Wenn die Helferengel ausfliegen

Von Beate Erler
Als Theresia Höhne ihrem Helferengel den kleinen Einkaufszettel überreicht, sagt sie: „Auch wenn es diesmal etwas mehr ist, hoffe ich, dass Sie mir alles bringen können.“ Dabei ist die Liste gar nicht lang: sechs Eier, vier Kiwis, gekochter Schinken, Möhrenbrötchen und noch etwas zum Schlemmen: Eis und Obstkuchen, hat die 73-jährige Radebeulerin fein säuberlich notiert. Ihr Helferengel ist heute Manja Böhme, die seit Mitte März ehrenamtlich bei der Initiative für Senioren mithilft.
Mehr aus Langeweile ist Theresia Höhne auf das Angebot während der Corona-Krise gestoßen. Der Maler kam zu spät und so hat sie, auf ihn wartend, ihre Zeitung sehr gründlich studiert. „Ich habe mich erst nicht getraut“, sagt sie. Der Zeitungsartikel lag dann eine Woche auf ihrem Tisch, bevor sie schließlich zum Hörer griff: „Es war alles so fremd, denn bisher konnte ich immer selber einkaufen gehen und plötzlich war das Virus da“, sagt Theresia Höhne.
Schon nach zwei Stunden waren die Einkäufe da
Bereits zum vierten Mal nutzt sie heute den Helferengel-Einkaufsservice. Nach dem ersten Anruf war sie positiv überrascht, weil die Frau am anderen Ende sehr freundlich und schon zwei Stunden später alles bei ihr war. Die Idee zur Initiative hatte Iven Kunellis, der in Altkötzschenbroda lebt. Seine Großeltern zählen zur Risikogruppe und sollten vor allem in der Zeit vor den Lockerungen der strengen Maßnahmen ihre Wohnung nicht verlassen. Er und seine Familie erledigten dann die Einkäufe: „Da dachte ich, dass sicher auch viele andere ältere Menschen diese Hilfe brauchen“, sagt der 20-Jährige.
Also postet er sein Anliegen bei Facebook und erhält sofort zahlreiche Anfragen. Die kommen aber nicht von den älteren Menschen, denen er helfen möchte, sondern von Menschen, die selber helfen wollen. Zusammen erstellen und drucken sie ganze 2.000 Flyer und verteilen sie in Briefkästen und Supermärkten in der Umgebung. Mittlerweile sind es 15 Helferengel an der Zahl. Sie kommen aus Radebeul, Coswig und Moritzburg. Sie wollen den älteren Menschen, die auch jetzt noch besser zu Hause bleiben sollen, mit Einkäufen, Apotheken- oder Paketgängen unter die Arme greifen.
Einkauf für manche jetzt schwierig
So wie Manja Böhme aus Radebeul-West, die ein bis zweimal pro Woche als Helferengel unterwegs ist. Immer montags versorgt sie einen blinden Mann mit Einkäufen und macht sonst, was sie neben ihrer Arbeit als Mitarbeiterin im Einkauf und der Kindererziehung noch schafft: „Ich freue mich, wenn ich den älteren Menschen etwas Gutes tun kann und sie sind dafür auch sehr dankbar“, sagt die 35-Jährige.
Theresia Böhme zum Beispiel lebt allein am Krapenbergweg und ziemlich weit vom nächsten Supermarkt entfernt. Für sie ist es jetzt noch schwieriger, ihre Einkäufe zu erledigen: „Ich bin sehr klein und habe oft Schwierigkeiten, an die Regale heranzukommen“, sagt sie. Nun sind die Regale manchmal leer, sie darf nur mit Mundschutz in den Supermarkt und das macht alles noch komplizierter für sie. Auch deshalb ist sie froh, dass Manja Böhme heute für sie die Besorgungen in Radebeul-West übernimmt. Ganz allein ist Theresia Böhme aber nicht. Auch im Haus gibt es zwei Familien, die sich jetzt um sie kümmern.
Wer Hilfe braucht, kann sich melden
Wer Unterstützung und Hilfe braucht, kann sich bei den Helferengeln unter Telefon 0351 85090260 melden und sein Anliegen durchgeben. „Zurzeit kommen nicht mehr so viele Anfragen wie noch vor den Lockerungen“, sagt Manja Böhme. Die Helferengel sind aber weiterhin da, vor allem, falls die Maßnahmen doch noch einmal verschärft und wieder mehr Menschen auf die Unterstützung angewiesen sein sollten.
Bevor Manja Böhme sich auf den Weg in den Supermarkt macht, hält Theresia Höhne kurz inne: „Ich hoffe, dass die Aktion danach dann nicht vorbei ist“, sagt sie. Sie hätten in der Initiative schon darüber gesprochen, dass die Helferengel auch nach der Corona-Krise weitermachen könnten“, antwortet Manja Böhme. Denn ältere Menschen brauchen auch sonst öfter mal einen hilfsbereiten Engel.