Ansturm auf die Friseure

Das Telefon gibt keine Ruhe bei Jana Binner. Sechs Wochen war ihr Friseursalon am Postplatz in Görlitz nun zu, ab 4. Mai darf sie ihn wieder öffnen. Arbeiten wie zuvor, das wird trotz all der Terminwünsche nicht möglich sein.
Sieben Frisierplätze hat sie. Vier werden aber unbesetzt bleiben. Wegen der Abstandsregelungen, mindestens anderthalb Meter. Etwa 20 Quadratmeter Platz pro Kunde ist vorgesehen. Auf dem Boden hat Jana Binner Markierungen zur Orientierung angebracht. Begrüßt wird jeder Kunde nun von einem Desinfektionsmittelspender: Wer den Salon betritt, muss sich zunächst die Hände waschen oder desinfizieren. Auch an den Frisierplätzen stehen jetzt neben Haarpflegeprodukten diverse Desinfektionsmittel: Sobald ein Kunde einen Platz verlässt, ist dieser zu reinigen.
Waschmaschine bekommt jetzt viel zu tun
„Die ganzen Vorbereitungen haben zwei Wochen gedauert.“ Neue Umhänge – jeder Kunde bekommt einen frischen – hat sie gar nicht mehr bekommen. „Ich habe alle zusammengesucht, die wir haben.“ Die Waschmaschine wird jetzt häufiger laufen. Auch wegen der Handtücher: Trockenschnitt ist nicht erlaubt. Und wegen der Masken.
Die liegen jetzt noch ganz frisch in einer bunten Schachtel. „Die hat mein Mann uns genäht, er ist Raumausstatter.“ Die Regeln hat Jana Binner in einen kleinen Aufsteller gesteckt, der sonst Wella-Werbung zeigt. Lektüre statt der obligatorischen Zeitschriften, die nun nicht erlaubt sind.
Öffnungszeiten ausgedehnt
Trotz des großen Aufwandes, ist sie froh, dass sie ihren Salon wieder öffnen darf. Zehn Jahre betreibt sie diesen schon. Ohne Schulden, sagt sie. Nach den sechs Wochen Schließung hat sie welche. „Ich bin auf der einen Seite sehr froh, dass es mit der Soforthilfe und dem SAB-Darlehen so schnell geklappt hat.“
So konnte sie Gehälter und Miete bezahlen. „Aber ich als Selbstständige bin eigentlich auf der Strecke geblieben. Ich hatte ja keinen Cent Einnahmen.“ Damit alle Angestellten zum Zug kommen, wird sie die Öffnungszeiten nach vorne und hinten je eine Stunde verlängern. „Ich hätte nicht die Entscheidung treffen wollen, wer jetzt arbeiten darf und wer nicht.“
Wie Haare färben, wenn der Kunde Maske trägt?
Das werden viele Friseure so handhaben, vermutet Karl-Heinz Peter, Obermeister der Friseurinnung Ostsachsen. Er selbst habe mit seinem 120 Quadratmeter großen Salon auf der Dr.-Friedrichs-Straße das Glück, sich darüber nicht so viele Gedanken machen zu müssen. Bei anderen Punkten ist er sich noch nicht sicher. Wie Haare färben, wenn der Kunde Maske trägt? „Das kann ich mir noch nicht vorstellen.“
Trotz klingelnder Telefone nimmt er an, dass der Umsatz in der Branche in den kommenden Wochen vergleichsweise niedrig sein wird. Eben, weil nicht so viele Termine gemacht werden können. Weil mit den Hygienevorgaben und Abstandsregeln ein paralleles Arbeiten – Schneiden während beim anderen Kunden die Farbe einwirkt – schwerer möglich ist. Zum anderen vermutet er, dass nicht alle Kunden dem Ansturm folgen werden. „Ich denke, gerade die ältere Generation wird vorsichtig sein.“ Die Zeit der Kurzarbeit jedenfalls sei noch nicht vorbei, „sonst würde uns schnell die Luft ausgehen“.
Kosten steigen - Preise auch
Davor habe sie in den vergangenen Wochen extreme Angst gehabt, sagt Catherine Kleicke: Was sechs Wochen Schließung von sechs Jahren Arbeit übrig lassen würden. So lange leitet sie den Salon CK Friseure in Niesky. Was alle der befragten Friseure sagen: Der Friseurbesuch wird teurer werden. Ein bis zwei Euro, schätzt Catherine Kleicke. Vor allem wegen der zusätzlichen Kosten: Seife, Desinfektionsmittel, Wasser- und Stromkosten, Masken, Handschuhe. Plexiglas sei auch ganz schön teuer geworden. „Mein Vater wird mir jetzt für den Tresen einen Plexiglasschutz bauen“. Ein Tischler habe dafür 300 Euro verlangt.
Auch Catherine Kleicke fühlt sich gerade ein bisschen wie ein Logistiker statt Friseur. Sie hat 140 Quadratmeter und zwei Angestellte. „Wir werden in Schichten arbeiten.“ Aber die Öffnungszeiten bleiben vorerst. Am schwierigsten sieht sie die Maskenpflicht. Abgesehen davon, dass sie jetzt mit Kontaktlinsen statt Brille auf Arbeit kommen wird: Wie den ganzen Tag auf den Beinen stehen mit Maske? Leichter werde die Arbeit nicht, wenn man um Sauerstoff kämpfen muss.
Mit sechs Wochen Schließung nicht gerechnet
Für die erste Woche ab dem 4. Mai ist das Auftragsbuch von Heike Buhse voll. Jetzt mit einem Auftragsvolumen weiterzumachen wie früher sei aber auch für sie nicht möglich, erzählt die Inhaberin der City-Hair-Lounge auf der Dr.-Friedrichs-Straße. „Wer hat schon den Platz, um wieder voll hochfahren zu können?“
Als vor sechs Wochen klar wurde, dass auch die Friseure schließen müssen, habe sie das erst mal richtig gefunden. Wegen der Frage: Wie soll man die Kunden und sich selbst schützen? "Allerdings hatte ich mit drei, vier Wochen gerechnet.“ Nicht mit sechs. „Es geht endlich wieder los.“ Wie manche Regelung in der Praxis aussehen soll, ist ihr auch noch nicht ganz klar. „Das müssen wir erst mal testen. Aber ich bin ein positiver Mensch, wir werden das schaffen.“
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