Von Peter Anderson und Peter Redlich
Zuerst versuchen es die Diebe an der Tür des Radebeuler Handwerksmeisters. Ihre Brechstange hinterlässt Spuren im Holz. Doch am Dreifachriegel scheitern sie. Als nächstes probieren sie es am Fenster – dem Schwachpunkt des Hauses. Die Rollläden sind an diesem Abend nicht heruntergelassen. Der Fensterrahmen aus Plaste, wie er in den 1990er Jahren viel eingebaut wurde, ist schnell aufgehebelt. Die Diebe stehlen aus dem Haus an der Meißner Straße Bargeld und Minigoldbarren im Wert von 20.000 Euro.

Der zweite Einbruch geschieht am helllichten Tag in Moritzburg. Im ersten Anlauf wollen die Diebe über die Terrassentür einsteigen. Das misslingt. Die Tür ist gesichert. Mit einer Bohrmaschine entfernen sie anschließend das Schloss der Eingangstür und räumen das Haus aus. Zwei von vielen Fällen aus den letzten Monaten.
Diebe steigen in Keller und Böden ein
Mit knapp 43 Prozent hatten Diebstähle vergangenes Jahr den größten Anteil an der Kriminalität im Landkreis. Im Vergleich zu 2011 stieg die Zahl um 24 Prozent. Ein besonderer Schwerpunkt waren Einbrüche in Keller und auf Böden. Hier verdoppelten sich die Fälle im Jahresvergleich auf 754. Auch die Zahl der Wohnungseinbrüche nahm deutlich von 253 auf 280 zu. Nahezu unverändert blieb die Aufklärungsquote mit 41,4 Prozent. Der für den Landkreis zuständige Dresdner Polizeipräsident Dieter Kroll kündigte an, die Arbeit der Polizei so zu organisieren, dass auf plötzliche polizeiliche Schwerpunkte wie Diebstahlsserien schnell reagiert werden könne. Trotz des laufenden Stellenabbaus werde die Personalstärke der Kriminalpolizei nicht angetastet. Die Kriminalaußenstelle in Meißen
bleibe bestehen.
Opferverbände setzen auf Prävention
Geert Mackenroth, CDU-Landtagsabgeordneter in Riesa und Vorsitzender des Weißen Rings in Sachsen, sieht die Bürger in der Pflicht. „Es geht nicht, immer nur nach dem Staat zu rufen“, sagt der Politiker. Es gebe viele einfache Mittel, selbst für ein sicheres Zuhause zu sorgen. Dieben werde es oft unnötig leicht gemacht. Der frühere sächsische Justizminister verweist auf angekippte Fenster in verlassenen Wohnungen. Innerhalb von Sekunden werde ein angekipptes Fenster zum offenen Fenster.
Polizei berät kostenlos
Was zu tun ist, um die eigenen vier Wände sicherer zu machen, fasst eine 40-seitige Broschüre der Polizeidirektion Dresden zusammen. Sie kann im Internet heruntergeladen werden (www.polizei-beratung.de) oder ist bei der Polizeilichen Beratungsstelle auf der Bahnhofsstraße 34 in Riesa kostenlos erhältlich. Die dort arbeitenden Polizisten würden bei Bedarf direkt ins Haus kommen, um über ein passendes Sicherheitskonzept zu sprechen, sagt Polizeisprecher Thomas Geithner. Da es keine festen Öffnungszeiten gibt, sollten Termine telefonisch vereinbart werden (03525 5294912). Geithner verstärkt die Botschaft des Landtagsabgeordneten Geert Mackenroth: Viel wäre geholfen, wenn jeder Einzelne mehr auf die Sicherheit privaten Eigentums achten würde. Dazu zähle, keine Fenster angekippt zu lassen, aber auch Wachsamkeit in der Nachbarschaft. „Wenn Sie jemanden bemerken, der sich merkwürdig verhält, sollten sie besser einmal zu viel als zu wenig die 110 wählen.“
Firmen werben für Einbruchmelder
In Meißen steht die Sächsische Wach- und Sicherheitsgesellschaft für professionellen Schutz vor Einbrechern. Der Unternehmenschef legt größten Wert auf Diskretion und will nicht mit Namen in der Zeitung stehen. Von Alarmanlagen zur Eigenmontage aus dem Baumarkt rät er ab. Nicht, dass diese nicht funktionieren würden, allerdings käme es sehr häufig zu Fehlalarmen. Das könne mit der Zeit sehr nervig werden. Stattdessen empfiehlt der Wachschützer eine Einbruchmeldeanlage, wie sie etwa von der Alarm-Sicherheits GmbH in Meißen vertrieben wird. Ab 1 000 Euro aufwärts gebe es dort verlässliche und ohne ständige Fehlalarme funktionierende Technik. Wer monatlich noch einmal rund 40 Euro investiere, könne eine solche Anlage zudem mit der Zentrale der Sächsischen Wach- und Sicherheitsgesellschaft in Meißen verbinden lassen. Diese schicke im Falle des Alarms in kürzester Zeit einen Mitarbeiter los, um nach dem Rechten zu sehen.
Künstliche DNA soll Eigentum sichern
Noch Zukunftsmusik ist ein Methode, die gegenwärtig ausschließlich in Teilen der Lausitz getestet wird. Die Polizei wirbt dort dafür, potenzielles Diebesgut mit sogenannter künstlicher DNA zu sichern. Diese mit einem Pinsel aufgebrachte Substanz ist mit bloßem Auge kaum zu entdecken. Unter einer Mikroskop-Kamera werden die winzigen schwarzen Pünktchen, die aussehen wie Fliegendreck, zu großen runden Scheiben. Auf den Scheiben wird ein Zahlencode sichtbar. Über diesen lässt sich wiederum der Besitzer identifizieren.
Die Zahlencodes auf den Mikropunkten der künstlichen DNA sind so einmalig, wie die DNA eines Menschen. Die Bahn bepinselt schon eine Weile ihre Kupferkabel. Vattenfall will das Mittel jetzt großflächig in der Lausitz einsetzen. Autohäuser haben Interesse signalisiert. Für Großabnehmer könnte neben dem Zahlencode noch der Name auf die Mikropunkte geprägt werden. Hätte jeder wertvolles Eigentum markiert, würde das der Polizei die Aufklärungsarbeit sehr erleichtern.
Das Mittel hält überall, versichert die Polizei: Im Haus und draußen, auf Uhren und Schmuck, auf dem Computer, auf dem Navigationsgerät im Auto, auf Werkzeugen, Elektrogeräten, Kupferrohren oder dem Rasenmäher. Dabei ist es – außer wenn es unter UV-Licht gerät – absolut unsichtbar. Nur bezahlen und auf sein Eigentum aufbringen muss es jeder selbst. Ein Set kostet zwischen 75 und 100 Euro und reicht für bis zu 70 Markierungen. Drei Hersteller der Substanz gibt es mittlerweile in Deutschland, einen in der Schweiz. Die Polizei kann Interessenten die Bezugsmöglichkeiten vermitteln.
„Für uns wäre die künstliche DNA auch eine große Hilfe bei der Aufklärungsarbeit“ sagt Polizeioberrat Mario Steiner von der Direktion In Görlitz. Oft würden bei Personenkontrollen, Fahrzeug- oder Wohnungsdurchsuchungen teure Dinge gefunden, die Diebesgut sein könnten, was aber nicht nachweisbar sei.