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So jung wie Bratislava muss man erst mal werden

Wer jung und hip ist in der Slowakei, den zieht es in die Stadt an der Donau. Aber was machen die vielen Asiaten hier? Aus der Serie "Wie geht's, Brüder?".

Von Olaf Kittel
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Das junge Paar kam aus den USA zu einem kurzen Besuch nach Bratislava. Wie die meisten Touristen per Schiff auf der Donau aus dem nahen Wien.
Das junge Paar kam aus den USA zu einem kurzen Besuch nach Bratislava. Wie die meisten Touristen per Schiff auf der Donau aus dem nahen Wien. © Matthias Schumann

Auf ihrer Entdeckungs-Reise durch Osteuropa sind die beiden SZ-Reporter inzwischen in der Slowakei angekommen. Hier berichten Sie aus der Hauptstadt des kleinen Landes:
  
In Bratislava haben wir kein Glück. Es regnet in Strömen, die Füße sind nass, die Klamotten klamm. Vor lauter Regenschirmen kann man im Altstadt-Gedränge kaum was sehen. Der Fotograf hat alle Hände voll zu tun, seine Technik trocken zu halten. So richtiges Mistwetter eben.

Aber so viel sehen wir schon: Die Altstadt ist ein Schmuckstück geworden. Die meisten Häuser sind aufwendig saniert, sie glänzen barock, viel Stuck, viel Gold, viel Zierrat. In den engen Gassen ein Geschäft am anderen, noch mehr Restaurants und Cafés. Nahezu alle sind mitten in der Woche voll besetzt, trotz des Wetters auch die überdachten Plätze im Freien.

Drei große Gruppen von Altstadt-Besuchern fallen uns in Bratislava auf, nur eine ist keine Überraschung: Ältere Paare sind unschwer meist als Touristen aus Österreich, Deutschland, Tschechien oder Ungarn auszumachen. Wie überall in östlichen Mitteleuropa, es gibt ja auch genug zu sehen in der Stadt. Neben der Altstadt auch die Burg und die angeblich längste Hängebrücke Europas über die Donau, die um 1970 zum Wahrzeichen der Stadt wurde. 

Wer aus der DDR damals auf dem Weg nach Ungarn, Rumänien oder Bulgarien war und in Bratislava Station gemacht hat, dürfte die Bilder noch im Kopf haben. Die damals unsanierte Altstadt dürfte eher keine bleibenden Erinnerungen hinterlassen haben. 450 Kilometer entfernt von Dresden - das war damals eine vernünftige Tagesreise mit Trabi oder Wartburg, manche haben das wohl auch mit der Schwalbe versucht.

Ein kleiner Rundgang durch Bratislava

© Matthias Schumann
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Die zweite Gruppe, die uns auffällt, sind junge Einheimische, die die Cafés und Geschäfte bevölkern. Es sind erstaunlich viele. Die kleine Hauptstadt mit nur etwa 440 000 Einwohnern ist ein Magnet für die ganze Slowakei, es gibt nur die eine Metropole im Land. Hier sind die meisten Unis, hier locken gut bezahlte Jobs, das coole Wien ist um die Ecke. Wer also jung und hipp ist, flieht ziemlich sicher aus dem noch sehr traditionellen slowakischen Landleben und zieht in die Hauptstadt. Das Durchschnittsalter soll deshalb hier bei 33 Jahren liegen. Kaum zu glauben, einen ähnlichen Schnitt haben nur große Städte in China oder Vietnam zu bieten. Zum Vergleich: Der Dresdner ist im Durchschnitt 43 Jahre alt, der Pirnaer bereits 55.

Die dritte Gruppe hätten wir nun gar nicht hier vermutet: Asiaten. Die Innenstadt ist voller Japaner, Chinesen, Koreaner. Woher kennen die die kleine Slowakei? Freilich auch Amerikaner, Australier und so weiter. Machen die wirklich alle Urlaub in Bratislava? Beim Bummel an der Donau entlang wird klar, wie sie hierher kommen: mit dem Schiff aus Wien. Bratislava und die österreichische Hauptstadt verbindet seit einiger Zeit eine leistungsfähige Schnellverbindung, in zwei Stunden ist man da. Zwei alte europäische Städte in zwei Ländern innerhalb eines Tages - da kann der japanische oder chinesische Tourist nicht nein sagen. Notfalls geht das auch im strömenden Regen, Hauptsache der Speicher vom Smartphone ist nicht voll.

Morgen geht`s weiter, von Bratislava wollen wir Richtung Wien, dann am Neusiedler See vorbei und an die Grenze bei Sopron. Wir werden uns also in der Gegenrichtung zum damaligen DDR-Flüchtlingszug der österreichisch-ungarischen Grenze nähern, Dort wollen wir uns die bisher wenig bekannte Erinnerungsstätte an das paneuropäische Picknick von 1989 ansehen und haben uns mit einem Ungarn verabredet, für den die Grenzöffnung damals ganz praktische Auswirkungen auf sein Leben hatte, und zwar bis heute.

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