Endlich wieder geöffnet

Radebeul. Wie sehr man etwas mag und braucht, merkt man oft erst, wenn es weg ist. Das zeigt sich in der Corona-Krise besonders. Oder hätte es jemand noch vor drei Monaten für möglich gehalten, dass Leute an die Scheibe der Radebeuler Bibliothek klopfen, weil sie unbedingt hineinwollen, um Bücher auszuleihen? Oder dass Muttis die Bibliothekare auf der Straße ansprechen und fast flehentlich fragen, wann sie wieder öffnen? Solche Fälle haben Leiterin Katharina Schmidt und ihr Team in den letzten Wochen mehrfach erlebt.
Seit Donnerstag haben die Bibliotheken in der Stadt nun wieder geöffnet und bei vielen Nutzern ist die Freude groß. Am ersten Tag kamen vor allem viele Rentner, die neuen Lesestoff brauchten. Junge Leute und Familien hatten sich interessanterweise besser eingedeckt, sagt Katharina Schmidt. An den letzten Tagen vor der Schließung wurde dreimal so viel entliehen wie sonst.
Einbahnstraße durch die Bibo
In der Bibliothek im Ledenweg dürfen jetzt maximal acht Leute gleichzeitig sein, im Kultur-Bahnhof 15. Bei Letzterem ist der Eingang provisorisch auf die Rückseite verlegt worden. Von dort kommen die Besucher, die Mundschutz tragen müssen, direkt zu einem Abgabepult, dann können sie ihre Runde durch die Bibo drehen, an einem anderen Tisch ausleihen und das Gebäude auf der Vorderseite verlassen - wie durch eine Einbahnstraße.
Die Pause haben die Mitarbeiter unter anderem genutzt, um die Sachbücher im Kinderbereich komplett neu zu ordnen und zu kennzeichnen. Statt Codes, mit denen die Besucher wenig anfangen können, stehen jetzt verständliche Stichwörter, wie "Basteln" auf den Bücherrücken.
Für Kinder gibt es noch eine andere gute Neuigkeit: Die Aktion Lesefrühling wird bis Ende Juni verlängert. Wer bis dahin mindestens zwei Bücher gelesen hat, bekommt eine Urkunde und einen Preis. Aufatmen kann auch, wer im Corona-Durcheinander die Ausleihfrist aus den Augen verloren hat. Bis 15. Mai wurden alle Medien automatisch verlängert.
Fußballtraining nur mit Abstand
Anders als sonst sieht es auch im Weinbergstadion bei den Fußballern des RBC aus. Seit Montag wird dort wieder trainiert, allerdings nach einem Notplan: Nur zwei Mannschaften halten sich gleichzeitig auf dem Platz auf, normalerweise sind es vier, erklärt Felix Gärtner vom Vorstand.
Auch das Training selbst muss anders ablaufen als gewohnt. Zweikämpfe sind nicht erlaubt und Übungsspiele dürfen nicht stattfinden, weil dabei der Abstand nicht gewahrt wäre.
Die Fußballer trainieren stattdessen unter anderem die allgemeine Athletik, Passzuspiele und Torschüsse. Umkleiden und Duschen sind geschlossen. Die Spieler müssen schon in Sportsachen zum Training kommen und auch so wieder abrücken. Geduscht wird zu Hause.

Alle Vereine wieder auf den Plätzen
Trotz all der Einschränkung ist der Verein froh, dass es wieder los gehen kann. "Uns war vor allem wichtig, die Kinder und Jugendlichen wieder auf den Platz zu holen", sagt Gärtner.
"Wir haben da als Verein auch eine Verantwortung". Bei den Spielern war die Freude beim Wiedersehen auf dem Platz besonders groß. Weil die Schulen geschlossen sind, hatten sich viele seit Wochen nicht getroffen.
Die Jugendlichen hatten sogar in Eigenregie Videokonferenzen organisiert, um gemeinsam Fitnessübungen machen zu können. Gemeinsam auf dem Platz stehen, ist aber doch etwas anderes.
Nicht nur die Fußballer vom RBC sind erleichtert, dass es weitergeht. Als die Stadtbäder und Freizeitanlagen GmbH Radebeul, die für die Sportplätze zuständig ist, den Vereinen grünes Licht für die Nutzung der Anlagen gab, kamen sofort viele Rückmeldungen.
"Es haben alle gesagt, dass sie wiederkommen", sagt Geschäftsführer Titus Reime. Die sbf Gmbh hat den Vereinen die Regeln geschickt, die jetzt gelten. Zum Beispiel muss beim Laufsport der Mindestabstand noch größer sein, bis zu zehn Meter, je nach Geschwindigkeit. Für Publikum bleiben die Sportplätze weiterhin gesperrt.
Wieder Kunst- und Kultur genießen
Sieben Wochen lang war auch das Karl-May-Museum geschlossen. Viel Zeit, um mal alle Figuren aus den Vitrinen zu holen und gründlich zu reinigen. Jetzt können sie wieder besichtigt werden. Am ersten Tag kamen 13 Besucher, mit noch deutlich mehr rechnet Pressesprecher Kevin Sternitzke am Wochenende.
Führungen dürfen allerdings noch nicht stattfinden, auch alle Monitore und Stationen zum Anfassen sind gesperrt. "Wir sind trotzdem sehr froh, dass wir aufmachen durften", sagt Sternitzke.
Die Schließzeit wurde im Museum auch genutzt, um ein neues digitales Wissenschaftsmagazin mit Interviews und Objekterklärungen zu erarbeiten. Nächste Woche soll die erste Folge von "May Brain" erscheinen.

Kunstinteressierte können jetzt auch wieder die Stadtgalerie in Altkötzschenbroda besuchen, geöffnet ist dienstags und donnerstags von 14 bis 18 Uhr sowie am Sonntag von 13 bis 17 Uhr.
Auch dort gelten Hygiene- und Abstandsregeln: Maximal fünf Besucher dürfen sich gleichzeitig in der Galerie aufhalten, außerdem müssen sie Mundschutz tragen. Aktuell ist die Ausstellung "Blickwechsel" mit Malerei, Grafik und Keramik der Künstlerin Mechthild Mansel zu sehen. Weil zuletzt so lange geschlossen war, wird die Schau bis zum 21. Juni verlängert.
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