Von Peter Chemnitz
Der legendäre Däne Safeknacker Egon Olsen ist nicht Schuld an der Leidenschaft von Bianka Senger. Schon eher ihr Vater Wolfgang. Denn der hat seine Tochter schon als Acht- und Neunjährige mitgenommen, wenn er Tresore öffnen musste. „Das war aufregend“, sagt Bianka Senger. Schließlich durfte sie Räume betreten, die sonst nur wenigen zugänglich waren. Und ihr Vater wurde immer ehrfürchtig behandelt, lag es doch an seinem Geschick, ob die Chefs von Kaufhäusern und Banken wieder an wichtige Unterlagen kamen.
Start in die Selbstständigkeit
Auch wenn die gebürtige Görlitzerin quasi mit den Tresoren groß wurde, hat sie erst einmal eine Ausbildung als Werbefachfrau abgeschlossen. Die Faszination der alten Stahlschränke ließ sie aber nie los. „Irgendwann kam die Idee, alte Tresore wieder aufzuarbeiten oder neue mit einem schönen Design zu versehen“, sagt Bianka Senger. Ende 2006 startete sie auf dem Gebiet der Sicherheitstechnik in die Selbstständigkeit. In Markersdorf gründete die junge Frau ihr kleines Unternehmen „Artsafes“, welches sich mit der Restauration, Veredlung und dem Handel von Tresoren beschäftigt.
Ein Schwerpunkt dabei sind Design-Tresore. Sicherheitstechnik sei heutzutage zu einem Einrichtungsgegenstand geworden, sagt Senger. Die Zeiten von klobigen, unschönen Stahlquadern seien vorbei: „Wir kehren zurück zur deutschen Handwerkskunst und präsentieren eine vollendete Kombination aus Funktion und individuellem Design.“
Unter den geschickten Händen von Bianka Senger werden antike Geldschränke zu außergewöhnlichen Kunstobjekten. Die Werbefachfrau schwärmt von der aufwendigen Bauweise und den kunstvoll gefertigten Riegelwerken der mehr als hundert Jahre alten Tresore. „Damals gab es unheimlich viele Hersteller“, sagt sie. Fast jede Firma, die Maschinen baute, und jeder Schlosser fertigte auf Wunsch auch Tresore. Und jeder mit einem eigenen Riegelwerk.
„Je älter, desto komplizierter die Technik“, lautet einer der Weisheiten, wenn es um das Öffnen ohne Schlüssel geht. „Wir wissen ungefähr, wie sie funktionieren, aber es gibt auch immer wieder neue Sachen.“ Meistens muss auch Bianka Senger dann zum Schneidbrenner greifen, zu trickreich waren einst die Schlosser.
Historische Geldschränke mit Zahlenkombinationen lassen sich dagegen bei ausreichend Erfahrung tatsächlich nach Gehör öffnen. Egon Olsens Stethoskop sei allerdings eher Show, meint Bianka Senger, die Tresore in einer Lagerhalle sammelt. Einige davon sind noch ungeöffnet. Darin Schätze zu finden, hofft die Unternehmerin nicht. Die meisten Geldschränke, die sie bisher geöffnet hat, waren leer. In anderen fanden sich lediglich alte Rechnungen oder Bleistifte. Der größte Fund waren bisher Patronen für ein Bolzenschussgerät.
Zehn Tresore, keiner jünger als hundert Jahre und jeder 300 bis 400 Kilo schwer, hat sie inzwischen restauriert und veredelt. Zu den entstandenen Prunkstücken gehören ein 1895 von Herrmann Fischer in Leipzig gefertigter Tresor mit freiliegenden Beschlägen, den jetzt ein röhrender Hirsch ziert, aber auch ein barock anmutender Geldschrank aus der Zeit um 1880 sowie ein originalgetreu restauriertes Produkt von Franz Leicher in München von 1910.
Da für Design-Tresore in der Oberlausitz nur wenig Klientel vorhanden ist, versucht Senger weltweit für ihre Produkte zu werben. In Dubai, Russland und der Ukraine war sie bereits, um ihre Geldschränke auf Messen vorzustellen. Die Ölscheichs waren dabei eine Enttäuschung. „Die setzen voll auf Hightech und würden ihren Tresor am liebsten mit dem Handy öffnen können“, sagt Senger. In den westdeutschen Bundesländern hat sie dagegen Vertriebspartner gefunden, die ihre Design-Tresore mit ins Sortiment aufgenommen haben.
Artsafes, Oldenburger Ring5, 02829 Markersdorf, Telefon: 035829/64 745, www.artsafes.de