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Wer sticht hier brutal Pferde ab?

Nachdem vor wenigen Tagen eine Stute in Dürrhennersdorf zu Tode gestochen wurde, überlebte jetzt in Berthelsdorf ein Pferd schwer verletzt, weil Hunde anschlugen.

Von Holger Gutte
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Katrin und Reiko Röthig mit ihren Kindern und einem der beiden Hütehunde auf ihrer Koppel gleich hinter ihrem Haus in Berthelsdorf. Die 29-Jährige hält hier das verletzte Pferd ihrer Freundin.
Katrin und Reiko Röthig mit ihren Kindern und einem der beiden Hütehunde auf ihrer Koppel gleich hinter ihrem Haus in Berthelsdorf. Die 29-Jährige hält hier das verletzte Pferd ihrer Freundin. © SZ/Holger Gutte

Nichts ist mehr so, wie es immer war. Bis kurz vor 21 Uhr war am Freitagabend die Welt für Familie Röthig und zwei andere Pferdehalter im Herrnhuter Ortsteil Berthelsdorf noch in Ordnung. Dann schlugen bei Röthigs im Haus plötzlich ihre zwei Hunde an. Katrin Röthig wollte gerade ihre zwei kleinen Kinder zu Bett bringen. Weil die Hunde aber total unruhig waren, lässt sie sie noch einmal raus.

"Ich war eine knappe halbe Stunde vorher noch mit den Kindern auf der Koppel und habe den Pferden Hafer gegeben. Da war nichts", sagt die 29-Jährige. Die Koppel ist gerade mal 30 Meter vom Wohnhaus der Familie entfernt. Nur eine Wiese liegt dazwischen. Die Koppel ist für sie also gut einsehbar. Eines der drei Pferde steht unnatürlich mit angewinkeltem Bein da. Katrin Röthig geht hin und macht eine schreckliche Entdeckung. 

Ist ein Pferdekiller unterwegs?

Sabo, der neunjährige Mecklenburger Warmblut-Wallach hat eine riesige Schnittwunde am linken Hinterlauf und die anderen beiden Pferde sind ungewohnt unruhig. Etwas Schreckliches musste hier passiert sein. Eine Stelle auf der Weidefläche ist total zerwühlt. Aufgeregt ruft sie sofort ihre Freundin an, die nur ein paar hundert Meter entfernt wohnt. Ihr gehört Sabo. Sie denken sofort daran, dass erst vor wenigen Tagen in Dürrhennersdorf ein Pferd brutal niedergestochen wurde, was dann seinen Verletzungen erlag. 

Die Schnittwunde ist vorbereitet zum Nähen.
Die Schnittwunde ist vorbereitet zum Nähen. © privat
Etwa 25 Zentimeter breit und sehr tief ist die Schnittwunde am linken Hinterlauf.
Etwa 25 Zentimeter breit und sehr tief ist die Schnittwunde am linken Hinterlauf. © privat
Sabo am Sonnabend, wenige Stunden nach der schrecklichen Tat. 
Sabo am Sonnabend, wenige Stunden nach der schrecklichen Tat.  © SZ/Holger Gutte
Eine große Narbe wird das Pferd behalten. Aber erst einmal muss die Wunde gut verheilen.
Eine große Narbe wird das Pferd behalten. Aber erst einmal muss die Wunde gut verheilen. © SZ/Holger Gutte

"Wir haben deshalb gleich die Polizei gerufen. Die war auch wirklich sofort da", erzählt Katrin Röthig. Und die Beamten sagten auch, dass es richtig war, sie zu informieren. Die Polizisten suchen Koppel und Wiese nach Spuren ab. Ein Zusammenhang zwischen dem niedergestochenen Pferd in Dürrhennersdorf in der Nacht zum 12. Mai liegt nahe.   

Auch ihren Mann hat Katrin Röthig inzwischen benachrichtigt. Reiko Röthig war an diesem Abend noch unterwegs von der Meisterschule, aber schon fast zu Hause. Und obwohl er um 21.30 Uhr, etwa eine halbe Stunde nach der vermutlichen Tatzeit, zu Hause ankam, hat er von den Tätern nichts mehr gesehen. "Ich bin extra von hinten über die Feldwege zum Grundstück gefahren, in der Hoffnung, dass ich vielleicht noch jemanden sehe", sagt er. Um diese Zeit ist es ja noch nicht richtig dunkel. Aber vergebens.

