Von Ivette Wagner
Sie hat einen großen Plan. Seit Jahren. „Die Idee entstand schon im Jahr 2004“, sagt Kirsten Seidel. So ein bisschen Wahnsinn spielt da schon mit. Heute startet die 41-Jährige zu einem Schwimm-Marathon. Von Dresden geht es Richtung Hamburg. 550 Kilometer in Brust- und Rückenlage. Tag für Tag, anderthalb Wochen lang. Schwimmhäute zwischen den Fingern und den Zehen also inklusive.
Sieg bei Meisterschaft
Schwimmen gelernt hat Kirsten Seidel bereits als Kind. Dann aber sich nie wieder wirklich damit beschäftigt. „Meine Schwestern haben beide Schwimm-Leistungssport gemacht“, sagt sie. „Deshalb hatte ich irgendwie immer eine Verbindung zu diesem Sport.“ Nicht mehr und nicht weniger. Im Jahr 2003 kommt Kirsten Seidel die Erkenntnis: Es gibt noch mehr als Familie, Kinder und Job. Und sie besinnt sich sofort aufs Schwimmen. Trainiert hart, sechs Wochen lang. Das Kopfschütteln ihrer Umwelt ignoriert sie. Es gibt ein Ziel, dort will sie hin. Den inneren Schweinehund lässt sie als Gegner nicht zu. „Bei den Deutschen Meisterschaften über die Langstrecken habe ich dann den dritten Platz gewonnen“, sagt sie. „Immerhin schaffte ich die 5 000 Meter.“ Ein Sieg über sich selbst.
Es folgt eine weitere kleine Sensation. Kirsten Seidel überquert die Distanz zwischen der Insel Fehmarn und Dänemark. Als erste Frau überhaupt. Im Beiboot neben ihr leistet der große Sohn mentale Aufbauarbeit. „Die Familie hält mich zwar für verrückt, sie stehen aber hinter mir und unterstützen mich.“ Die Idee für diesen Wassertrip hatte aber eigentlich jemand anderes. „Meine Schwester wollte es machen, hatte aber nicht die Motivation. Ich wollte es auch und hatte die Motivation.“ Es klingt bei Kirsten Seidel ein bisschen nach Motivationstrainer, wenn sie diese Sätze mit fester Stimme ausspricht. Vielleicht will sie sich damit auch einen Ruck für die neue Aufgabe geben.
Sie wird heute wieder losschwimmen. Beiboote fahren an ihrer Seite. Trainiert hat die Ingenieurin für Strömungsmechanik auch. Tägliches Joggen, dazu fünf Kilometer am Tag im Wasser. Aber nicht in der Halle. „Ich bin lieber ein Freibadler.“ Sie zog ihre Bahnen beispielsweise in der Kiesgrube Leuben oder in Pratzschwitz. Nun hat die Vorbereitung ein Ende, nun ist Motivation gefragt. „Die habe ich“, sagt Kirsten Seidel. Denn sie schwimmt nicht nur zum Spaß.
„Ich will Menschen zeigen, dass man auch Unmögliches erreichen kann“, so die Dresdnerin. Genau dies ist die Parallele zu den Menschen, für die sie abtaucht: Krebskranke Kinder und deren Familien. Für die will sie mit ihrer Aktion Geld sammeln, das dann dem Verein Sonnenstrahl in Dresden und der Stiftung Phönikks in Hamburg zugute kommt.
Ziel: Quer durch den Bodensee
„Ich will zeigen, dass, wenn man an sich selbst glaubt, auch mehr erreichen kann“, sagt Kirsten Seidel. Und denkt schon wieder weiter. Denn kurze Zeit nach ihrem persönlichen Elbeschwimmen geht sie am 26. August wieder ins Wasser. Diesmal in den Bodensee.
Das Gewässer wird von ihr durchquert. 26 lange Stunden am Stück ist sie dafür unterwegs. „Reine Ausdauer- und Willenssache“, sagt sie. „Mit meiner Geschwindigkeit kann ich mit einem Leistungssportler natürlich nicht mithalten. Aber ich halte eben ein bisschen länger durch.“ Hauptsache, es kommt genug Geld zusammen. Und dann hat Kirsten Seidel noch einen Plan. Zweimal ist sie einen Marathon gelaufen. „Beim Dresden-Marathon bin ich auf jeden Fall dabei, aber in diesem Jahr starte ich auch in Berlin.“