Wie Corona das Studium in Riesa verändert

Riesa. Auf dem Hof der Studienakademie in Riesa erinnert nichts an die Corona-Krise. Die Studenten sitzen in der Sonne, unterhalten sich, lesen in ihren Notizen oder essen noch etwas, ehe das Seminar weitergeht. Die Szene könnte auch aus dem vergangenen Sommersemester sein - wären da nicht die Hinweise, die überall an den Eingangstüren im Campus hängen: Abstandsregeln, die Aufforderung zum Maskentragen in den Fluren - und die Aufforderung, den Aufzug bitte nur einzeln zu benutzen. Auch die Mensa ist mit Verweis auf die aktuelle Situation geschlossen.
Im Haus hält sich jeder an den vorgeschriebenen Mund-Nasen-Schutz. Erst im Seminarraum geht es etwas lockerer zu. In Vierer- und Fünfergruppen sitzen die Studenten am Tisch, die Masken oder Halstücher liegen meist neben den aufgeklappten Laptops. "So lange wir uns an den Abstand halten, können wir auf die Maske verzichten", sagt Torsten Forberg, während er die Präsentation für das anstehende Seminar vorbereitet. Am Pult steht trotzdem eine Schutzwand aus Plexiglas, für den Fall der Fälle.

Seit März Videokonferenz statt Seminarraum
Wegen der Pandemie läuft schon fast das gesamte Semester weitgehend per Fernlehre am Laptop ab. Einige wenige Präsenzveranstaltungen gibt es aber in den vergangenen Tagen, erklärt der Professor für Betriebswirtschaftslehre. Tags zuvor waren Prüfungen dran, nun geht für die Event- und Sportmanagement-Studenten das Wirtschaftsplanspiel in die letzte Phase. Ein Semester lang haben die Viertsemester in Gruppen virtuell ein Unternehmen geleitet. Jetzt geht es daran, in einer Hauptversammlung Bilanz zu ziehen, was in den simulierten sechs bis sieben Jahren passiert ist.
Seit Mitte März haben Dozenten und Seminarteilnehmer nur digital miteinander Kontakt gehabt, erklärt der Professor. Einfach später ins Semester starten wie an den Universitäten, das wäre für die Akademie auch keine Option gewesen. Dort wechseln sich der theoretische Teil und die Zeit beim Praxispartner ab. "An diesem Zeitgefüge lässt sich nicht herumschrauben." Also hieß es in den vergangenen Wochen, per Videokonferenz zu arbeiten. "Das hat gerade in der Anfangszeit Ruhe reingebracht", sagt Torsten Forberg.
Die Riesaer Studenten kommen nicht nur aus der unmittelbaren Umgebung. Einer von ihnen fährt sonst gar aus Kiel nach Riesa. "Anfangs war ja sogar unklar, ob die Züge noch fahren werden." Da sei das Studium per Laptop ideal gewesen.
Probleme hielten sich in Grenzen
Technisch war die Umstellung kein größeres Problem, sagen auch die Studenten. Vereinzelt sei die Internetverbindung allerdings nicht schnell genug gewesen, da habe es schon mal Übertragungsprobleme gegeben, erzählt Josi Cramer. Und sie fand es schwierig, den ganzen Tag vor dem Laptop zu sitzen und auf den Bildschirm zu schauen. "Vor allem anfangs war das nicht einfach." Da hätten die natürlichen Pausen gefehlt, die sich auf dem Campus von allein ergeben. Ihre Kommilitonen sehen aber auch die Vorteile. Leonie Gries muss sonst aus Bautzen nach Riesa fahren. Die Fahrten seien jetzt logischerweise ausgefallen. "Aufstehen, Laptop aufklappen, dann geht's los", so fasst der Dresdner Sebastian Domschke die Fernlehre zusammen.

Für BWL-Dozent Torsten Forberg war die Lehre per Video nichts besonders Neues. "Ich hatte sozusagen Heimvorteil, weil ich schon zuvor Online-Vorlesungen gehalten hatte." Aus seiner Sicht lasse sich der Stoff teilweise sogar besser auf diese Weise vermitteln als an der Tafel. Für das Wirtschafts-Planspiel lief die Kommunikation beispielsweise in Gruppen über das Video-Programm Zoom. Je nach Bedarf schaltete sich der Dozent in einzelnen Gruppen zu oder alle Seminarteilnehmer in einen Raum. Sein Fachbereich habe es da auch etwas leichter, sagt Forberg. Gerade im technischen Bereich, wenn etwa experimentiert werden soll, sei es schwierig. "Und es gab sicher auch einige Lehrbeauftragte, die sich etwas schwerer getan haben." Aber auch da hätten sich einige Kollegen richtig neu reingedacht, betont er.
Einige Inhalte werden bleiben
Aber wie behält der Dozent eigentlich den Überblick, ob ihm alle folgen können? Da gebe es durchaus interaktive Instrumente, sagt der Professor. Etwa das Umfrage-Programm Mentimeter. "Damit lässt sich so eine Art Quiz durchführen." Zwar gibt es damit noch kein Feedback dazu, wer aufpasst und wer nicht. Wohl aber läuft die Lehre nicht mehr nur in eine Richtung ab. "Wir haben schon relativ viel gelernt, wissen, was geht und was nicht", sagt Forberg. "Ich will in jedem Fall dafür sorgen, dass ein Teil davon auch in die Zeit nach Corona gerettet wird. Da wird sicher was hängen bleiben." Das gehe schon bei den Sprechstunden los. "Ich hatte kürzlich eine Konsultation um 18.30 Uhr." Das wäre unter normalen Umständen nicht möglich gewesen. In der Zwangssituation ging das - weil sowieso alles digital läuft.
Auch die Studenten in seinem Seminar sind insgesamt zufrieden mit dem Verlauf dieses ungewöhnlichen Semesters. "Die Fernlehre lief eigentlich gut und strukturiert ab", sagt Marie Jähring. Möglicherweise profitiere die Studienakademie an dieser Stelle davon, dass sie gemessen an den Studierendenzahlen kleiner ist. "Ich habe gehört, dass es an den Unis wesentlich schlechter funktioniert hat."
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