Katrin Röthig und Katja Hertwig, die Besitzerin von Sabo, haben Schwierigkeiten, um diese Zeit einen Tierarzt zu erreichen. "Wir haben überall angerufen", schildern sie. Bei Hagen Stark in Kemnitz haben sie Glück. Der Tierarzt kommt sofort. 

Noch auf der Koppel muss das Pferd genäht werden

Sabos Schnittwunde ist etwa 25 Zentimeter lang, tief und blutet stark. Sie muss sofort auf der Koppel genäht werden. Der Tierarzt betäubt das Pferd örtlich. Inzwischen ist es dunkel. Röthigs stellen alle Scheinwerfer auf, die sie haben.  Und sie rufen einen Bekannten, Frank Ullrich in Löbau an, der mit seinem Audio Service Veranstaltungstechnik vermietet. Er bringt ihnen noch einen großen Scheinwerfer.

Als der Tierarzt sich die Wunde ansieht, ist ihm klar, dass die sich das Pferd nicht von allein beigefügt haben kann. Das ist keine Riss-, sondern eindeutig eine Schnittwunde. "Er hat einen Finger reingesteckt und gesagt, dass die Wunde noch viel tiefer ist", schildert Katrin Röthig. Mit einem Taschenmesser ist das Pferd nicht gequält worden. Die Stichwaffe muss viel größer gewesen sein. 

"Wer macht so etwas. Wer ist hier unterwegs und sticht einfach so brutal Pferde ab", fragen sich Röthigs und die anderen beiden Pferdebesitzer. Wahrscheinlich hatte Sabo noch Glück, dass die Hunde anschlugen und im Haus sofort das Licht zum Hof anging. "Das hat den Täter vielleicht abgeschreckt und er hat deshalb nicht weitergemacht", vermutet Katrin Röthig. 

Familie hat Angst um ihre beiden kleinen Kinder

Die 29-Jährige ist schwanger und hat  Angst um ihre beiden vier- und sechsjährigen Kinder. Bisher haben sie immer hinterm Haus auf der Wiese gespielt. Dort ist es ideal für sie. Hier steht das Trampolin, befinden sich Sandkasten und andere schöne  Spielmöglichkeiten. Und hier sind die Pferde und die Hunde, die sie lieben. "Jetzt haben wir unseren Kindern gesagt, dass sie nur noch mit Mama oder Papa in den Garten dürfen", sagt die Mutter. Denn wer weiß, wie krank der Pferde-Killer ist, fügt sie hinzu.

Aus Angst, dass er wiederkommt, um sein abscheuliches Werk, wie vielleicht in Dürrhennersdorf, zu vollenden, sind sie am Freitag noch längst nicht um 23.30 Uhr ins Bett gegangen. Sabo war inzwischen ärztlich versorgt. Bis 2.30 Uhr haben sie Wache gehalten. Aber auch die restliche Nacht konnte niemand schlafen, um ja kein Geräusch zu überhören. 

Sabo stand am Sonnabend ruhig auf der Koppel inmitten der anderen beiden Pferde. Er steht unter Antibiotika. Anne Hentschel, deren Pferd vor wenigen Tagen in Dürrhennersdorf zu Tode gestochen wurde, hatte sie besucht. Die Familien wollen in Kontakt bleiben und sich austauschen, wenn es neue Nachrichten gibt. 

Die Polizei bittet um Mithilfe

Bei Anne Hentschel hatte der Pferde-Killer vermutlich um 22 Uhr zugeschlagen. Zumindest hatten sie zu dieser Zeit ungewöhnliche Geräusche gehört. Zwischen After und Scheide war alles bei ihrer Stute aufgerissen. Wie rein geschnitten sah das aus, schilderte sie damals. 

Die Kriminalpolizei ermittelt seitdem und bittet die Bevölkerung um Mithilfe. „Wer hat am Abend des 11. Mai oder gegen Mitternacht etwas Verdächtiges in Dürrhennersdorf beobachtet oder kann Angaben zu den möglichen Tätern machen?, fragt die Polizei. Jetzt wird dieses Mithilfe-Ersuchen auf die Tat vom Freitagabend in Berthelsdorf erweitert. Hinweise nimmt das Polizeirevier Zittau-Oberland unter der Rufnummer 03583 62 - 0 oder jede andere Polizeidienststelle entgegen. Und auf Facebook ruft Katrin Röthig alle Pferdehalter auf, wachsam zu sein.

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