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Wenn Krankenversicherung zu teuer wird

Viele Selbstständige können wegen Einnahmeausfällen ihre Beiträge nicht mehr zahlen. Beim SZ-Telefonforum erklärten Berater, was sie tun können.

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Bei den Verbraucherzentralen häufen sich Anrufe von Selbstständigen, die wegen der Coronakrise keine oder weniger Einnahmen haben und ihre Kassenbeiträge nicht mehr bezahlen können.
Bei den Verbraucherzentralen häufen sich Anrufe von Selbstständigen, die wegen der Coronakrise keine oder weniger Einnahmen haben und ihre Kassenbeiträge nicht mehr bezahlen können. © Angelika Warmuth/dpa

Eine Krankenversicherung ist in Corona-Zeiten wichtiger denn je. Doch etwa 80.000 Menschen in Deutschland leben immer noch ohne. Zwar gilt seit über zehn Jahren sowohl für die gesetzliche als auch für die private Krankenversicherung eine Versicherungspflicht. Doch der Versicherungsschutz wird nicht kontrolliert, und die Beiträge werden nicht immer automatisch eingezogen. Die meisten Selbstständigen und Freiberufler können sich privat oder freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichern. Sie sind für ihren Versicherungsschutz selbst verantwortlich. Wer sich nicht kümmert, hat keine Versicherung und schon bald einen Schuldenberg.

Bei den Verbraucherzentralen häufen sich seit einiger Zeit Anrufe von Selbstständigen, die wegen der Coronakrise keine oder weniger Einnahmen haben und ihre Kassenbeiträge nicht mehr bezahlen können. Und auch beim SZ-Telefonforum zur Krankenversicherung gab es viele Fragen dazu. Claus Beck von der AOK Plus, Kai Ermisch vom Verband der privaten Krankenversicherung und Petra Hauschulz von der Stiftung Warentest erklärten, was sie tun können.

Ich bin selbstständig tätig und gesetzlich versichert. Wegen fehlender Umsätze durch die Coronakrise kann ich meinen Kassenbeitrag von über 400 Euro kaum noch bezahlen. Kann ich den Beitrag senken?

Das ist möglich. Normalerweise müssten Sie dazu Unterlagen wie etwa eine betriebswirtschaftliche Auswertung oder eine Bescheinigung des Finanzamtes bei Ihrer Kasse vorlegen. In der Coronakrise reichen aber eine Schätzung Ihrer Einnahmen und eine Erklärung, dass die Verluste auf die Corona-Pandemie zurückzuführen sind. Die Beitragssenkung gilt dann ab dem Folgemonat und ist vorläufig. Mit dem nächsten Steuerbescheid wird der Beitrag dann endgültig festgesetzt.

Gibt es in der gesetzlichen Kasse einen Mindestbeitrag für Selbstständige?

Ja. Als Selbstständige sind Sie freiwillig versichert. Für die Freiwilligen hat der Gesetzgeber ein beitragspflichtiges Mindesteinkommen festgelegt. In diesem Jahr sind das 1.061,67 Euro monatlich. Der Betrag gilt auch dann, wenn Sie weniger verdienen. Einschließlich Zusatz- und Pflegebeitrag haben Sie dann knapp 200 Euro monatlich zu zahlen.

Was ist, wenn ich auch den Mindestbeitrag für Kranken- und Pflegeversicherung nicht bezahlen kann?

Sprechen Sie mit Ihrer Kasse über die Möglichkeit einer Stundung. Auf keinen Fall sollten Sie die Beitragszahlung von sich aus einfach einstellen. Denn dann hätten Sie nach Ablauf des Mahnverfahrens nur noch Anspruch auf Schmerz- und Notbehandlungen, bis die Schulden beglichen sind. Bei einer Stundung der Beiträge haben Sie weiterhin den vollen Versicherungsschutz. Das gilt übrigens gleichermaßen für Privatversicherte.

Mein Gewerbebetrieb ruht derzeit gezwungenermaßen. Ich sehe zwar Chancen für die Zukunft, muss aber bis dahin die Beiträge meiner privaten Krankenversicherung reduzieren. Welche Spielräume habe ich?

Sie sollten kurzfristig mit Ihrer Versicherung reden. Es gibt die Sonderregelung, dass Sie auf bestimmte Leistungen verzichten und dadurch den Beitrag senken. Innerhalb von sechs Monaten können Sie dann den alten Vertrag ohne neue Gesundheitsprüfung wiederaufleben lassen. Denkbar ist aber auch der Wechsel in einen gleichartigen, aber günstigeren Tarif Ihres Versicherers. Das steht Ihnen laut Versicherungsvertragsgesetz zu. Auch bei einem solchen Tarifwechsel findet keine neue Gesundheitsprüfung statt, und die Alterungsrückstellungen bleiben Ihnen erhalten. Die Möglichkeit einer Beitragsstundung besteht ebenfalls.

In der Coronakrise sind meine Umsätze als Selbstständiger komplett weggebrochen, sodass ich von meinen Rücklagen lebe. Auch der Beitrag meiner privaten Krankenversicherung ist mir nun zu hoch. Kann ich wieder in die gesetzliche Kasse wechseln?

Nicht, solange Sie selbstständig tätig sind. Melden Sie Ihr Gewerbe ab, sieht es anders aus. Sobald Sie eine Anstellung mit einem Brutto über 450 Euro finden, werden Sie gesetzlich pflichtversichert und können Ihren Privatvertrag kündigen. Möglich ist das aber nur bis zum 55. Lebensjahr. Wenn Sie älter sind, können Sie sich eventuell beitragsfrei in der Familienversicherung Ihres gesetzlich versicherten Ehepartners versichern. Allerdings darf Ihr monatliches Gesamteinkommen nicht über 455 Euro liegen. Zu diesem Gesamteinkommen zählen auch private Renten, Mieteinnahmen oder Zinseinkünfte.

Ich habe meine Firma verkauft, um mich der Pflege meiner Eltern zu widmen. Jetzt habe ich eine Festanstellung mit einem Brutto von rund 2.500 Euro in Aussicht. Was wird dann aus meiner privaten Krankenversicherung? Ich bin 59 Jahre alt.

Sie bleiben privat versichert. Trotz der Festanstellung können Sie nicht in die gesetzliche Kasse zurück. Das liegt daran, dass der Gesetzgeber dafür die Altersgrenze von 55 Jahren festgelegt hat.

Ich will in eine andere Krankenkasse wechseln. Was muss ich tun?

Suchen Sie sich eine neue Kasse aus und stellen dort einen Antrag auf Mitgliedschaft. Dann kündigen Sie bei Ihrer alten Kasse und weisen ihr nach, dass die neue Sie aufgenommen hat. Sie haben eine Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende. Das Wechselrecht steht Ihnen nach 18-monatiger Mitgliedschaft in der bisherigen Kasse zu.

Notiert von Uwe Strachovsky

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