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„Wir sind gut gerüstet“

Schulterschluss demonstrieren die leitenden Chefärzte der Krankenhäuser in Riesa und Großenhain derzeit, wenn es um die Zukunft geht.

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Von T. Riemer und B. Ulbricht

„Unsere Klinik-Strukturen sind jeden Tag auf dem Prüfstand“, sagt der Riesaer Chef Dr. Frank Zinsser. Und bezieht sich damit auf einen Artikel in der SZ Ende Februar. Darin hatte die SPD-Kreistagsfraktion die Debatte ins Rollen gebracht, die vor allem in Großenhain für einen Aufschrei sorgte. Das Schüren von Emotionen sei dem „Ziel des Klinikums zur Entwicklung zu einem wettbewerbsfähigen Plankrankenhaus abträglich und verunsichert unnötig Patienten, Bevölkerung und Mitarbeiter des Klinikums“, schrieben die leitenden Chefärzte, die Verwaltungs- sowie die Pflegedienstleiter beider Häuser daraufhin in einer Erklärung.

Die Kliniken sind seit 1996 ein Eigenbetrieb. Dass der Quasi-Zusammenschluss nicht reibungslos verlief, weiß auch Frank Zinsser. „Doch die Front geht nicht nur durch die Kliniken“, sagt er. Die Differenzen zwischen Riesa und Großenhain auf vielen Gebieten seien schon traditionell, wenn auch für ihn unverständlich. Und die Diskussion beweise, dass die Situation nach wie vor eine sehr diffizile ist. Daher sei die jüngste Mittelzentrum-Debatte über die Großenhainer Zukunft Öl ins Feuer gewesen.

Für die Krankenhäuser indes mag er das nicht bestätigen. Sicher habe es hier und da in der Vergangenheit Diskrepanzen gegeben. Aber das sei meist Sache zwischen einzelnen Personen gewesen. „Das hat sich gegeben“, so Zinsser.

Für den gelernten Kinderarzt ist klar, dass sich der Eigenbetrieb stets als Ganzes verstehen muss. „Wir müssen doch sehen, dass das Geld bei uns bleibt“, sagt er. Und das unter dem Aspekt, dass sich mit der Einführung des DRG-Systems (Diagnosis Related Groups) die Verweildauer von Patienten erheblich verringern wird. Das, so die Mutmaßung von Experten, könnte zu einer Verringerung der Bettenzahl um bis zu 30 Prozent führen.

Stationäre Dialyse als

Aushängeschild

„Man wird weiter konzentrieren müssen“, ist sich der leitende Chefarzt aus Riesa daher sicher. Und er verhehlt nicht, dass beim Personal auch Existenzängste da seien. Von der Milchmädchen-Rechnung, dass eine Krankenhaus-Schließung in Großenhain genau den prognostizierten Bettenverlust ausmachen wird, will er aber nichts wissen. „Eine Schließung bedeutet für den Eigenbetrieb Patienten- und Budgetverlust“, so Frank Zinsser. Und es sei längst nicht gesagt, dass alle Patienten aus der Kreisstadt dann auch nach Riesa kämen.

Ein Drittel vielleicht, rechnet der Chefarzt. Denn viele würde es wohl auf Grund der geografischen Nähe nach Meißen oder Elsterwerda ziehen. Der Großenhainer Chefarzt Dr. Jörg Kotsch sieht den Eigenbetrieb in der bereits jetzt vorhandenen Spezialisierung wirtschaftlich und fachlich auf dem richtigen Weg. Die Nierenheilkunde mit Dialyse sowie die Gefäßchirurgie sind für das Großenhainer Haus ein Aushängeschild. Gerade die stationäre Dialyse, auf die sich Großenhain spezialisiert hat, sei in Deutschland eine Seltenheit. Steigende Patientenzahlen in diesen Bereichen belegten den guten Ruf. Die Innere-, die Frauenabteilung und die Chirurgie müssten in der jetzigen Versorgung erhalten bleiben. „Ich glaube, wir sind für die kommenden Aufgaben ganz gut gerüstet“, sagt Kotsch. Er ist sich sicher: Das neue Abrechnungsmodell (pro medizinischen Fall gibt es dann eine Pauschale), an dem sich das Großenhainer Krankenhaus schon dieses Jahr beteiligt, wird genau das zeigen.

Jetzige Struktur muss modifiziert werden

Auch für Frank Zinsser ist klar, dass der Landkreis keine Defizite in seinen Krankenhäusern auffangen kann. Die Abschlüsse für den öffentlichen Dienst bringen jedoch erhebliche Mehrbelastungen. Ob dies zwingend zu einer Privatisierung des Eigenbetriebes führen muss, weiß auch Dr. Zinsser nicht, schließt es aber auch nicht aus. „Auf Dauer werden die jetzigen Strukturen sicher modifiziert werden müssen“, sagt er. „Wichtig ist nur, dass der Krankenhaus-Betrieb überlebt.“

Der Antrag der SPD-Kreistagsfraktion, eine Expertenrunde zur Prüfung der Effizienz beider Häuser einzusetzen, wird am 8. April im Betriebsausschuss der Kliniken erneut diskutiert. „Wir haben mit allen großen Fraktionen einen einvernehmlichen Modus gefunden und wollen unseren Antrag im nächsten Kreistag modifizieren“, kündigt Fraktionschef Günter Colve auf Nachfrage der Sächsischen Zeitung an. Mehr wolle er dazu aber zurzeit nicht sagen.