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„Wir sind stolz auf die Evi“

Die Bürgerinitiative ist glücklich mit der Wahl in Neißeaue. Auch die Einwohner stehen hinter ihrer neuen Chefin.

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Von Steffen Gerhardt

Kaltwasser zeigte am Sonntagabend wieder einmal, dass es versteht, Erfolge zu feiern. Denn seine zweite Ortsvorsteherin ist die neue Bürgermeisterin von Neißeaue. Da knallten nicht nur die Sektkorken, auch ein Feuerwerk zischte in den Himmel über Kaltwasser. Am 1. Juli (und nicht am 1. Juni, wie gestern in der SZ geschrieben) tritt die 54-Jährige die Nachfolge von Amtsinhaber Ewald Ernst an. „Das Glücksgefühl und die Euphorie nach dem Wahlergebnis stecken immer noch in mir“, sagte Evelin Bergmann gestern im Gespräch mit der SZ.

Denn in den vier Wahlbezirken von Neißeaue holte sie jedes Mal die klare Mehrheit an Stimmen. Besonders aber in ihrem Heimatort Kaltwasser. Hier gehörten ihr rund 91 Prozent der gültigen Stimmen (195). Während ihre beiden Konkurrenten – Bürgermeister Ewald Ernst und Johannes Fromm aus Groß Krauscha – auf nur neun, beziehungsweise acht Stimmen kamen. Evelin Bergmanns Engagement hat sich ausgezahlt: „Meine Handzettel habe ich in der gesamten Gemeinde selbst verteilt und ich stellte mich auf sechs Wahlveranstaltungen in allen Ortsteilen vor“, fasst sie ihren Wahlkampf zusammen. Dass sie Klinken putzen gegangen ist, schlägt sich in einer überdurchschnittlichen Wahlbeteiligung nieder. 65 Prozent der Wahlberechtigten gaben am Sonntag ihre Stimme ab. Zum Vergleich: Bei der Bürgermeisterwahl vor sieben Jahren waren es nur 47 Prozent der Wahlberechtigten von Neißeaue, die in den Wahllokalen ihr Kreuz machten. Zur Wahl am 7. Mai 2006 hatten sich Bürgermeister Ewald Ernst und der Deschkaer Wehrleiter Enrico Neu gestellt. Ewald Ernst bekam 72 Stimmen mehr als Enrico Neu.

Kaltwasser hatte damals mit Abstand die geringste Wahlbeteiligung. Sie lag bei 39 Prozent. Diesen Sonntag stieg sie auf 75 Prozent. Ein Spitzenwert in Neißeaue. Dieser vergrößerte auch den Abstand von Evelin Bergmann zu Ewald Ernst. 466 Stimmen hatte die Kaltwasseranerin mehr als der Amtsinhaber. SZ wollte gestern auch den Bürgermeister zum Wahlausgang befragen, aber für eine Stellungnahme war Ewald Ernst nicht zu erreichen.

Andrea Wiedmer, Ortsvorsteherin und Vorsitzende der Bürgerinitiative „Kein Giftmüll in Neißeaue“, ist über das Wahlergebnis „happy“. „Wir haben zwar alle gehofft, dass es die Evi macht, aber mit so einem Vorsprung hat keiner von uns gerechnet. Wir sind stolz auf die Evi!“, sagte die Kaltwasseranerin. Denn für die Bürgerinitiative war es eine Zitterpartie um den Bürgermeisterkandidaten. Bei dem ersten Bewerber ließen sich Beruf und Amt nicht unter einen Hut bringen. Doch Ewald Ernst wollte ihr nicht allein das Feld überlassen. „Wir waren froh, als sich Evelin Bergmann für die Kandidatur von sich aus bereit erklärte“, sagt Andrea Wiedmer. „Das erfolgte aber nach reichlicher Überlegung“, ergänzt die frisch Gewählte. Denn trotz allem Enthusiasmus, das verdiente Geld muss zum Leben reichen. Also bleibt sie weiter im Dienst der Görlitzer Barmer GEK, wenn auch verkürzt. „Meine Vorstellungen sind, einen bis eineinhalb Tage in der Woche für die Gemeinde und ihre Bürger tätig und da zu sein.“

Denn das hat sie auch aus ihren Wahlversammlungen mitgenommen: Der Bürgermeister ist der Meister für die Bürger. Deshalb hat sie sich auch unter dem Motto „Für eine neue Gesprächskultur“ der Wahl gestellt. „Ich will die Leute mit ihren Anliegen oder Problemen hören, sie dabei ernst nehmen und mit ihnen nach einer Lösung suchen. Denn es sind nicht immer die großen Investitionen, die dem Bürger helfen.“ Dabei erkennt Evelin Bergmann die Leistungen vom Amtsinhaber Ewald Ernst an.

Bis zum Amtsantritt will die Kaltwasseranerin ein Programm erarbeiten, „mit dem ich die ersten einhundert Tage bestehen möchte“, sagt sie. Oberste Priorität hat ein stabiler Haushalt, gefolgt vom Hochwasserschutz in der Gemeinde, dem Erhalt der Grundschule und der Sicherheit in den Ortschaften. Das lässt sich nur erfolgreich umsetzen, wenn auch der Gemeinderat mitzieht, ist sie überzeugt. Dem stimmt auch Johannes Fromm zu. Er war der dritte Bewerber um das Ehrenamt des Bürgermeisters und sitzt mit im Gemeinderat. „Mit dem Wahlergebnis bin ich zufrieden. Verwundert haben mich aber die wenigen Stimmen, die Ewald Ernst bekam. Er konnte nicht von seinem Amtsinhaberbonus zehren“, sagt der Diplom-Ingenieur, der sich für die Initiative „Bürger für Neißeaue“ aufstellen ließ.

„Frischen Wind“ wird Evelin Bergmann in die Gemeinde bringen. Davon ist nicht nur Johannes Fromm überzeugt, sondern auch der Vorsitzende des Verwaltungsverbandes Weißer Schöps/Neiße, Torsten Hänsch. „Ich habe Frau Bergmann unsere Unterstützung als Verwaltung zugesagt, und ich denke, die Bürger von Neißeaue haben eine gute Wahl getroffen.“ Dass sie jetzt rechtskräftig ist, bestätigte gestern Torsten Hänsch als zuständiger Wahlleiter.