Von Thilo Alexe
Die magische Zahl ist sechsstellig: 517333 Einwohner hatte Dresden Ende März – und damit erstmals mehr als Leipzig. Exakt 503 Menschen mehr lebten nach Angaben des statistischen Landesamtes in der Elbmetropole. Damit ist Dresden Sachsens größte Stadt und nach Berlin die größte im Osten. Die SZ erklärt Ursachen und Folgen des Wachstums.
Warum ziehen Zehntausende in die Stadt?
Dresdens Wachstum wird auch durch Zuzügler verursacht. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Im Vergleich zu Westdeutschland ist das Betreuungsnetz für Kinder engmaschig geknüpft. Ein Beispiel: Rund 23000 Kitaplätze stehen den Einwohnern zur Verfügung, ein wenig mehr als in Leipzig. 2000 weitere sollen folgen. Das bringt Familien dazu, sich für Dresden zu entscheiden. Dazu kommt: Dresden ist ein attraktiver Standort vor allem für Forschung und Wissenschaft. Zwölf Forschungsinstitute betreibt die Fraunhofer-Gesellschaft in Dresden. Für Leipzig listet sie auf ihrer Homepage drei auf. Rund 35000 Menschen arbeiten in der zukunftsträchtigen Chip-Branche in Dresden und der Region. Leipzig hat in diesem Bereich nichts aufzuweisen – dafür sind dort die Automobilindustrie und der Flughafen größere Arbeitgeber als in Dresden.
Woher kommen
die Zuzügler?
Es mag den „waschechten“ Dresdner erschüttern. Doch nur knapp die Hälfte der Einwohner der Landeshauptstadt ist auch in Dresden geboren. Von den reichlich 500000 Dresdnern Ende 2009 sind nach Angaben der Verwaltung rund 250000 nicht in der Landeshauptstadt zur Welt gekommen und damit Zuzügler. Besonders deutlich wird das im Bereich der reichlich 335000 Dresdner im Alter zwischen 18 und 64 Jahren. Rund 93000 stammen aus anderen Städten Sachsens, knapp 50000 aus anderen ostdeutschen Bundesländern. Dazu kommen 17000 „Wessis“ und rund 26000 Ausländer.
Auf wessen Kosten wächst die Landeshauptstadt?
Die Antwort gleicht einer schlicht klingenden Formel: Dresden wächst, und das Umland schrumpft. Außerhalb der Großstädte Dresden und Leipzig geht die Bevölkerungszahl dramatisch zurück. Dresdens Finanzbürgermeister Hartmut Vorjohann (CDU) rechnete unlängst vor: „Zwischen 2010 und 2020 verliert Sachsen jährlich Einwohner in der Größe einer Stadt wie Chemnitz.“ Dresden bekommt das auch zu spüren. Selbst wenn die Stadt wächst, aber die Fördermittel für Sachsen generell sinken.
Warum ziehen weniger Dresdner Weg?
Dresdner bleiben offenbar gern in Dresden. Zwischen Januar und April kehrten rund 6500 Einwohner der Stadt den Rücken. Im selben Zeitraum verließen rund 9000 Leipziger die Pleißestadt. Ein Grund dafür dürfte im Jobangebot liegen. Trotz Chip- und Finanzkrise betrug die Arbeitslosenquote Ende Juni in der Region Dresden 10,6 Prozent. In Leipzig war dieser Wert deutlich höher: 14,6 Prozent.
Warum werden in Dresden
immer mehr Kinder geboren?
Dresden ist Sachsens Geburtenhauptstadt. Seit Jahren steigen die Geburtenzahlen an. Ein gut ausgebautes Netz von Geburtskliniken lockt werdende Mütter an. Allein im ersten Quartal dieses Jahres wurden in Dresden knapp 1700 Kinder geboren: Zum Vergleich. Im gesamten Jahr 1994 haben Dresdnerinnen nur 2396 Kinder zur Welt gebracht. Eine weitere Folge des Babybooms: Anders als in Leipzig wurden in Dresden in den ersten drei Monaten des Jahres mehr Menschen geboren als gestorben sind.
Welche Folgen hat der Zuwachs für die Stadt?
Mieten dürften weiter steigen. Seit 2005 sind die Mieten im Schnitt um ein Fünftel erhöht worden. Parallel dazu sank der Wohnungsleerstand auf knapp fünf Prozent. Dresden baut derzeit die Kinderbetreuung massiv aus. Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) sagte: „Es darf uns ruhig mit lokalpolitischem Stolz erfüllen, dass Dresden jetzt die einwohnerstärkste Metropole Sachsens ist.“ Der Zuwachs hält an. Im April 2010 hatte Dresden bereits 517677 Einwohner.