Wer kann noch günstige Wohnungen bauen?

Arbeitslosigkeit, mickriger Lohn oder schmale Rente: Die Gründe, warum viele Dresdner ihre Miete kaum stemmen können, sind vielschichtig. Mit den mehr als 60 000 Genossenschaftswohnungen und den über 10 000 städtischen Sozialwohnungen gibt es zwar vergleichsweise günstige Unterkünfte. Diese reichen aber bei Weitem nicht aus. Die Stadtverwaltung schätzt, dass derzeit etwa 10 000 Sozialwohnungen fehlen. Die Frage ist jetzt, wer diese bauen soll.
Die neue Wohnungsbaugesellschaft „Wohnen in Dresden“ (WID) hat schon einmal angefangen. Auf sechs Grundstücken entstehen derzeit die ersten 192 neuen Wohnungen. Um weitere Immobilien erwerben zu können, hatte der Stadtrat vor wenigen Wochen weitere 14 Millionen Euro locker gemacht. Eine umstrittene Entscheidung, die mit den Stimmen von Linken, Grünen und SPD zustande kam. Denn die FDP hält nicht viel davon, dass die Stadt wieder selbst baut. Erklärtes Ziel sei es, die Übertragung weiterer Grundstücke an die WID zu stoppen. Auch die CDU macht zurzeit im Wahlkampf ihre Position deutlich. Sie hält die Gesellschaft für sozial ungerecht. „Zum einen, weil es nur wenigen Bürgern hilft, aber finanziell von der gesamten Gesellschaft getragen werden muss“, heißt es. Zum anderen, weil die vorgesehenen Standards dieser Wohnungen über dem Durchschnitt anderer liegen würden, die keine staatliche Unterstützung erhalten. Ein Gegenvorschlag der Christdemokraten: Die Dresdner Wohnungsgenossenschaften sollten doch lieber gefördert werden. „Dort ist das Geld am besten angelegt.“
Tatsächlich bauen die Genossenschaften auch. Im vergangenen Jahr sind mehr als 133 Millionen Euro in Neubauprojekte geflossen, teilte der Verbund der Wohnungsgenossenschaften Dresden am Dienstag mit. Eine der eindrucksvollsten Vorhaben sind die Kräuterterrassen in Gorbitz – ein Wohngebiet aus kleineren Mehrfamilienhäusern, wo früher Hochhäuser standen. Allerdings dämpfte beispielsweise Thomas Dittrich von der Wohnungsgenossenschaft Johannstadt etwaige Erwartungen, dass es in den nächsten Jahren so weitergehen wird. Die Baukosten seien regelrecht explodiert. Für einen einzigen Quadratmeter neue Wohnfläche zahle man inzwischen 3 500 Euro. „Vor fünf Jahren haben wir noch für die Hälfte gebaut“, sagte er. Bald müsse man für neue Wohnungen so viel Miete verlangen, dass es den Satzungen der Genossenschaften widerspreche, sozialverträglich zu vermieten. Derzeit zahlen die fast 67 000 Mieter zwischen 5,29 und 5,76 Euro pro Quadratmeter an Nettokaltmiete. Zum Vergleich: Die Dresdner Durchschnittsmiete liegt mittlerweile bei mehr als sechs Euro. Insgesamt 45 neue Wohnungen wollte die Gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaften zwischen 2021 und 2023 im Dresdner Osten bauen. „Wir denken jetzt darüber nach, ob es wirklich umsetzbar ist, diese Wohnungen sozialverträglich vermieten zu können“, so Vorstand Angret-Cathrin Schirmer.
Ob Geld von der Stadt reichen würde, die Baupreissteigerungen auszugleichen, wie es die CDU vorschlägt? Nein, findet Mathias Schulze von der Sächsischen Wohnungsgenossenschaft Dresden. Das sei vielleicht gut gemeint, aber nicht realisierbar. „Die Baupreise kann man mit einer Förderung nicht überlisten“, sagte er.
Was den sozialen Wohnungsbau angeht, so richten die Genossenschaften ihren Blick auf die WID. Man sei froh, dass das Unternehmen zum Laufen gekommen sei, so Thomas Dittrich. Wenngleich die Menge der Wohnungen wohl nicht reichen werde. Außerdem müsse die Stadt schauen, ob Menschen, die irgendwann einmal einen Wohnberechtigungsschein erhalten haben und in einer günstigen Wohnung leben, diesen noch brauchen. Bislang wird nicht kontrolliert, ob die Scheininhaber inzwischen mehr Geld verdienen als früher.
Aber auch das Anspruchsdenken einiger Mieter wird von den Genossenschaften kritisiert. So stehen zwar etwa vier Prozent der Wohnungen in Prohlis und Gorbitz leer. Aber viele Interessenten wollten nicht in die oberen Etagen einziehen, hätten Vorstellungen von einer Wohnung mit zwei Bädern oder einem Aufzug im Haus. Deshalb wolle man in Dresden auch nicht von einer Wohnungsnot sprechen, sagt Mathias Schulze.