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Wenn die alte Digitaluhr das geahnt hätte

Die Gerüchte um eine Apple-Uhr verdichten sich. Der Computer am Handgelenk soll noch in diesem Jahr auf den Markt kommen. Apple hüllt sich wie immer in Schweigen.

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Von Jens Schmitz

Insidern zufolge bastelt der Technikanbieter Apple an einer Uhr, die reichlich mehr kann, als die Zeit zeigen. Während Konkurrent Google mit Brillen experimentiert, um tragbare Alleskönner zum Dauerbegleiter zu machen, wollen die Designgurus aus Kalifornien die Hemmschwelle niedriger setzen. Nach iPad und iPhone könnte eine „iWatch“ künftig Navigationsdienste, Internetzugang und andere Smartphone-Funktionen dort verfügbar machen, wo viele Menschen jetzt schon hinschauen, wenn sie die Zeit erfahren wollen. Das Gerät könnte noch 2013 auf den Markt kommen; es soll dabei helfen, das verlangsamte Wachstum bei anderen Apple-Produkten auszugleichen.

Von einer iWatch wird schon seit mehreren Jahren geraunt, jetzt werden die Hinweise konkret: Die Nachrichtenagentur Bloomberg meldete, bei dem Konzern seien 100 Mitarbeiter an der Entwicklung eines armbandähnlichen Gerätes beschäftigt, das nach Möglichkeit noch dieses Jahr auf den Markt kommen solle. Apple habe mindestens 79 Patente mit dem Wort „Wrist“ (Handgelenk) angemeldet, darunter auch eines für ein Gerät mit biegbarem Bildschirm, das mit Bewegungsenergie betrieben werden kann. Andere Medien berichten über Solarzellen, die die Vorhaltezeit kleiner Akkus verlängern sollen.

In der Fachwelt sorgt vor allem die Form für Interesse, die die Entwicklung haben könnte: Das Blog „Apple Insider“ entdeckte in Apples Patentanträgen eine Zeichnung, der zufolge der Bildschirm die gesamte Fläche des Armbands einnehmen könnte – das Gerät wäre kein aufgeschnallter Kasten mehr, sondern ein dünner Streifen. Ein Techniker der Firma Corning, die das Displayglas für Apples iPhones herstellt, bestätigte der „New York Times“, das sein Unternehmen ein dünnes Glas entwickelt habe, dass um den Arm gebogen werden kann.

Chinesische Internetseiten hatten früher schon aus der Fertigung berichtet, dass Apple an einem Armbandgerät mit Bluetooth und Display arbeite, dort war von einem 1,5 Zoll großen Bildschirm die Rede. „Bloomberg“ zufolge sagen Apple-Mitarbeiter inzwischen, die Entwicklung werde Telefonate ermöglichen und Funktionen wie einen Schrittzähler oder Blutdruckmessungen enthalten. Die Quellen sind wie meist in diesen Fällen anonym, Apple selbst will sich zu den Gerüchten nicht äußern.

iWonder, iWonder

Es gibt bereits eine ganze Reihe von Versuchen, das Smartphone zur Armbanduhr zu verkleinern. Die meisten sind klobig und müssen über Bluetooth mit einem tatsächlichen Handy verbunden werden. Wie der Datenzugriff bei Apple erfolgen soll, ist noch unklar; bei der Software kann die Firma auf ihr iOS-System zurückgreifen. Das Problem mit der Unförmigkeit könnte ein Rundum-Display elegant lösen. Das passt zur bisherigen Strategie: Ihre großen Erfolge hat die Firma selten von Grund auf erfunden. Das Erfolgsgeheimnis besteht darin, eine etablierte Idee aufzugreifen, um Design und Bedienung zu optimieren.

Spekulationen um den nächsten Coup sind so alt wie Apple selbst, Spötter bezeichnen die Marketingstrategie als „iWonder“ (Deutsch: „i-Wunder“ oder: „Ich frage mich“). Auch darauf, dass die Firma mit Konzepten für ein Auto spielt, das Fernsehen neu erfinden oder Informationen direkt auf die Netzhaut spielen will, gibt es Hinweise. Nichts davon klingt derzeit so konkret wie die Idee mit der Uhr. Mit gutem Grund: Uhren sind Designartikel in einer Branche mit hohen Margen – das passt zu Apples bisheriger Marktausrichtung. Zwar erwarten die Käufer hochwertiger Chronografen mehr Individualität von ihrem Accessoire als die Einheitsgestaltung bisheriger Apple-Produkte. Tatsächlich bietet aber auch das Möglichkeiten. Jetzt schon gibt es zu verschiedenen Anlässen verschiedene Uhren. Ein Unternehmen mit der Designkompetenz von Apple könnte bei bestimmten Käuferschichten so pro Kunde mehrere Geräte absetzen.