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Wenn der Verkehrsminister aufs Fahrrad steigt

Bei einem Besuch in Dresden erklärt Andreas Scheuer, warum das Zweirad als Verkehrsmittel in Zukunft immer wichtiger wird.

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Auf dem Weg vom Fahrradkongress auf dem Messegelände in Dresden zum Bahnhof Neustadt posiert Verkehrsminister Andreas Scheuer mit seinem Fahrrad auf der Marienbrücke – vorbildlich geschützt durch einen Fahrradhelm.
Auf dem Weg vom Fahrradkongress auf dem Messegelände in Dresden zum Bahnhof Neustadt posiert Verkehrsminister Andreas Scheuer mit seinem Fahrrad auf der Marienbrücke – vorbildlich geschützt durch einen Fahrradhelm. © dpa/Robert Michael

Herr Scheuer, Sie sind am Montag nach der Eröffnung des Fahrradkongresses in Dresden mit Rad und Bahn zum nächsten Termin gefahren. Weil das schöne Bilder gibt – oder weil Sie bewusst auch andere Verkehrsmittel als das Auto nutzen?

Ich teste selbst sehr gern alle Möglichkeiten. Das macht ja auch Spaß. Wenn ich in Berlin privat unterwegs bin, etwa zum Einkaufen, nehme ich mir ein Leih-Fahrrad, das irgendwo an der Straßenkreuzung steht. Zum Kongress bin ich übrigens mit dem Zug und einem Leihfahrrad gekommen. Nach Bautzen bin ich später auch mit dem Rad und der Bahn weitergefahren. Für die Bahnfahrt hat allerdings Ministerpräsident Michael Kretschmer intensiv geworben, damit wir uns unterwegs die Schienenstrecken ansehen. Und vor allem, dass wir das Bombardierwerk besuchen. Es steckt viel politische Kraft dahinter, dass der Standort erhalten geblieben ist.

Ein Panel des von Ihrem Ministerium veranstalteten Kongresses heißt: „Dieselkrise als Chance für die urbane Verkehrswende.“ Steckt darin die politische Botschaft: Weg vom Auto, hin zum Fahrrad?

Einige haben, wenn es um Mobilität geht, einen Politikstil, der heißt: Verteuern, verteufeln, verbieten. Wir stehen für ermöglichen, erfinden – und auch begeistern. Klar ist: Wir brauchen das Auto in jeder Antriebsart als Mobilitätsvariante. Aber jeder, der umsteigt auf die Schiene, auf den ÖPNV, aufs Fahrrad, ist einer, der nicht individuell mit dem Auto unterwegs ist. Wir brauchen die ganze Bandbreite. Davon profitieren alle Verkehrsteilnehmer. Die urbane Mobilität verändert sich gerade ganz rasant. Deshalb habe ich im Ministerium eine eigene Stabsstelle eingerichtet, die nur dieses Thema in den Fokus nimmt. Gute Mobilität und saubere Luft sind kein Widerspruch.

Also nicht Fahrrad statt Auto, sondern Fahrrad und Auto – und andere Verkehrsträger?

Genau. Meine Vorstellung von moderner Mobilität ist, dass Sie morgens beim Frühstück einen Blick auf Ihr Handy werfen und gleich die Mobilitätsvariante angezeigt bekommen, die am kostengünstigsten, schnellsten und praktischsten ist. Das muss nicht das Auto sein. Ich stelle mir vielmehr einen Mix vor. Zum Beispiel: Okay, mit meinem Fahrrad kann ich zur nächsten Haltestelle fahren, fahre mit Bus oder Bahn weiter und am Ziel kann ich mir dann ein Leihfahrrad nehmen oder auch mit einem E-Scooter die letzten 400 Meter zur Arbeitsstelle fahren. Diese hochspannenden Mobilitätsvarianten werden sich natürlich als Erstes in den städtischen Regionen realisieren lassen.

Sie haben angekündigt, den Radverkehr attraktiver und nutzerfreundlicher machen zu wollen.

Wir sind ständig im Gespräch, auch mit Radverkehrsverbänden wie dem ADFC. Der erste Schritt, den die Politik tun kann, ist, das Radfahren von der Infrastruktur her zu unterstützten. Der Bund baut ja keine Fahrradwege in der Dresdner Altstadt. Aber wir haben genug Fördermöglichkeiten: Wir haben allein 98 Millionen Euro für die Radwege an den Bundesfernstraßen, wir haben 25 Millionen Euro im Haushalt allein für Radschnellwege, also eine Art Fahrradautobahn. Wir haben erstmals Mittel für innovative Modellprojekte und für Vieles mehr – in Summe sind das rund 200 Millionen Euro allein in diesem Jahr. Wir liegen also schon auf einem hohen Niveau, was die Förderung des Radverkehrs anbetrifft. Jetzt müssen wir das auch spürbar machen.

Der ADFC hat einen „Gute-Straßen-für-alle“-Gesetzesvorschlag vorgelegt. Ein Kernpunkt: Mehr Platz für den Radverkehr im Straßenraum. Was sagen Sie dazu?

Mein Staatssekretär hat vor einiger Zeit den ADFC eingeladen, genau so etwas zu entwickeln. Wir haben ein Ministerium der offenen Tür, wo die Experten der Verbände uns Zurufe machen können. Für unseren neuen nationalen Radverkehrsplan habe ich erstmals alle Bürger aufgerufen, sich einzubringen. Wir brauchen außerdem bei der Verkehrsplanung vor Ort einen anderen Blick drauf, welche Verkehrsteilnehmer wie viel Platz bekommen. Dabei müssen wir auch neue Mobilitätsformen im Blick haben.

Der ADFC fordert einen verpflichtenden Rad-Überholabstand von 1,50 Metern...

Wir stehen bei begrenztem Verkehrsraum immer in einer Art Wettstreit, wer wie viel davon bekommt. Ich bin für ein konstruktives Miteinander – und dort, wo es um Erleichterungen und mehr Schutz für Radfahrer geht, geht es nicht um die Frage des Ob, sondern um die Frage des besten Wie.

Das Gespräch führte Lars Radau.