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Wie es der Fenstersturz-Katze geht

Vor drei Jahren rief Katze Miranda tierische Anteilnahme hervor. Sie musste fünfmal operiert werden.

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Von Jane Pabst

Hellgrün funkelnde Augen, das Fell rötlich-schwarz-weiß schimmernd, stolzer Gang – nach Streicheleinheiten mauzend tapst Miranda in das große Wohnzimmer von Birgit Genennig. Der eigensinnigen Dame merkt man vorerst nicht an, welches Schicksal ihr in den Knochen steckt. Im Mai 2011 kam das Tier mit zertrümmerten Beinchen ins Tierheim. Wie ist es ihr seitdem ergangen? Wo lebt sie heute? Und welche Folgen hat sie davon getragen?

Katze Miranda nach dem Sturz und heute bei Birgit Genennig. Foto: Alexander Schröter
Katze Miranda nach dem Sturz und heute bei Birgit Genennig. Foto: Alexander Schröter

Rückblende: Eine junge Familie findet auf der Stendaler Straße in Weida im Mai 2011 eine schwer verletzte Katze. Sie bringen den dreifarbigen Vierbeiner sofort ins Tierheim. Marion Kockisch erinnert sich noch genau: „Sie sah gepflegt aus, konnte aber nicht laufen.“ Die Röntgenbilder in der Tierarztpraxis Böltzig zeigten mehrere, zum Teil sehr komplizierte Brüche an Pfoten, Gelenken und Oberkiefer. Die Verletzungen deuten auf einen Fenstersturz hin. „Wir vermuteten, dass das Tier aus dem dritten Stock geworfen worden ist“, so die damalige Tierheimleiterin. Der Tierarzt kann nicht viel tun, außer Antibiotika und Schmerzmittel zu verabreichen. Nur eine Operation kann das Jungtier retten. „Innerhalb von fünf Wochen wurde die Katze fünfmal operiert“, berichtet Marion Kockisch. Die Kosten dafür betrugen über 4 000 Euro. Circa 1 400 Euro davon spülte ein Spendenaufruf in der Zeitung aufs Vereinskonto. 900 Euro der Deutsche Tierschutzbund und 500 Euro der Riesaer Tierschutzverein. „Wir vereinbarten mit dem Krankenhaus damals einen Festbetrag von 2 800 Euro. Was darüber lag, übernahm die Einrichtung selbst“, so Kockisch. Trotz großer Anteilnahme in der Bevölkerung rief angesichts dieser Summe nicht jeder Hurra. „Wir wurden angefeindet und gefragt, ob die Katze aus Gold sei“, erinnert sich die Tierschützerin, die dazu einfach nur entgegnet: „Wir haben ihr das Leben gerettet. Und was ist Geld? Geld kann man nicht streicheln, Geld wärmt nicht. Eine Katze schon. Ich steh also aufseiten des Tieres und bin froh, dass wir es operiert haben“, sagt sie. Froh machte damit nicht nur die schöne Katze, die inzwischen neugierig durch die Stube schleicht, sondern auch deren Besitzerin Birgit Genennig. Die 58-Jährige verliebte sich sofort in das Tier, als das Foto von Miranda in der Zeitung abgedruckt worden ist. „Das ist eine hübsche Katze, dachte ich damals“, so die Hausfrau. Mit ihrer Entscheidung, dass Tier aufzunehmen, überrumpelte sie ihren Ehemann Udo. Mit ihm lebt sie in Röderau-Bobersen auf dem Siedlungsweg auf einem circa 500 Quadratmeter großen Grundstück.

Gern erzählt sie von ihrer ersten Begegnung mit Miranda. „Das war an meinem Geburtstag am 15. Juni. Ich habe meinen 55ten gefeiert, als die Tierheimleiterin in den Hof fuhr und mit einer Katzentransportbox ausstieg“, so die frühere Hortnerin. Mit nackigen Beinen, an denen das Fell abrasiert worden war, sah das Tier aus wie ein gerupftes Huhn. „Sechs Wochen durfte sie nicht springen, sodass wir anfangs stets hinter ihr her waren, damit sie nicht auf das Sofa hüpfte“, erzählt das Frauchen. Heute sind ihre Fenstersturzverletzungen komplett verheilt. Nur ein leichtes Humpeln deutet beim schnelleren Laufen darauf hin. „Und bei nasskaltem Wetter verhält sie sich ganz ruhig. Da spürt sie offenbar ihre Knochen“, glaubt Birgit Genennig und streichelt den Rücken des Tieres, das ihr gerade um die Beine schleicht. „Sie ist keine Schmusekatze, hat große Scheu vor Fremden. Ich bin ihre Bezugsperson“, so die gebürtige Riesaerin. Wie dankbar Miranda ihrem Frauchen ist, beweist sie sehr häufig mit den erlegten Mäusen und Heuschrecken, die sie ins Haus schleppt. Doch gefressen werden sie nicht. „In diesem Punkt ist sie mitunter sehr wählerisch. So liebt Miranda Lachs, Geflügel und hartes Futter“, so Birgit Genennig, von deren Finger Miranda morgens und abends zu den Essenszeiten ein wenig Butter schleckt. „Das soll gut für die Fellpflege sein“, gibt das Frauchen wieder.

Nachdem Miranda sich ausgiebig am Kratzbaum die Krallen gewetzt hat, ist sie inzwischen nach draußen spaziert. Als Freigänger erkundet sie täglich ausgiebig die umliegenden Grundstücke. „Sie suhlt sich in der Erde, klettert in unserer Eibe bis hoch in die Baumkrone oder spielt mit einem kleinen Ball. Ich glaube, sie ist eine rundum glückliche Katze“, meint Birgit Genennig, die das Tier sichtlich ins Herz geschlossen hat. „Wir haben mit ihr einen guten Griff gemacht, die Entscheidung nicht bereut. Sie ist mein Ruhepol. Ihr Schnurren wirkt so wohltuend“, schwärmt sie.

Trotz ihres schweren Sturz ist ironischerweise das Fensterbrett in der Stube der Lieblingsplatz der Katze. Und ihr Frauchen achtet penibel darauf, dass es stets geschlossen ist.