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Wer schon bezahlt, hat Pech gehabt

Ohne Aufsehen wurde der verschärfte Bußgeldkatalog zurückgenommen. Im Kreis sind Tausende Bescheide zu ändern.

Von Peter Redlich
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Der Waldstraßenblitzer in Radebeul - gefürchtet, weil es hier die meisten erwischt. Seit Mitte Juli ist es weniger teuer.
Der Waldstraßenblitzer in Radebeul - gefürchtet, weil es hier die meisten erwischt. Seit Mitte Juli ist es weniger teuer. © Norbert Millauer

Landkreis Meißen. Es ist alles Mitte bis Ende Juli passiert. Ohne großes Aufsehen. Der neue Bußgeldkatalog mit drastisch erhöhten Strafen im rollenden wie ruhenden Verkehr - also für zu schnelles Fahren und Falschparker - wurde in die Schublade gesteckt. Darauf hatten sich Bund und Länder am 13. Juli verständigt. Zwei Tage später verteilten dann die Länder an die Kreise die Anweisungen. Jetzt gilt wieder komplett der alte Bußgeldkatalog. So wie es bis zum 27. April 2020 war, sagt Radebeuls Sachgebietsleiter Verkehr, Ingolf Zill.

Schon im Juni wackelte das ganze Andreas-Scheuer-Katalog-Gebäude gehörig, als sich Autofahrerverbände gegen das Fahrverbot bei mehr als 20 km/h über das Erlaubte innerorts stemmten. Der CDU-Politiker ruderte zurück und setzte die erhöhte Tempostrafe aus. Wohl auch, weil das Bundesverkehrsministerium Teile des Katalogs anders beschlossen hatte, als es der Ausschuss im Bundestag wollte. Ein riesiges Durcheinander mit Auswirkungen bis eben hinunter in jedes kleine Ordnungsamt.

Radebeul: Rund 5.000 Verfahren wurden rückabgewickelt

Welches Durcheinander wieder aufzuräumen war, machen die Zahlen deutlich. Allein bis Anfang Juli, so Ingolf Zill, hatte die Verkehrsbehörde in Radebeul fast 5.000 Verfahren seit dem 28. April eröffnet. Vom 30-Euro-Verwarngeld bis zum Bußgeldbescheid mit mehreren 100 Euro. Mit weit über 100 km/h innerorts bekam ein Kraftfahrer 680 Euro, zwei Punkte in Flensburg und drei Monate Fahrverbot aufgebrummt.

„Wir haben alles rückabgewickelt“, sagt Zill. Mitte Juli habe die Stadt dann auch eine neue Software bekommen. Damit konnten die Bescheide schneller bearbeitet werden. Bis auf Widerruf gelte nun wieder komplett der alte Bußgeldkatalog.

Allerdings sagt Zill auch, dass, wer nach dem neuen Katalog bestraft wurde und gezahlt hat, der hat Pech gehabt. Geld zurück gibt es nicht. Das bestätigt auch die Mitteilung, die die Ordnungsämter zur Handhabung bekommen haben. Eine Ausnahme gibt es noch. Wer unter Vorbehalt gezahlt hat, der bekommt sein Geld zurück. Dessen Verfahren wird dann nach den alten Regeln bearbeitet. Beispiel: Bei geringem Überschreiten von 30 km/h innerorts - etwa 38 km/h - sind jetzt wieder nur 15 Euro in Radebeul fällig.

Der Blitzer in Krögis an der B101 steht an einer Gefahrenstelle. Hier kommt es immer wieder zu schweren Unfällen.
Der Blitzer in Krögis an der B101 steht an einer Gefahrenstelle. Hier kommt es immer wieder zu schweren Unfällen. © Claudia Hübschmann

Meißen: Etwa 3.000 haben schon gezahlt und bekommen nichts zurück

Für die Stadt Meißen nennt Stadtsprecherin Katharina Reso folgende Zahlen: Seit Beginn des neuen Bußgeldkataloges wurden etwa 4.000 Verfahren im ruhenden wie auch im fließenden Verkehr bearbeitet. Allerdings waren davon 3.000 zu dem Zeitpunkt, als der alte Bußgeldkatalog wieder eingeführt wurde, rechtskräftig und abgeschlossen. Wer eine solche Verwarnung oder ein Bußgeld zu zahlen hatte und gezahlt hat, der bekommt nichts zurück.

