Von Constanze Junghanss
Für drei albanische Flüchtlingsfamilien ist die Entscheidung gefallen: Sie werden in den kommenden Tagen aus Löbau, wo sie in der Stadt in Wohnungen untergebracht waren, in ihre Heimat abgeschoben. Dieses Schicksal teilten im Landkreis Görlitz im ersten Halbjahr 58 Flüchtlinge. Im Gegenzug dazu bekamen 49 Menschen Asyl. Wie viele Anträge noch zu entscheiden sind, wird deutlich, wenn man bedenkt, dass Ende Juli im Kreis etwa 1 160 Asylsuchende in zentralen Einrichtungen und Wohnungen untergebracht waren. Die Zahlen ändern sich ständig. Auch die der bewilligten und abgelehnten Anträge. Doch wie läuft eigentlich eine Abschiebung ab und wer veranlasst das? Eine Übersicht zu dem Verfahren:
Wer informiert die abgelehnten Asylbewerber von ihrer Abschiebung?
Die Asyl-Entscheidungen trifft das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Für Sachsen und somit auch Löbau und Zittau ist die Außenstelle in Chemnitz zuständig. Die Abschiebung selbst ist Ländersache. „Vor jeder Abschiebung erfolgt mehrfach die Aufforderung zur freiwilligen Ausreise“, erklärt das Sächsische Innenministerium. Diese Aufforderung erfolge schriftlich. Das bestätigt auch die Flüchtlingssozialarbeit beim DRK-Löbau. Denn dort meldeten sich die betroffene Familien mit einem solchen Schreiben.
Gibt es für abgelehnte Asylbewerber eine Frist für die Ausreise?
Das kann man nicht so genau sagen. Denn die Ausreisefrist hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Dazu gehören zum Beispiel Widersprüche gegen die Ausreise, strafrechtliche Ermittlungsverfahren, Beschaffung von Passersatzpapieren oder medizinischen Gründe. Das verzögert gegebenenfalls die Abschiebung. Eine der Löbauer Familien nimmt sich zum Beispiel auch einen Anwalt und geht in den Widerspruch gegen ihre Abschiebung.
Wissen abgelehnte Asylbewerber, wann sie abreisen müssen?
Eine Information der Asylbewerber über den konkreten Abschiebetermin erfolgt grundsätzlich nicht, heißt es beim Innenministerium. Die Durchsetzung der Ausreisepflicht des abgelehnten Asylbewerbers mit Zwang sei das letzte Mittel der Wahl.
Wer führt die Abschiebung durch
und wie läuft das ab?
Die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) führt Abschiebungen durch. Ausgeführt werden sie durch die Landespolizeibehörden, die den Betreffenden abholen und zum Flughafen bringen. Am Flughafen wird der Asylbewerber dann an die Bundespolizei übergeben, die von dort aus die Rückreise sicherstellt.
Warum wird vorrangig in der Nacht oder am frühen Morgen abgeschoben?
Das Innenministerium begründet das mit ganz pragmatischen Erwägungen: Bei zeitiger Ankunft im Heimatland könne der Fall im Tagesverlauf häufig relativ zeitig abgeschlossen werden. Das sei für die Heimatländer wichtig, weil die dortigen Behörden die Asylbewerber bei Rückkehr in Empfang nehmen. Die Entfernung nach Albanien beträgt rund 2 000 Kilometer, die nach Serbien etwa 1 300 Kilometer. Die Flugzeit bei einem durchgängigen Flug würde dann etwa im Schnitt zwischen eineinhalb und zwei Stunden betragen. Mit Zwischenstopps jedoch auch bedeutend länger.
Was ist der Vorteil einer freiwilligen Rückkehr abgelehnter Asylbewerber?
Bei einer freiwilligen Rückkehr entscheiden sich die Betreffenden von sich aus, auszureisen. Bei den drei albanischen Familien in Löbau werden zwei der drei Familien die freiwillige Rückkehr annehmen. Sie bietet mitunter Vorteile: So wird bei einer Abschiebung ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für die Betroffenen verhängt. Bei freiwilliger Ausreise ist das nicht immer so. Freiwillige Rückkehrer können in manchen Fällen von finanzieller Unterstützung profitieren. Beantragt werden kann diese über die offiziellen Hilfsorganisationen vor Ort. Auch in Löbau hilft das DRK beim Ausfüllen der Anträge. Nicht alle Asylsuchenden bekommen jedoch tatsächlich diese finanzielle Unterstützung. Entschieden wird darüber beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Dort gibt es entsprechende Förderprogramme. Außerdem bietet auch die Internationale Organisation für Migration hier finanzielle Unterstützung an.
Wie viel Starthilfe können
freiwillige Rückkehrer erhalten?
Bei der Höhe kommt es auf die jeweiligen Herkunftsländer an. Die Höhe der Summe ist gestaffelt in drei Gruppen. Maximal 2 250 Euro Starthilfe pro Familie gibt es für Serben und Roma sowie Iraker und Menschen aus Afghanistan. Bedeutend geringer fällt die Starthilfe für Menschen aus dem Libanon, Ägypten oder Syrien und anderen Ländern aus. Da stehen maximal 900 Euro pro Familie zur Verfügung. Ziel ist, den Menschen eine nachhaltige Wiedereingliederung in ihrer alten Heimat zu ermöglichen. In ganz Sachsen gab es bei 185 Ausreisen im Zeitraum Januar bis Mai dieses Jahres solche Zuschüsse. Auch die Reisekosten können bei freiwilliger Rückkehr bezuschusst oder ganz übernommen werden.
Werden straffällige Asylbewerber sofort oder schneller abgeschoben?
Was passiert aber, wenn Asylbewerber in Deutschland Straftaten begehen? Sofort oder schneller abgeschoben werden sie deshalb nicht. Auch ein agressiver Tunesier, der Anfang dieses Jahres vom Amtsgericht Zittau zu einer Bewährungsstrafe und vom Landgericht Görlitz – nach einer weiteren schlagkräftigen Auseinandersetzung – nun zu zwei Jahren Haft verurteilt worden ist, hat nicht automatisch sein Bleiberecht verwirkt. Nach Auskunft von Christoph Sander vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist eine Flüchtlings- und Asylanerkennung ausgeschlossen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Auch der Tunesier bleibt vorerst hier: Wie der persönliche Referent des sächsischen Ausländerbeauftragten, Victor Vince, bereits nach dem Urteil erklärt hatte, könne erst abgeschoben werden, wenn alle Strafverfahren abgearbeitet sind und die Freiheitsstrafe verbüßt ist. (mit SZ/abl)