Wer kriegt die Jonsdorfer Jugendherberge?

Dieses Gebäude hat was: Tobias Richter von der Bautzener Immobilienfirma Hornig kommt richtig ins Schwärmen. Eine außergewöhnliche Immobilie, sagt er, ein großzügiges Naturgrundstück in einer der schönsten Lagen im Zittauer Gebirge, ein Haus mit Charakter, mit viel Platz und vielen vorstellbaren Nutzungsvarianten: Fast 6.500 Quadratmeter Land, nahezu 1.000 Quadratmeter Wohnfläche.
Die ehemalige Jugendherberge in Jonsdorf ist in der Tat ein sehr besonderes Haus: Zwei denkmalgeschützte Umgebindehäuser, das ältere aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, die mit einem Zwischenbau verbunden sind. Seit fast anderthalb Jahren stehen sie leer. Schon zu DDR-Zeiten wurde das Ensemble als Jugendherberge genutzt. Nach der Wende hatte das Deutsche Jugendherbergswerk (DJH) das Gebäude samt Personal übernommen. Mehr als 30 Jahre lang waren Gudrun und Hanskarl Tischer hier die Heimleiter. Bis zuletzt. Zum Jahresende 2017 hatte sich das Jugendherbergswerk aus Jonsdorf zurückgezogen. "Die Nachfrage hatte stark nachgelassen, die Ausstattung war nicht mehr zeitgemäß, und der Investitionsbedarf war für uns einfach zu hoch", erklärt DJH-Vorstand Dietmar Strunz. Alles Inventar wurde abgebaut und ausgeräumt. Das Gebäude fiel an die Gemeinde zurück.
"Wir haben lange um einen Weiterbetrieb gekämpft", sagt Tischer, der jetzt Rentner ist. Aber der Investitionsbedarf sei wohl doch zu hoch gewesen, ahnt er. Schon lange hatten die Bedingungen in der Herberge nicht mehr den heutigen Anforderungen entsprochen. Aber nicht nur das Jugendherbergswerk, auch die Gemeinde hatte andere Pläne. Auf ein Angebot aus dem Eurohof Hainewalde jedenfalls habe es aus Jonsdorf keinerlei Reaktion gegeben, erinnert sich Eurohof-Chefin Daniela Günther. Sie hatte der Gemeinde noch vor der Schließung ein Konzept vorgelegt, das Haus als Schullandheim weiterbetreiben zu wollen. "Jetzt gilt unser Angebot nicht mehr", sagt sie. "Aber die Gemeinde hat wohl ohnehin von Anfang an schon andere Pläne."
Das hat sie wohl. Die alte Jugendherberge soll verkauft werden. Über die Immobilienfirma Hornig stand das Angebot für einen Startpreis von 99.000 Euro sogar im Internetauktionshaus Ebay zum Verkauf. Das Interesse sei sehr groß gewesen, sagt Makler Tobias Richter. Mehrere Angebote hätten den Startpreis weit übertroffen.
Inzwischen liegen die drei aussichtsreichsten Kaufangebote auf dem Schreibtisch von Bürgermeister Christoph Kunze (Freie Wähler). Er hält sie streng unter Verschluss. Erst zur nächsten Gemeinderatssitzung am 22. Mai will er sie den Gemeinderäten vorstellen, ob in öffentlicher oder nichtöffentlicher Sitzung sei noch nicht entschieden, sagt Kunze.
Bis dahin kocht in Jonsdorf die Gerüchteküche: Von einem Altenpflegeheim oder betreutem Wohnen ist da die Rede. Oder entsteht hier etwa ein teures Wellnesshotel? Der Bürgermeister schweigt beharrlich: "Da wird sich die Welt noch ein bisschen gedulden müssen", sagt er lakonisch. Sollen die Gerüchte doch köcheln. Nur so viel will er schon mal verraten: Eine Jugendherberge wird es nicht mehr.
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