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Wenn ein Versicherungsprofi den Schaden hat

Holger Wolff verlor bei der Flut 2002 sein Büro. Dafür bekam er Geld. Doch nun muss auch er zurückzahlen – viel mehr, als er bekam.

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Von Alexander Müller

Holger Wolff sorgt für Sicherheit. Der Versicherungsvertreter macht es den Menschen möglich, die Risiken in ihrem Alltag zu verringern und ein Stück kalkulierbar zu machen. Sein eigenes Schicksal konnte er aber nicht beeinflussen, als es am 11. August2002, einem Sonntag, zu regnen begann. „Ich bin am Montag noch ganz normal ins Büro gegangen, hatte eben zusätzlich noch einen Regenschirm dabei.“

Totalschaden der Einrichtung

Doch dann ging es bald recht schnell, und da half auch kein Regenschirm mehr. Als Pirnas Altstadt schließlich komplett überflutet und alles abgesperrt war, konnte Holger Wolff nur noch von der Ferne zuschauen. „Ich bin auf die Schöne Höhe in Copitz gegangen und habe mit einem Fernglas geguckt.“ Auch hier ahnte er noch nicht, wie dramatisch sich die Situation für ihn und sein Büro noch entwickeln würde.

Holger Wolffs Büro befand sich damals in der Schmiedestraße. „Was ich vorher nicht wusste, ist, dass die Schmiedestraße ja tiefer liegt als der Markt.“ Und so stand das Wasser schließlich 1,80 Meter hoch in seinem Büro. Das Ergebnis war eindeutig und ernüchternd: „Totalschaden, nichts war mehr zu gebrauchen.“

Die Möbel, der Kopierer, die Rechner, die gesamte Technik waren kaputt. Mehrere Tausend Euro hoch war der Schaden. Zwar hatte der Versicherungsvertreter sein Büro nur angemietet, doch das Interieur gehörte dem Selbstständigen. Dazu kam noch der Verdienstausfall, denn er konnte ja in diesem Büro nicht mehr weiter arbeiten. „Ich war überrascht, überfordert, hilflos.“

Und wieder ging es ganz schnell. Holger Wolff mietete ein Büro auf dem Sonnenstein an und bekam finanziell sofort Unterstützung. „Das ging wirklich unkompliziert“, erinnert er sich, „sonst wäre das mit dem neuen Büro gar nicht möglich gewesen.“ Der Unternehmer bekam gleich je 500 Euro für sich und seinen Angestellten und dann auch recht bald Fluthilfe von der Sächsischen Aufbaubank (SAB).

Worüber er sich damals freute, bereut er inzwischen. „Wenn ich gewusst hätte, was das für ein Ärger nach sich zieht, hätte ich lieber einen Kredit aufgenommen“, sagt Holger Wolff. Denn im Frühjahr 2003 sollte der Versicherungsvertreter das erhaltene Geld abrechnen und beweisen, dass er es so, wie vorgesehen, verwendet hat. „Das habe ich auch sofort gemacht, erzählt Holger Wolff. „Ich habe alles aufgelistet und die Originalbelege per Einschreiben an die SAB gesandt.“ Damit hätte er eigentlich alles richtig gemacht, doch im Nachgang unterlief ihm dabei dennoch ein schwerer Fehler. „Ich habe mir davon leider keine Kopien gemacht.“ Das wäre im Prinzip auch nicht so schlimm, und Holger Wolff hatte auch lange Ruhe. Doch dann passierte das Unerwartete:

„Mir wurde gesagt, dass meine Belege nicht angekommen seien.“ Damit hatte er nun überhaupt nicht gerechnet. „Ich dachte immer, die SAB sei eine Bank, und da klappt das.“ Doch statt dessen habe die SAB immer wieder die Belege gefordert, von denen der Vertreter nun nicht einmal die Kopien hatte. „Es ging ständig hin und her“, berichtet er. „Es zieht sich seit Jahren wie ein Kaugummi.“

Die SAB verweist auf SZ-Anfrage auf das Bank- und Verwaltungsgeheimnis, betont aber, dass der Begünstigte einen Verwendungsnachweis vorzulegen habe, der vollständig ist, das heißt, alle erforderlichen Angaben und Nachweise enthält. Inzwischen will die SAB das komplette Geld zurück.

Etwa 7000 Euro hatte Holger Wolff an Förderung bekommen. Zurück zahlen soll er aber weit mehr, nämlich über 10000 Euro. „Die Rückforderung ist mit horrenden Zinsen verbunden.“ Auch die Soforthilfe muss er zurückzahlen. Die SAB erklärt dazu, dass, wenn der Zuwendungsempfänger aus mehreren Programmen Hochwasserhilfen bekommen habe, für alle Programme ein gemeinsamer Verwendungsnachweis erstellt werden müsse.

Holger Wolff, dessen Büro sich mittlerweile auf der Pirnaer Straße in Heidenau befindet, hat sich inzwischen auf eine Ratenzahlung verständigt, die ihn noch viele Jahre belasten wird. „Doch so richtig sehe ich das nicht ein, in mir sträubt sich alles dagegen.“

Rückblickend kann er den Geschehnissen von 2002 eigentlich nur noch einen positiven Aspekt abgewinnen. „Es war beeindruckend, wie die Menschen hier zusammengestanden haben“, erzählt Holger Wolff. Es hätten wildfremde Leute spontan mit angepackt, andere Verpflegung gebracht. „Das war echte Hilfe.“

Bei der SZ häufen sich Berichte von Menschen, die ihre Fluthilfen an die SAB zurückzahlen sollen und sich dabei ungerecht behandelt fühlen. Wer ähnliche oder auch ganz andere Erfahrungen gemacht hat, kann uns schreiben:

SZ-Redaktion Pirna, Schössergasse 3, 01796 Pirna, oder einfach eine E-Mail senden:

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