Von Jürgen Müller
Das waren noch Autos damals. Liebevoll, fast zärtlich, streicht Enrico Wachs aus Meißen über den glänzenden, schwarzen Lack des alten Horch. Wachs ist ein Oldtimer-Fan, hat den Weg nach Schleinitz nicht gescheut. Im dortigen Schlosshof machen die 130 Autos der 20. Dresdner Veteranenfahrt am Sonnabend Rast, bevor es weiter durch den Landkreis nach Lommatzsch, Meißen und Radebeul mit verschiedenen Prüfungen geht. „Hier kann man die Prachtexemplare in Ruhe bewundern. Das ist doch was anderes, als sie nur vorbeifahren zu sehen“, schwärmt Wachs. Er ist mit seinem Mercedes SL Cabrio, Baujahr 1979, angereist. Ehe der ein „richtiger“ Oldtimer ist, dauert´s schon noch ein paar Jährchen. Drei Jahrzehnte muss ein Auto auf dem Buckel haben, um in diese Kategorie zu zählen.
Die erste Panne an Ort und Stelle behoben
Die hat der DWK F 2 Cabrio von Falk Naumann aus Großdittmannsdorf schon lange geschafft. 1934 gebaut, ist er 26 Jahre älter als sein Besitzer. 18 Zweitakt-PS werkeln unter der Haube. „Alles ist originalgetreu restauriert“, ist Naumann stolz auf seinen DKW. Weltweit gäbe es nur noch zehn Exemplare, davon zwei in Deutschland. „Der macht immer noch 70 Spitze. Und stehen geblieben bin ich mit dem DKW noch nie“, sagt der Steinmetz.
Bisher noch nie liegen geblieben ist auch Monika Rüdiger aus Radebeul mit ihrem Opel Super 6 aus dem Jahre 1937. Sie ist eine von drei Frauen, die bei dieser Tour am Lenkrad sitzen. Ausgerechnet am Sonnabend hat sie ihre erste Panne. „Der Kühlerventilator ist gebrochen, hat ein Kabel aufgeschlitzt“, erzählt sie noch ganz aufgeregt. Frank Richter, der schon beim Restaurieren kräftig mit geholfen hat, repariert den Schaden an Ort und Stelle. Durch ihren Mann Siegfried, der seit 44 Jahren alte Opel aufbaut, ist sie zu diesem Hobby gekommen. Das Auto mit dem „Schwiegermuttersitz“ ist ihr Heiligtum. Eineinhalb Jahre haben die Rüdigers den Opel liebevoll restauriert, fast alles selbst gemacht, jeden Abend vier, fünf Stunden in der Werkstatt verbracht.
Nicht nur in Familie, sondern ganz stilgerecht sind Bärbel und Manfred Fuchs aus Dresden bei der Tour dabei. Gekleidet im amerikanischen Stil der 30er Jahre passen die beiden hervorragend zu ihren Ford A. In Amerika gebaut und in Dänemark zugelassen, hat das Prachtstück in seinem 73-jährigen Autoleben gerade mal 80 000 Kilometer runtergespult. 600 davon fährt pro Jahr der 64-jährige Kaufmann damit. Doch jede Tour wird zur Tortur. „Das ist schon ein anderes Fahren als in einem modernen Auto. Die Pedale sind schlecht erreichbar und schwergängig. Bei jeder Veranstaltung nehme ich ein Kilogramm ab“, erzählt der Dresdner. Vor zwei Jahren erst haben er und seine Frau ihre Liebe zu den Oldtimern entdeckt, nachdem sie in Weesenstein mehr zufällig eine Veteranenrallye sahen.
Der Kaiser saß immer hinten rechts
Jedes Auto hat eine Geschichte, manches aber schrieb auch selbst welche. Wie der Österreich-Fiat von Heinz Clostermayer aus Wien. Das Auto ist eines von vier noch erhaltenen Fahrzeugen des österreichischen Kaisers. „Der Monarch hat immer hinten rechts gesessen“, sagt der Wiener und zeigt auf den schwarzen Ledersitz. Seit 1986 besitzt er den Oldtimer aus dem Jahre 1914, der so manche Legende erzählen könnte. Als eines der ersten Autos wurde er mit einer elektrischen Lichtanlage ausgerüstet. Die machte damals ein Drittel des Kaufpreises aus.
70 Sachen schafft der Oldie noch, doch schneller als 50 fährt Clostermayer damit selten. „Das Fahren ist nicht das Problem, aber das Bremsen“, sagt er. Denn der Zweitonner verfügt nur über eine Handbremsanlage. Will der Wiener mit dem Kaisermobil 100 Kilometer weit fahren, sind dafür wenigstens 25 Liter Benzin fällig. Das waren noch Autos damals ...