Von Eric Mittmann
Ein kleines, aber dennoch bedeutsames Organ: die Schilddrüse. Trotz Sonnenschein und wohlig-warmen Temperaturen fanden sich am Mittwochabend zahlreiche interessierte Gäste im Vortragsraum der Helios Klinik in Leisnig ein, um mehr über den Aufbau und Funktionen sowie über mögliche Erkrankungen zu erfahren.
Unter dem Titel „Wenn der Hormonhaushalt Achterbahn fährt – Erkrankungen der Schilddrüse“ präsentierten dazu die Oberärzte Roland Bock und Ute Richter-Markoff sowohl die internistische als auch die chirurgische Perspektive. „Die Schilddrüse ist ein recht kleines Organ unterhalb des Kehlkopfes, das nicht mehr als 25 Gramm wiegt. Es hat eine schmetterlingsähnliche Form und ist verantwortlich für die Produktion, Speicherung und Freisetzung der Hormone Trijodthyronin und Tetrajodthyronin“, erklärte Oberarzt Roland Bock den Besuchern. Wie er weiter erläuterte, ist die Schilddrüse trotz ihrer geringen Größe enorm wichtig, „denn die beiden durch sie freigesetzten Hormone regulieren zahlreiche Körperfunktionen“. Sie sorgen unter anderem dafür, dass die Zellen ihren Umsatz steigern, der Energiestoffwechsel des Körpers angekurbelt wird oder die Wärmeregulierung ordentlich funktioniert. Auch die geistige und körperliche Entwicklung wird von ihr beeinflusst. „Die Schilddrüse ist so wichtig wie unser Herz. Gleichzeitig funktioniert sie jedoch am besten, wenn wir sie gar nicht bemerken“, so Bock.
Letztendlich liege darin jedoch auch die größte Herausforderung, wenn es zu einer Erkrankung komme. Denn während eine Unregelmäßigkeit der Hormonwerte bereits durch einen einfachen Bluttest festgestellt werden könne, ließen die Symptome einer Schilddrüsen-Fehlfunktion oftmals auf eine andere Ursache schließen. „Das liegt daran, dass Erkrankungen an der Schilddrüse eher unspezifische Merkmale aufweisen. Wer vermutet schon, dass die Ursache für eine Depression oder eine Herzrhythmusstörung in der Schilddrüse liegen kann. Wird beispielsweise ein Herzleiden durch eine Schilddrüsenfehlfunktion ausgelöst und dann mit Herztabletten behandelt, bekämpfe ich lediglich die Symptome, aber nicht den Auslöser. Das hilft dem Patienten natürlich wenig“, sagte der Oberarzt.
Die Vielfalt der Symptome bilde dabei ein weiteres Problem. Abhängig davon, ob es sich um eine Über- oder Unterfunktion handele, könnten diese von Nervosität, erhöhtem Herzschlag, Schlaflosigkeit, Hitzegefühl und Verdauungsproblemen bis hin zu Müdigkeit, Durchblutungsstörungen, Kälteempfindlichkeit und Muskelkrämpfen reichen. „Der Vorteil daran ist, dass sich eine Fehlfunktion trotz dieser mannigfaltigen Merkmale letztendlich relativ leicht durch einen Bluttest feststellen lässt. Sollten die Symptome auftreten, gibt es zudem einen Test- beziehungsweise Fragebogen, den man einfach im Internet finden kann. Sie müssen jedoch keineswegs erst die darauf stehenden Fragen beantworten, um zu ihrem Hausarzt zu gehen und ihr Blut testen zu lassen.“
Liege eine Fehlfunktion vor, so werde diese zunächst stets medikamentös behandelt. „Wichtig ist es dabei, den Körper zunächst wieder in seinen Normalzustand zu versetzen, denn egal ob Über- oder Unterfunktion: Der Körper sollte nie zu lang einer zu hohen Belastung ausgesetzt sein“, erklärt Bock.
Sollte diese Behandlung nicht erfolgreich sein, sei eine Operation oftmals unausweichlich und es werde zumindest ein Teil der Schilddrüse entfernt. „Dabei wird jedoch immer versucht, zumindest einen kleinen Rest zu erhalten, denn es ist immer besser, wenn der Körper selbst die Hormone produziert“, erklärte Oberärztin Richter-Markoff.
Doch nicht immer werde nach dem Misserfolg der Medikamente der OP-Saal vorbereitet. Auch die sogenannte Radiojodtherapie finde bei verschiedenen Schilddrüsen-Erkrankungen Anwendung und bilde vor allem aufgrund ihrer geringen Belastung sowie dem Nicht-Vorhandensein von Nebenwirkungen eine Alternative. „Gerade bei Leuten mit Herz- oder Lungenproblemen ist die Radiojodtherapie ratsam. Zudem kann sie auch bei der Nachbehandlung von Schilddrüsenkrebs angewandt werden“, so Oberärztin Ute Richter-Markoff.
Die Radiojodtherapie sei ein Verfahren der Nuklearmedizin, bei dem radioaktive Teilchen eingesetzt werden, um etwa sogenannte autonome Knoten innerhalb der Schilddrüse aufzulösen. „Der einzige Nachteil dieser Behandlung ist, dass die Schilddrüse letztendlich immer noch erhalten bleibt“, fügt die Oberärztin hinzu. „In diesem Sinne ist eine Operation etwas sorgfältiger und auch hier muss man sich über Komplikationen eigentlich keine Sorgen mehr machen. Die alten Methoden werden immerhin nicht mehr angewandt. Heute schneidet niemand mehr den kompletten Hals von links nach rechts auf, um die Schilddrüse zu entfernen.“
Bezüglich der Vorbeugung konnten beide Ärzte derweil keine besonderen Tipps geben. „Wichtig ist letztendlich nur, dass Sie ausreichend Jod zu sich nehmen. Das ist jedoch in fast allen Produkten enthalten und somit kein Problem mit einer normalen, ausgewogenen Ernährung“, erklärte Oberarzt Bock.
Und auch wenn nach einer Behandlung oder Operation noch immer Symptome auftreten, so sei dies zunächst nicht weiter beunruhigend. „Der Körper muss ja erst einmal wieder in seinen Normalzustand zurückfinden. So etwas kann schon einmal etwas dauern. Erst wenn der Prozess länger dauert, ist es ratsam, noch einmal den Arzt aufzusuchen“, sagte der Oberarzt.