Bei den verbleibenden etwa 1.000 Fällen, welche noch nicht rechtskräftig und in Bearbeitung waren, so Katharina Reso, wurden, nachdem der alte Katalog wieder gültig war, die notwendigen Korrekturen vorgenommen. Das erfolgte in der Mehrzahl der Fälle durch die Stadt Meißen, sofern die Verfahren noch nicht versendet wurden, und auch bei einigen bereits zugestellten Verfahren durch entsprechende Widersprüche.

An der Pausitzer Straße in Riesa befindet sich eine Schule - deshalb wird dort öfter das Tempo kontrolliert. Nun aber gibt es kreisweit Ärger mit Bußgeldbescheiden.
An der Pausitzer Straße in Riesa befindet sich eine Schule - deshalb wird dort öfter das Tempo kontrolliert. Nun aber gibt es kreisweit Ärger mit Bußgeldbescheiden. © Eric Weser

Riesa: Nur gut 200 Fälle wurden wieder rückabgewickelt

Aus Riesa kommt nur die knappe Antwort, dass von Ende April bis Anfang Juli etwa 1.500 Fälle nach dem neuen Bußgeldkatalog bearbeitet worden sind. Davon sind etwa 85 Prozent - das sind 1.275 - rechtskräftig, weil offenbar ohne Vorbehalt gezahlt wurde. Reichlich 200 Verwarn- und Bußgeldbescheide sind praktisch wieder rückabgewickelt worden - gezahlt wird hier wieder, wie es bis zum 27. April 2020 galt.

Großenhain. Die Mehrzahl der Bescheide ist schon bezahlt worden

Die Stadt Großenhain hat, so Stadtsprecherin Diana Schulze, 1.080 Temposünder in der Zeit des neuen Bußgeldkataloges erwischt und 406 Parkknöllchen verteilt. Fürs Zu-schnell-Fahren haben 750 Fahrer gezahlt, fürs falsche Parken etwa 350. Damit sind deren Bescheide rechtskräftig. Es gibt nichts zurück.

Diana Schulze: „Bei allen noch offenen Verfahren wurden die Tatbestände entsprechend geändert und die Bescheide neu verschickt.“ Im fließenden Verkehr, wie es amtlich heißt, sind das etwa 330 Ordnungswidrigkeiten, im ruhenden Verkehr 56.

Landratsamt: Mehr als die Hälfte rechtskräftig abgeschlossen

Auch das Landratsamt Meißen blitzt im Kreisgebiet. Fünf stationäre Blitzer-Standorte betreibt die Ordnungsbehörde des Kreises. Auch dort wurden die Verfahren Anfang Juli gestoppt.

 Anja Schmiedgen-Pietsch, Pressesprecherin des Landratsamtes Meißen, sagt: „Im Zeitraum vom 28. April bis zum 15. Juli 2020 wurden 7.480 Vorgänge im Zusammenhang mit dem neuen Tatbestandskatalog bearbeitet. Danach erfolgte die Bearbeitung der Vorgänge vollständig wieder in Anwendung der alten Rechtslage unter Berücksichtigung der Handlungsorientierungen des Sächsischen Innenministeriums vom 15. Juli 2020.“

Etwas mehr als die Hälfte der Bescheide - genau 3.926 Vorgänge - seien durch Zahlung bzw. Nicht-Anfechtung rechtskräftig abgeschlossen, so die Sprecherin. Noch anhängige Verfahren sind wieder auf die ursprüngliche Rechtslage korrigiert worden.

Coswig: Schreiben an den Bund wegen unsinniger Parkregelung

Fazit: Viel Arbeit, weil vom Bund keine klare und offenbar auch keine gesetzesfeste Ansage kam. Darunter solche kaum verständlichen Sanktionen, dass etwa das Kurzzeitparken - Postautos oder Pflegedienste - auf Fahrradangebotsstreifen (gestrichelte Linien) bestraft werden sollte. Solche Streifen gibt es vielfach in Radebeul, vor allem in Coswig und auch in Meißen.

Coswigs Ordnungsamtsleiter Olaf Lier: „Wir sind froh, dass dieser Unsinn des Abstrafens für nur kurzes Parken, etwa für das Essenbringen für Senioren, nicht mehr gilt. Allerdings wollen wir das Thema generell behandelt wissen und haben uns als kleines Coswig an den Bund gewandt. Die Sache wird jetzt im Bund-Länder-Fachausschuss behandelt.“

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