommers immer wieder beweist, dass er wunderbare Spektakel auf die Beine stellen kann. Beim Brückenfest sind die Leute sofort in den Bann gezogen, wenn etwas zu erleben ist. Beispielsweise wenn die Mimen der Schweizer Companie Buffpapier & Pumpcliks ihre kuriose Geschichte von der Hochzeit mit einem Biest erzählen und dabei verschiedenste Genre durch den Kakao ziehen. Und auch bei den wild-musikalischen Kämpfen mit Farbtonnen der Vertreter der Schauspielschule Ernst Busch und dem Feuerspiel der „Irrwische“ aus Österreich wünschte sich mancher Zuschauer, dass es irgendwann vielleicht doch ein echtes Straßentheaterfest auf Dresdens ältester Brücke geben könnte. „Wir gastieren viel in Italien und Spanien“, sagt Martin Kasper von Buffpapier. „Natürlich ist dort einiges mehr los – schon durch die Tradition. Doch die Atmosphäre auf der Brücke gefällt mir. Das Publikum geht herrlich mit.“
Wie eine Unterwasserwelt
Am Königsufer entfaltet sich kurz nach halb elf eine geradezu feierliche Stimmung. Synthesizer-Klängen begleiten drei Fische, die durch die Luft heranschweben. Diktiert von den Lichtkegeln der Scheinwerfer beginnt die Inszenierung der Plasticiens Volants, ein märchenhaftes Spiel um einen Fischer und dessen Kampf mit den Naturgewalten. Der riesige Mond und die Fabelwesen bestehen aus Heliumballons. „Eine verkehrte Welt“, sagt eine ältere Frau fasziniert. In der Tat: Dem Betrachter erscheint es, als richte er seinen Blick vom Meeresboden nach oben. Ihr Mann hält das perfekt choreografierte Auf und Ab der Figuren mit der Videokamera fest. Beinahe ergreifend gerät das Finale: Ein Schwarm glänzender Fische steigt gen Himmel. Genau 800 sollen es sein. Wer unverdrossen nach oben schaut, erhält sich für einige Sekunden die Illusion einer Unterwasserwelt.