Von Kevin Schwarzbach
Was für eine wilde und anstrengende Woche, liebe Leserinnen und Leser! Passend zum schweißtreibenden Wetter erhitzten sich in den vergangenen Tagen auch die Gemüter einiger Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Meißen. Ein Gerücht nach dem anderen machte die Runde: ein erfundener Angriff von Asylbewerbern, die bevorstehende Schließung des Kult-Cafés 4M, die Straffreiheit bei Diebstählen unter 50 Euro ... Die Hitze scheint nicht nur mir zu Kopf zu steigen.

Fast die gesamte Woche war ich nur damit beschäftigt, nicht den Überblick zu verlieren – und die Höhepunkte der Gerüchteküche strukturiert für Sie aufzubereiten. Denn in all diesen düsteren Gerüchten muss doch auch irgendwo der Spaß zu finden sein! Das Leben ist zwar bekanntlich kein Ponyhof, aber sicher auch kein Trauergottesdienst. Also dann, auf in den atemberaubenden Spaß des Lebens.
Gerade als ich am Montagmorgen einen Blick in die Zeitung warf und noch einmal über meinen Artikel „Die letzte Klappe“ blickte, erhielt ich eine mehr oder weniger freundliche Nachricht eines aufgelösten Lesers. Der war davon überzeugt, dass die Leiterin der großen WHG-Schülertheatergruppe, Christine Stump – entgegen meiner Behauptung im vorgenannten Artikel –, noch gar nicht zurücktreten würde. Seine Aufregung schloss mit den Worten: „Ich werde allen erzählen, dass Sie falsch berichten. Und Sie brauchen sich jetzt auch gar keine Ausrede auszudenken. Ich glaube Ihnen sowieso nicht, weil ich es eh besser weiß.“ Puh, welch Glück im Unglück für mich! Ich bin zwar ein Lügner, aber immerhin muss ich mich nicht dafür verteidigen. So manch ein Ehepartner würde sich das nach seiner aufgeflogenen Affäre wohl auch wünschen.
Ich dagegen hege derzeit ganz und gar nicht den Wunsch, Teil der wilden Spekulationen der vergangenen Woche zu sein. Wie bereits angemerkt, machte auch das Gerücht die Runde, dass Diebstähle unter 50 Euro von der Polizei nicht geahndet würden und klauende Asylbewerber sowieso gänzlich straffrei davonkämen. Vor allem im sozialen Netzwerk Facebook drehte das Gerücht seine Runden. Und Runden bei Facebook sind groß, liebe Leserinnen und Leser! Dagegen ist der traditionelle Kaffeeklatsch mit einem Adressatenkreis von maximal fünf bis sechs Menschen nichts – überhaupt nichts. Facebook ist ein gigantischer Kaffeeklatsch – ein Ort, an dem die Welt, ähm, ich meinte Riesa, zusammenkommt, um über die neuesten Entwicklungen zu diskutieren. Bei Facebook sind es schnell Tausende, Zehntausende, Hunderttausende Adressaten. Die Grenzen zwischen Unfug und Wahrheit verschwimmen dabei beinahe unbemerkt.
Das klingt doch allerdings gar nicht so schlecht für mich, wenn ich an die vorhin zitierten Worte des Lesers denke. Vielleicht sollte ich mich doch mehr in die Diskussion der kursierenden Gerüchte einbringen – als zertifizierter und darüber hinaus noch vollkommen akzeptierter Lügner habe ich doch die besten Voraussetzungen dafür! Und keine Angst: Auffallen werde ich wohl trotzdem nicht. Leider.
Passend dazu kann ich Ihnen noch einen beeindruckenden Vorschlag präsentieren, den mir ein Freund diese Woche indirekt machte. Er wies mich darauf hin, dass meine Kolumne die Gefahr in sich trägt, dass ich durch unvorsichtige Äußerungen ebenfalls Mittelpunkt einer sogenannten „Watch“ werden könnte. Nein, es handelt sich hier nicht um eine Uhr, wie die direkte Übersetzung aus dem Englischen vermuten lässt, sondern um eine kritische Beobachtung. Seit einigen Jahren etabliert sich dieses System folgendermaßen: Im Internet bildet sich eine Gruppe, die es sich zum Ziel macht, das Handeln einer anderen Gruppe oder Person zu überwachen und die getätigten Äußerungen zu überprüfen und zu hinterfragen. Ein prominentes Beispiel ist „Abgeordneten-Watch“.
Hier können Bürger unter anderem Fragen an ihren Abgeordneten stellen. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (treue Leser wissen, dass ich diese Kurve jetzt noch irgendwie bekommen musste) hat da allerdings ein ganz besonderes Antwortverhalten vorzuweisen: Die während des Wahlkampfes gestellten Fragen wurden allesamt beantwortet, nachfolgende Fragen sind allerdings bis heute offen. Das wird es mit mir nicht geben, liebe Leserinnen und Leser! Auf „Schwarzbach-Watch“, das Sie natürlich erst einmal gründen müssen, wird alles beantwortet – insofern Sie es mir nicht verbieten, weil Sie es sowieso schon besser wissen.
Diese Woche kann wohl kaum heißer werden.