Winnetous Kämpfer

Links bleibt links und rechts bleibt rechts. Für die Teilnehmer des Castings an den Landesbühnen Sachsen war dieser Satz am Sonnabend nicht unwichtig. Schließlich wurden Kampfkomparsen gesucht, die auf der Felsenbühne Rathen mit und gegen Winnetou kämpfen. Eine falsche Bewegung oder fehlende Kommunikation können selbst bei einem Schaukampf schnell dazu führen, dass die Faust nicht links am Kopf vorbei geht, sondern mitten im Gesicht landet.
Zehn Männer und Frauen im Alter zwischen 15 und 57 Jahren waren am Wochenende dem Aufruf der Landesbühnen gefolgt und ließen sich von Stuntkoordinator Holger Kahl (55) vom Stuntteam Awego zeigen, wie man auf der Theaterbühne stil- und effektvoll kämpft. Bevor es jedoch dazu kam, mussten die Teilnehmer zunächst verschiedene Übungen absolvieren. Auf dem Programm stand unter anderem eine Sprungrolle. Ähnlich wie beim Judo mussten sie sich schwungvoll auf den Boden schmeißen und abrollen. „Bitte nicht auf dem Kopf landen“, ermahnte Holger Kahl die zehn Bewerber, damit sich niemand verletzt. Später steigerte er die Herausforderung. Dazu legte er sich auf den Boden, und die Teilnehmer hatten die Aufgabe, über ihn hinweg zu springen und abzurollen. Die richtige Haltung der Schulter und der Arme war dabei essenziell.
Die Stunts seien ein Kompromiss zwischen Sport und Kunst, sagte Kahl, der auch ein wenig aus dem Nähkästchen plauderte. „Wer im Film oder im Theater bei einer großen Schlacht einmal den Hintergrund betrachtet, kann sehen, dass dort gar nicht so viel geschieht. Stattdessen sind es gleichförmige Bewegungen, die ständig wiederholt werden“, sagte Kahl, der dies den Castingteilnehmern mit einer kleinen Rangelei verdeutlichte. Dabei fassten sie sich gegenseitig an die Schultern, balancierten sich aus und führten beinahe tanzende Bewegungen aus. Holger Kahl bestätigte diese Beobachtung: „Kampf hat viel mit Tanzen zu tun“, sagte er.

Alle zehn Teilnehmer des Castings waren mit Freude bei der Sache und hatten jeweils eine ganz eigene Motivation, warum sie ab Mai auf der Felsenbühne Rathen als Kampfkomparsen mit dabei sein wollen. „Ich bin ein großer Karl-May-Fan, und außerdem habe ich Lust am Schauspielen“, sagte der Radebeuler Frank Langner (57). Die Übungen fand er in Ordnung. „Ich bin zwar nicht ganz so sportlich. Dennoch bin ich gut klargekommen“, so Langner. Eher durch Zufall gelangte Karola Hanke (52) aus Freital zu dem Casting. „Meine Tochter hat mich über Facebook darauf aufmerksam gemacht. Aber ehrlich gesagt, hatte ich überlesen, dass es sich um Kampfkomparsen handelt. Da ich seit vielen Jahren reite, dachte ich, dass man auch bei diesen Stunts mitwirken kann“, sagte Hanke, die bereits vor einigen Jahren einmal als Komparsin in einem Stück mitgewirkt hat. Ähnlich ist das auch bei Monique Lotze (23) aus Dresden. „Theater und Schauspiel interessieren mich. Ich habe schon mal bei einer Aufführung im Festspielhaus Hellerau mitgespielt.“ Da sie sechs Jahre Karate betrieben hat, habe sie jetzt die Rolle als Kampfkomparsin gereizt.
Als das Casting in den Katakomben der Landesbühnen nach reichlich einer Stunde zu Ende geht, zieht Stuntkoordinator Holger Kahl ein positives Fazit: „Alle Teilnehmer waren motiviert und leistungsbereit. Zudem war die Mischung von Männern und Frauen sowie Alt und Jung recht gut“, sagte Kahl. Wie Regieassistentin Janine Wanek (38) mitteilte, haben alle eine Chance, mit dabei zu sein.
„Uns sind in den vergangenen Jahren Statisten abhandengekommen. Teilweise aus beruflichen Gründen und teilweise aus Altersgründen“, erklärte Wanek den Bedarf an neuen Leuten. Allerdings weiß sie auch, dass es nicht bei jedem klappen wird. „Das ist ein weiter Weg nach Rathen. Zudem ist die Aufgabe zeitaufwendig. Von daher spielt es auch eine Rolle, ob wir mit den Interessenten passende Termine finden.“ Als Aufwandsentschädigung erhalten die Komparsen nach Angaben der Landesbühnen pro Einsatz etwa 40 Euro. Bei wiederholten Einsätzen kann sich der Betrag auch erhöhen.
Die erste Vorstellung von „Winnetou I“ auf der Felsenbühne Rathen findet am 25. Mai, 15 Uhr statt.