Katja Schäfer
Zum Abschied hat Silvia Hänsch ein großes Geschenk bekommen. Aber das kann die langjährige Kämmerin der Stadt Wilthen nicht mit nach Hause nehmen. Es ist nichts Materielles. „Es war für mich einer der schönsten Momente in all der Zeit, als nach 15-jährigen Bemühungen endlich die Finanzierung für die neue Sporthalle klar war“, sagt Silvia Hänsch.
Der Baustart vor wenigen Tagen fiel mit ihrem Abschied aus der Stadtverwaltung zusammen. Seit Anfang dieses Monats kümmert sich die 58-Jährige nicht mehr um die Finanzen von Wilthen. Jetzt ist sie ausschließlich Geschäftsführerin der Wilthener Wohnungsbaugesellschaft WWG. Zuvor hat sie fast vier Jahre lang beide Jobs parallel erledigt. Silvia Hänsch habe dafür gesorgt, dass die Stadt finanziell so gut dastehe, lobt Bürgermeister Michael Herfort (CDU), als er seine Mitarbeiterin verabschiedete. „Sie hat immer so gewirtschaftet, als wäre es ihr eigenes Geld.“ Und das 27 Jahre lang.
Im Mai 1988 trat die studierte Ökonomin ihren Dienst bei der Stadt an, als Stadtrat für Finanzen, wie es damals hieß. „Zu DDR-Zeiten hatte die Stadt kein eigenes Geld. Alles wurde vom Kreis zugeteilt“, erinnert sich Silvia Hänsch. Die Wende brachte eine große Umstellung. „Plötzlich war alles neu. Wir mussten unheimlich viel lernen, und das alles neben dem täglichen Geschäft“, sagt die Wilthenerin, die dankbar ist, dass Fachleute aus der Partnerstadt Eppelheim damals halfen. „Es war sehr anstrengend, aber hat auch unglaublich viel Spaß gemacht. Denn es war eine riesengroße Herausforderung und man hatte das Gefühl, was aufzubauen.“
Immer neue Aufgaben kamen hinzu
Silvia Hänsch liebt Zahlen. Mathematik war schon in der Schule eins ihrer Lieblingsfächer. „Viele Leute denken, Finanzen zu verwalten, ist trocken. Aber das stimmt nicht“, sagt sie und nennt ein Beispiel: „Wenn man ein festgelegtes Budget hat, von dem zig Leute was haben wollen, und man für die Aufteilung verantwortlich ist – das ist alles andere als langweilig.“ Durch mehrere Umstrukturierungen im Rathaus bekam Silvia Hänsch immer neue Aufgaben hinzu. Amtsleiterin für Bau, Administration und Finanzen nannte sich ihre Stelle zuletzt. Im Herbst 2011 übernahm sie zusätzlich den Job als Geschäftsführerin der Wohnungsbaugesellschaft. „Das war nur möglich, weil ich jahrelange Erfahrungen und sehr gute Mitarbeiter hatte“, sagt sie.
In beiden Bereichen gab es in den letzten Jahren große Herausforderungen. Die Stadt führte ein neues Rechnungswesen ein, das eine Eröffnungsbilanz erforderte. Dafür war das Vermögen der Stadt zu ermittelt. Jeder Meter Straße musste vermessen, jedes Möbelstück bewertet werden, um nur zwei Beispiele zu nennen. „Das war eine enorme Zusatzbelastung neben der täglichen Arbeit“, sagt Silvia Hänsch. Zeitgleich standen bei der Wohnungsgesellschaft große Baumaßnahmen an. Zum ersten Mal wurden in Wilthen an einem Plattenbaublock Fahrstühle installiert und Altbaublöcke mit Wärmeschutz versehen.
Spaziergänge helfen beim Abschalten
Erholung findet Silvia Hänsch bei Spaziergängen mit ihrem Hund. Jeden Tag ist sie mit dem französischen Schäferhund der Rasse Briard mindestens anderthalb Stunden draußen. „Das hilft mir beim Abschalten. Dabei ist Zeit, dass sich das hier oben sortiert“, sagt sie und zeigt auf ihren Kopf. Trotzdem empfand sie es nach einiger Zeit als zu viel, die beiden Jobs mit ihren „extrem hohen Anforderungen“ parallel zu bewältigen, und bat den Bürgermeister, sie von einer Funktion zu entbinden. Auf seine Frage, welcher Job ihr lieber sei, nannte sie den Geschäftsführerposten.
Ihre bisherigen Aufgaben im Rathaus erledigt jetzt ein junger Mitarbeiter. „Bei Stefan Richter weiß ich meine Arbeit in guten Händen“, sagt Silvia Hänsch. Sie ist nun für die 760 Wohnungen der Wohnungsbaugesellschaft zuständig und hat dabei auch viel mit Zahlen zu tun, zumal die bisherige Buchhalterin in Rente geht und die Chefin deren Aufgaben übernimmt.