SZ + Radebeul
Merken

Wer muss für Leitungen in der Straße bezahlen?

Ein Radebeuler soll für Rohr- Reparaturen zahlen, die nicht auf seinem Grundstück liegen. Der Fall landet vor Gericht.

Von Nina Schirmer
Teilen
Folgen
In solchen großen Schächten, wie hier vor einigen Jahren auf der Bahnhofstraße gebaut, fließen die Abwässer der Radebeuler Haushalte zusammen. Doch vorher muss das Schmutzwasser durch Anschlussleitungen aus den Häusern raus.
In solchen großen Schächten, wie hier vor einigen Jahren auf der Bahnhofstraße gebaut, fließen die Abwässer der Radebeuler Haushalte zusammen. Doch vorher muss das Schmutzwasser durch Anschlussleitungen aus den Häusern raus. © Norbert Millauer (Archiv)

Radebeul. Aus jedem Radebeuler Wohnhaus führen Anschlussleitungen, durch die das Abwasser bis zum großen Hauptkanal in der Straße läuft. Um diese Rohre dreht sich jetzt ein Rechtsstreit, bei dem ein Hausbesitzer mit der Wasserversorgung und Stadtentwässerung Radebeul GmbH (WSR) im Clinch liegt.

Der Streitpunkt: Bis zur Grundstücksgrenze ist zweifelsfrei der Besitzer für die Anschlussrohre zuständig. Doch hinter dem Gartenzaun folgen unter Umständen noch einige Meter bis zum Kanal. Das Abwasserrohr liegt dort aber nicht mehr in privaten, sondern in öffentlichem Grund. 

Wem gehört es also und wer muss bei Reparaturen zahlen? Laut den Allgemeinen Entsorgungsbedingungen der WSR gehören die Anschlussleitungen zum Privateigentum des Grundstücksbesitzers, auch wenn sie nach der Grundstücksgrenze auf öffentlichem Grund liegen.

Genau das will sich der Radebeuler nicht gefallen lassen. Folgendes war passiert: Ein Loch im Abwasserrohr führte vor seinem Grundstück, oberhalb der Meißner Straße, zu einer Unterspülung.

 Die defekte Stelle in der Leitung befand sich nicht auf seinem Grundstück, erklärt sein Anwalt Steve Görnitz. Die WSR verlangte über 3 600 Euro für die Reparaturen. Doch der Grundstücksbesitzer zahlte nicht. Deshalb klagte die WSR vor dem Amtsgericht Meißen gegen den Radebeuler.

Die WSR argumentierte dort, dass die Anschlussleitung nicht nur wegen des einen Schadens notwendig war, ist im Urteil zu lesen. Das Rohr habe durchgehend Brüche, Einwüchse und undichte Stellen aufgewiesen. Laut Auffassung des Abwasserversorgers können die Kosten für die Reparatur vom Grundstückseigentümer verlangt werden, so wie es in den Regelungen der Versorgers festgeschrieben ist.

Das Gericht sah das jedoch anders und wies die Klage der WSR zurück. In der Begründung heißt es unter anderem, dass die Wasserversorgung nur dann Anspruch auf das Geld des Radebeulers hätte, wenn dieser Eigentümer der Anschlussleitung an der Stelle, wo die Reparaturen erledigt wurden, ist. 

Die Arbeiten fanden aber im Bereich der öffentlichen Straße statt. Deshalb könne der Hausbesitzer dafür nicht zur Kasse gebeten werden. Außerdem stellte das Gericht fest, dass der Mann ja gar keine Möglichkeit gehabt hätte, im Bereich der Straße für eine funktionsfähige Leitung zu sorgen oder Schäden dort vorzubeugen.

Damit war der Streit jedoch nicht beendet. Die WSR ging in Berufung, weshalb der Fall jetzt vorm Dresdner Landgericht erneut verhandelt wird. WSR-Geschäftsführer Olaf Terno sagt, dass die in Radebeul geltende Satzung nicht ungewöhnlich sei. Es gebe viele andere Gemeinden, wo das so gehandhabt wird.

 In den angrenzenden Städten Coswig und Dresden sind die Regelungen allerdings anders. Dort sind die Hausbesitzer nicht für Leitungen auf öffentlichem Grund verantwortlich. Die Radebeuler Regelung sei aber genauso zulässig, sagt Terno. Noch wurde am Landgericht nichts abschließend über den Fall entschieden, doch der Wasserversorgung droht erneut eine Niederlage.

 Der Vorsitzende Richter hat der WSR empfohlen, die Berufung zurückzuziehen, weil er keine Aussicht auf Erfolg sieht. Das werde man aber nicht tun, sagt Terno. Außerdem könne dieser Einzelfall nicht auf die Allgemeinheit übertragen werden, so der WSR-Gechäftsführer.

Steve Görnitz, der Rechtsanwalt der Gegenseite, sieht das anders. „Jeder Grundstückseigentümer, der in den vergangenen Jahren Zahlungen an die WSR aus ähnlichen Gründen geleistet hat, sollte überprüfen, ob die Rückzahlung verlangt werden kann“, sagt der Anwalt. 

Er ist der Meinung: Alles, was auf öffentlichem Grund liegt, muss auch durch die WSR bezahlt werden. Die Kanzlei Hirsch, Thiem und Collegen, für die Görnitz tätig ist, führt derzeit noch ein weiteres Verfahren vor dem Amtsgericht Meißen, in dem sich die WSR ebenfalls auf die angegriffene Klausel beruft.