Herr Heinze, durch ihre Initiative wurde im Stadtrat beschlossen, eine Arbeitsgruppe zu gründen, die sich verstärkt dem Thema Straßenverkehr in Tharandt zuwenden soll. Warum?
Ein Lärmgutachten vom vergangenen Jahr hat gezeigt, dass es in Tharandt an einigen Punkten zu laut ist. Das Gutachten wurde vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie im Auftrag der betroffenen Kommunen erstellt. Untersucht hat man Straßen, auf denen pro Jahr mehr als drei Millionen Fahrzeuge unterwegs sind. Das betrifft bei uns die S 194 vom Ortseingang bis zur Freiberger Straße. An einigen Stellen, zum Beispiel in der Marktkurve, wurden gesundheitsgefährdende Werte festgestellt. Keine Extremwerte, aber durchaus solche, die mittelbare Schäden wie Schlafstörungen oder auch erhöhtes Herzinfarktrisiko zur Folge haben können.
Kein extremer Lärm, betroffen ist lediglich eine Hauptverkehrsstraße. Warum sehen Sie dennoch Handlungsbedarf?
Der Lärmkartierung liegen lediglich Berechnungen zugrunde, keine konkreten Messungen. Zum Beispiel wurde die Pienner Straße nicht untersucht, weil sie – den Zahlen nach – nicht als Hauptverkehrsstraße gilt und die Untersuchung deshalb nicht vorgeschrieben ist. Man muss aber bedenken, dass dort auch die Bahn entlangfährt. Geräusche, die dadurch entstehen, fallen aus der Berechnung heraus, obwohl die Anwohner sie natürlich wahrnehmen. Das Lärmgutachten hat also seine Schwachstellen und nicht nur ich vermute, dass in Tharandt an viel mehr Stellen zu viel Lärm ist.
Die Arbeitsgruppe soll nun gegründet werden, um Maßnahmen gegen den Lärm zu erarbeiten. Wie könnten solche Maßnahmen aussehen?
Zunächst müsste man die Stellen klar benennen, an denen Menschen durch Lärm beeinträchtigt werden. Dann stellt sich die Frage, was man dagegen tun kann. Ortsumfahrungen oder Dreifachverglasung der Fenster sind für Tharandt unrealistisch und zu kostenintensiv. Eine Möglichkeit wäre, für den Stadtkern das Tempolimit 30 einzuführen. Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass sich eine Lärmbelastung dadurch merklich verringern kann.
Die betroffenen Strecken sind nicht sehr lang, die Autofahrer würden also auch nicht viel Zeit einbüßen. Eine andere Möglichkeit wäre, den Straßenverkehr auf unterschiedliche Verkehrsmittel zu verteilen. Fahrrad und öffentlicher Nahverkehr bieten sich da an.
An dieser Stelle ist sicher auch der geplante Radweg ein Thema.
Ja. Auch mit der Radwegkonzeption 2020 wird sich die Arbeitsgruppe befassen. Man kann es keinem verübeln, wenn er lieber aufs Auto zurückgreift, um nach Freital oder Wilsdruff zu kommen. Mit dem Rad ist es einfach zu gefährlich. Ich bin selber einmal mit Kinderanhänger am Fahrrad über die S 194 nach Freital gefahren – und das habe ich nie wieder gemacht. Es gibt kaum eine sichere und kürzere Strecke, um per Fahrrad aus Tharandt herauszukommen. Auf der anderen Seite brauchen wir aber auch gute Anbindungen durch den öffentlichen Nahverkehr. Wenn es weniger Autos auf den Straßen geben soll, muss man auch gute Alternativen bieten.
Wer soll in der Arbeitsgruppe aktiv sein?
Jeder, der möchte und Ideen hat. Sicher werden sich einige Stadträte und Mitglieder des Radteams Tharandter Wald beteiligen. Je mehr Bürger sich einbringen, umso größer ist am Ende die Akzeptanz für die Maßnahmen. Ziel ist es, einen Lärmaktionsplan zu erstellen, den die Bürger auch mittragen können. Soweit möglich, würden wir gerne mit dem Landesamt für Straßenbau und Verkehr zusammenarbeiten. Alleine kann die Stadt wenig erreichen – auf die Staatsstraßen hat die Gemeinde keinen Einfluss. An vielen Stellen sind wir deshalb auf andere angewiesen.
Das Interview führte Susanne Sodan.