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Wie weiter mit dem Gasthof in Rascha?

Das Gebäude an der B 96 verfällt. Mit einem großzügigen Angebot will der Eigentümer das Traditionshaus retten.

Von Franziska Springer
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Seit fast einem Jahr steht das geschichtsträchtige Gebäude an der B 96 in Rascha leer. Vor Kurzem brach das Dach des Anbaus ein.
Seit fast einem Jahr steht das geschichtsträchtige Gebäude an der B 96 in Rascha leer. Vor Kurzem brach das Dach des Anbaus ein. © Steffen Unger

Rascha. So sehr sie auch ins Auge stechen, wirklich überspielen können die fröhlichen, rot-gelben Fassaden den Zustand des traditionsreichen Gasthofes an der B 96 in Rascha nicht. Schon von weitem ist die schiefe Antenne zu erkennen, die wie eine Lanze aus den Trümmern im hinteren Teil des Gebäudes in den Himmel ragt. Anfang Februar brach das Dach des Saales im Anbau des denkmalgeschützten Umgebindehauses in sich zusammen. Da die Gefahr bestand, dass der Wind Trümmerteile auf die angrenzende Bundesstraße weht, ordnete die Gemeinde eine Notsicherung an und brachte den Saal kontrolliert zum Einsturz. Was blieb, ist ein Bild des Zerfalls.

Besonders für die Einwohner der kleinen Ortschaft, die zur Gemeinde Großpostwitz zählt, dürfte der Anblick seither bitter sein. Bürgermeister Markus Michauk (OLG) erklärt: „Das Gebäude vermittelt den Raschaern seit jeher ein Heimatgefühl. Sie identifizieren sich damit und leiden darunter, dass die kunterbunten Schilder an den Fassaden und der zunehmende Verfall das Ortsbild immer mehr verschandeln. Früher hatte die Kneipe schließlich einen richtig guten Ruf. Jeder hier kennt die Geschichten aus besseren Zeiten. Die Leute reisten damals selbst aus Dresden an.“ Diese Ruhmeszeiten sind bereits seit Mitte der 1980er-Jahre vorbei. Dennoch war das Haupthaus, das parallel zur Bundesstraße steht, stets bewirtschaftet.

Second-Hand-Laden nur kurz geöffnet

Zumindest war das so bis zum April vergangenen Jahres. Da schloss Andriano Petrovic, der Sohn des damaligen Eigentümers Johan Balulescu, seinen Second-Hand-Laden für gebrauchte, italienische Markenkleidung nach nur wenigen Monaten Betrieb. Zuvor hatte die Familie versucht, verschiedene gastronomische Konzepte in dem Gebäude zu etablieren. Auch das war gescheitert. Johan Balulescu suchte nach einem neuen Mieter, war auch bereit, die Immobilie zu verkaufen. Bevor es soweit kam, starb er im Herbst vergangenen Jahres bei einem Autounfall. Andriano Petrovic erbte das Anwesen, mitsamt der darauf liegenden Schuldenlast und sagt heute gegenüber der SZ: „Das ist mir alles total zu viel.“

Auf etwa 20.000 Euro schätzt er den Kredit, den sein Vater zum Erwerb des Gebäudes aufnahm. Weitere 50.000 Euro soll Balulescu nach Aussage seines Sohnes vor seinem Tod in die Instandhaltung der Immobilie investiert haben. „Mein Vater hatte die komplette finanzielle Übersicht“, sagt Andriano Petrovic, der noch vor dem Einsturz des Saaldaches behauptet hatte, das Gebäude gehöre ihm nicht mehr, die Volksbank hätte es zurückgenommen. Dass dem nicht so ist, gibt er auf erneute Anfrage zu: „Das Haus gehört mir noch. Aber es liegen Schulden auf der Immobilie, hinzu kommen die Kosten, die die Gemeinde für die Notsicherung des Daches vorgestreckt hat.“ Die belaufen sich auf eine Summe zwischen 3.000 und 4.000 Euro, schätzt Markus Michauk.

Inzwischen, erklärt Petrovic, erwarte er mit seiner Frau ein Kind, betreibe ein neues Restaurant in Bayern und habe außerdem gesundheitliche Probleme. „Ich möchte keine Krankheiten bekommen von so viel Stress“, sagt er und macht ein überraschendes Angebot: „Ich möchte den Gasthof verschenken.“

Bank ist verhandlungsbereit

Zur Tilgung der Bankschulden habe er eine Ratenzahlung vereinbart. Die Volksbank sei darüber hinaus bereit, mit einem neuen Besitzer der Immobilie die Kredit-Konditionen erneut zu verhandeln. Thomas Lohse, Sprecher der Volksbank Dresden/Bautzen, wollte das auf SZ-Anfrage weder bestätigen noch dementieren. Auch über die Höhe der Kreditschulden machte er keine Angaben.

Trotz der offensichtlichen finanziellen Herausforderungen hofft der Großpostwitzer Bürgermeister, dass sich ein Umgebindehaus-Liebhaber findet, der auf Petrovics Angebot eingeht. „Ich denke, die Substanz des denkmalgeschützten Altbaus ist soweit gut“, sagt er. Das historische Satteldach, das beim Einsturz des Anbaus in Mitleidenschaft gezogen wurde, sei mittels einer Unterspannbahn professionell vor Wind und Regen gesichert. „Das hält mindestens zwei Jahre“, so Michauk. Bis dahin hofft er, eine zufriedenstellende Lösung für den Gasthof gefunden zu haben.

Wie genau die aussehen könnte, kann der Bürgermeister aus dem Stehgreif auch nicht sagen: „Wenn ich eine Idee hätte, ich würde sie ganz sicher jemandem ins Ohr flüstern. Aber ich habe leider keine.“

Was das Gemeindeoberhaupt einem potenziellen Interessenten aber zusichern kann, ist jede Unterstützung, die im Rahmen seiner Möglichkeiten liegt. Viel Handhabe hat Michauk aber nicht: „Geld können wir eher nicht beisteuern. Aber wenn es darum geht, die Voraussetzungen für eine Umnutzung der Fläche zu schaffen oder den Eigentümer zum Thema Fördermittelbeschaffung zu beraten, gebe ich dazu, was immer ich geben kann.“

Interessenten für das Gebäude können sich jederzeit per E-Mail an die Gemeinde Großpostwitz wenden: [email protected]

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