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„Wie Manna vom Himmel“

Mit immer neuen Produkten umwerben die Autobanken neue Kunden. Sie springen dabei gern in die Lücken, die traditionelle Geldhäuser hinterlassen. Norbert M. Massfeller, Vorstandschef der Volkswagen Financial Services AG, überlegt sogar, künftig Kredite an Firmenkunden zu vergeben.

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Muss ich ein Auto des VW-Konzerns fahren, um bei Ihnen Kunde zu werden?Nein, natürlich nicht. Rund 180 000 unserer Kunden fahren ein anderes Auto. Leider.

Sie locken Kunden mit relativ hohen Sparzinsen. Warum?Die Einlagen dienen in erster Linie dazu, unsere Autokredite zu refinanzieren. Je mehr Einlagen wir sammeln, desto kostengünstiger können wir also den kreditfinanzierten Autokauf gestalten. Derzeit zum Beispiel bieten wir beim Kauf des neuen Golf einen effektiven Jahreszins von 0,9 Prozent.

Sie wollen mehr Kunden gewinnen. Über noch höhere Spar- und niedrigere Kreditzinsen?Beim derzeitigen Zinsniveau sind Tagesgeld-Zinsen von drei Prozent ganz ordentlich. Da haben wir kaum noch Spielraum nach oben. Wir werden aber unseren Kunden stärker als bislang zusätzliche Geschäfte vorschlagen und zudem im Ausland wachsen. In Polen sind wir bereits die zweitgrößte Direktbank. Noch in diesem Jahr hoffen wir, eine Lizenz für China zu erhalten.

Was ist, wenn die Aktienmärkte anspringen, und die Leute sich wieder mehr für Wertpapiere interessieren?Eine Kombination von Sparen und Fondsanlage haben wir schon im Angebot, ebenso das reine Investieren in Fonds und den Handel mit Aktien über das Internet.

Die Autobanken verwalten Guthaben von mehr als zwölf Milliarden Euro. Das Geld hätten Sparkassen, Volks- und Privatbanken auch gern.Dass wir erfolgreich am Markt sind, das haben uns vor allem die Großbanken leicht gemacht. Ihnen waren Privatkunden lange Zeit augenscheinlich eher lästig. Schlecht behandelte Privatkunden von Großbanken regneten in den Markt wie einst das Manna vom Himmel. Sich danach bücken und es aufheben, das mussten wir allerdings schon noch selber tun.

So eine Art Bandscheibenvorfall durchs Bücken scheinen Sie dennoch erlitten zu haben.Wieso?

Sie haben im vorigen Jahr die Summe, die Sie für wacklige Kredite sicherheitshalber zurücklegen müssen, kräftig aufgestockt: um 25 Prozent auf 230 Millionen Euro.Das hat wenig mit unseren Privatkunden zu tun. Wir finanzieren ja auch VW-Händler. Da ist dann schon mal der ein oder andere Wackelkandidat dabei, der in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist.

Wenn Sie schon VW-Händlern Kredite geben, warum machen Sie das nicht gleich für kleine und mittlere Betriebe? Aus diesem Geschäft ziehen sich die Großbanken auch zurück.Das machen wir bereits, derzeit aber nur mit einigen ausgewählten Adressen aus unserem Firmenkunden-Kreis. Wir beobachten das jetzt ein, zwei Jahre. Wenn sich das dann bewährt, werden wir das Kreditgeschäft für Firmen ausbauen.

Damit sind Risiken verbunden, zumal Sie nicht über die betriebswirtschaftlich wichtigen Daten der Firma verfügen.Natürlich haben wir Daten. Ich schaue mir einen Kunden doch ganz genau an, bevor ich ihm eine Fahrzeugflotte von 100 Autos in den Hof stelle.

Einige Konkurrenten wollen von Firmenkrediten nichts wissen.Ich bin nicht dafür verantwortlich, was andere machen oder nicht machen. Wir sind als erste Autobank auch in das Geschäft mit Einlagen und Kreditkarten eingestiegen – und haben deshalb jetzt einen deutlichen Wettbewerbsvorsprung.

Sind Ihre Kundendaten mit denen von VW vernetzt?Inzwischen ja. Mit der zentralen, computergesteuerten Kundendatei für Volkswagen sind wir in der gläsernen Manufaktur in Dresden gestartet; sie steht heute allerdings in Braunschweig.

Und die kann ja jeder im VW-Konzern nutzen?Nein, nicht alles ist abrufbar. Wir haben schließlich ein Bankgeheimnis. Trotzdem schafft das Vernetzen unserer Daten mit denen von VW enorm positive Effekte, beim Verkauf zum Beispiel.

Sie sind also so etwas wie eine Kurbelhilfe beim Verkauf von VW-Fahrzeugen?Bei Privatkunden auf jeden Fall. Finanzdienstleistungen und das Automobilgeschäft sind nicht zu trennen. Der Kunde verlangt heute beim Händler nicht nur ein Auto, sondern will gleich eine Finanzierung mitgeliefert bekommen. Ich halte die Autohersteller für töricht, die dieses Geschäft nicht selbst betreiben. Wir entlasten die Bilanzen der mittelständischen Kunden durch unser Leasinggeschäft. Bei Großunternehmen ist das Management der Fahrzeugflotte wichtig.

Ihre Gruppe ist auch ein finanzieller Lückenfüller, wenn es bei VW mal nicht so läuft. Allein im vorigen Jahr haben Sie 415 Millionen Euro nach Wolfsburg überwiesen.Lückenfüller ist ein unglücklicher Begriff. Unsere Erträge haben den Charme, relativ stabil zu sein. Die Erträge im Automobilbereich hingegen schwanken sehr, je nach Verlauf der Konjunktur. Wir federn diese Schwankungen also ab.

Das Gespräch führte Ulrich Wolf.