SZ +
Merken

„Wir haben über 1000 Grad Celsius erreicht“

Jens Glasewald von der Feuerwehr Weißwasser im SZ-Interview über die Brandexperimente am Hochhauskomplex.

Teilen
Folgen

Die Feuerwehr Weißwasser begleitete in der vergangenen Woche mit zwölf Kameraden sechs Brandexperimente in einem leerstehenden Plattenbau in der Graf-von-Stauffenberg-Straße. Die Wissenschaftler von der Universität Magdeburg, die die Versuche federführend vorbereiteten und durchführten, werden noch Wochen und Monate benötigen, um die Ergebnisse auszuwerten. Ein vorläufiges Resümee für die SZ zieht Jens Glasewald, der für die Versuche bei seinem Arbeitgeber, der Berufsfeuerwehr Dresden, extra Urlaub beantragt hatte.

Weißwasser.    Test Übung Experiment.  Feuerwehr aus Weißwasser, Görlitz, Frankfurt.  Universität Magdeburg.  BAM Bundesanstalt für Materialforschung und - prüfung.    Ausbreitung und Entwicklung von Rauch, Gas und Feuer.  1. Brennender Kinderwagen im Hau
Weißwasser. Test Übung Experiment. Feuerwehr aus Weißwasser, Görlitz, Frankfurt. Universität Magdeburg. BAM Bundesanstalt für Materialforschung und - prüfung. Ausbreitung und Entwicklung von Rauch, Gas und Feuer. 1. Brennender Kinderwagen im Hau

Herr Glasewald, zwei Tage haben die Brandexperimente gedauert. Was konnten Sie ausprobieren?

Wir haben mehr Experimente geschafft, als ursprünglich geplant waren. Zusätzlich zu den beiden, unterschiedlich verlaufenen Wohnungsbränden und den beiden Versuchen mit den brennenden Kinderwagen im Hausflur, konnte getestet werden, wie sich Feuer im Versorgungsschacht auswirkt, und was passiert, wenn Polyurethanschaum im Treppenhaus Feuer fängt.

Wie konnten Sie mehr Experimente schaffen, als vorgesehen?

Das Zeitraubendste bei solchen Versuchen sind der Aufbau und die Justierung der Messtechnik. Aber wenn die steht, geht alles andere vergleichsweise schnell. Außerdem lief die Zusammenarbeit mit den Kollegen von der Uni Magdeburg absolut reibungslos.

Sie sind mit den Experimenten also zufrieden?

Ich finde, die Experimente verliefen absolut erfolgreich. Und ich glaube, dass alle Beteiligten mit dem Verlauf mehr als zufrieden sind. Ich gehe davon aus, dass wir belastbare Ergebnisse erhalten, die bundesweit zur Kenntnis genommen werden. Das Interesse war übrigens hoch. Wir hatten Besuch von Kollegen der Berufsfeuerwehren Cottbus, Dresden, Görlitz, Dessau und Frankfurt am Main. Außerdem waren Kreisbrandmeister Peter Eichler und Kollegen des Kreisfeuerwehrverbandes da.

Welche Ergebnisse haben die zwei Tage aus Ihrer Sicht gebracht?

Noch sind die Messdaten nicht ausgewertet. Das wird noch dauern. Das machen auch nicht wir, sondern die Wissenschaftler von der Uni Magdeburg – und ihnen wollen wir auch nicht vorgreifen.

Was können Sie zu den Wohnungsbränden sagen?

Wir haben einmal ausprobiert, wie der Brand bei geschlossenen Fenstern verläuft. Beim zweiten Versuch blieben die Fenster gekippt. Waren sie zu, blieb das Feuer lokal begrenzt und ging irgendwann von selbst aus. Der Sauerstoff war nach wenigen Minuten aufgebraucht. Aus! Wir haben dann eines der Fenster eingeworfen, um zu sehen, ob das Feuer noch einmal durchzündet. Das war nicht der Fall. Bei gekippten Fenstern breitete sich der Brand in Kürze über die ganze Wohnung aus. Die Temperaturen kletterten so hoch, dass sich die Gebäudedecken durchbogen. Wo sehr hohe Temperaturen herrschten, sogar um mehrere Zentimeter. Dazu gibt es bisher noch keine Untersuchung.

Welche Temperaturen wurden maximal erreicht?

Das war bei den unterschiedlichen Versuchen verschieden. Generell lässt sich sagen, dass die Brandhitze bis über 1 000 Grad Celsius erreichte.

Was ist mit den Versuchen mit brennenden Kinderwagen im Treppenhaus?

Der Rauch zog bis in den dritten Stock. Der vierte war aber weitgehend rauchfrei. Das hätte im Ernstfall bedeutet, wenn Bewohner aus dem vierten Stock durchs Treppenhaus hätten fliehen wollen, wären sie voll in ihr Verderben gerannt.

Was hat Sie überrascht?

Vieles –  aber vielleicht eines ganz besonders: Bei dem Wohnungsbrand mit gekippten Fenstern war die Wohnung innerhalb von acht Minuten voll von giftigen Rauchgasen. Für die Bewohner hätte das tödlich enden können.

SZ-Interview: Thomas Staudt

Ein letztes Experiment läuft am 8. Mai. Dann soll die Sicherheit von Dämmsystemen für Fassaden getestet werden. Die Dämmung wird eigens dafür aufgebracht. Das war bisher wegen der tiefen Temperaturen nicht möglich.