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Wir sind zurück in Görlitz!

Die Gründe der Rückkehr sind verschieden. Dochnicht immer werden dieErwartungen an zu Hause auch gleich erfüllt.

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Von Thomas Christmann

Ob USA, Japan, Korea, Australien, Neuseeland – Stephanie Bröge ist in den vergangenen Jahren viel gereist. Görlitz sollte nur eine Zwischenstation werden. „Ich bin gern hängengeblieben“, sagt sie. Nicht nur wegen der Arbeit, sondern auch die Familie und ihr Freund hatten Anteil daran.

Dabei ging Stephanie Bröge nach dem Abitur Anfang der 90er Jahre erstmal nach Pforzheim zum Studium – auf Empfehlung des Berufsberaters. Statt gleich zu studieren absolvierte sie zuerst eine Lehre zur Schriftsetzerin und sammelte Erfahrungen in der Werbebranche. Vier Jahre lebte die gebürtige Görlitzerin in Pforzheim. „Die Süddeutschen haben eine andere Mentaliät, der Dialekt war zu Anfang schwer zu verstehen“, sagt sie. Ein Grund, nach Ostdeutschland zurück zu kommen. In Leipzig studierte Stephanie Bröge anschließend Kommunikations- und Medienwissenschaft, mit Nebenfach Amerikanistik. Zur Finanzierung jobbte sie in der Medienindustrie. Während der Studienzeit absolvierte die Görlitzerin auch ein Auslandsjahr an der Universität in Pennsylvania. „Aus Abenteuerlust, das Leben ausprobieren“, erklärt Stephanie Bröge. Den amerikanischen Lebensstil hält sie für nett aber oberflächlich. An das Studium in Leipzig schloss sich eine Promotion in Neuseeland an. Natur und Menschen seien unverwechselbar. Seit zwei Jahren ist sie nun zurück in Görlitz. Nach all der Zeit sei ihr Fernweh einem Heimatgefühl gewichen. „Hier kann ich noch was bewegen“, sagt Stephanie Bröge. So müsste das Internationale stärker Einzug halten.

Genauso lang wieder in der Heimat sind auch Frank Model und seine Freundin. Während der Schwangerschaft bauten beide ein Haus in Friedersdorf bei Görlitz. Er stammt von dort, sie aus Deutsch-Paulsdorf. „Unser Sohn sollte nicht in der Großstadt aufwachsen“, erklärt der 30-Jährige. Zuvor arbeitete das Pärchen einige Zeit in Hamburg – er als Fahrschullehrer, sie als Versicherungskauffrau. Aber die Hektik und Oberflächlichkeit sagten ihnen nicht zu. „Das Wetter ist hier auch viel besser“, sagt Model. Zudem pendelten sie jedes Wochenende der Familie und Freunde wegen in die Heimat – 400 Euro allein für Sprit gingen dabei drauf. „Das sparen wir jetzt“, sagt der gelernte Kfz-Mechatroniker, der sich vor einem Jahr mit einer Fahrschule in Görlitz selbstständig gemacht hat. Auch seine Freundin fand wieder Arbeit. „Das ist doch eine schöne Ecke hier“, so der 30-Jährige.

Christian Vogl ist die Entscheidung hingegen nicht leicht gefallen, nach Görlitz zu ziehen. Manchmal hat er auch noch Heimweh. Doch Arbeit und Familie stehen für ihn an erster Stelle. „Alles andere kommt mit der Zeit“, sagt Vogl. Nach 28 Jahren im fränkischen Pegnitz wohnt der studierte Maschinenbauer mit seiner Frau Katariina und den zwei Kindern seit Mitte Januar in Görlitz. Hier leben schon einige Jahre ihre Eltern und hatte sie zwischen 2006 und 2007 im Geschäft der vom Vater geführten Druckerei gearbeitet. Jetzt soll die Stadt neue Heimat werden.

Architektonisch gefällt ihnen Görlitz sehr gut. „Es hätte den Titel zum Weltkulturerbe verdient“, sagt Katariina Vogl. Auch beruflich sieht ihr Mann mehr Chancen. „Das Angebot ist größer als die Nachfrage“, sagt der 29-Jährige, der seit Anfang Februar als Projektingenieur arbeitet. Seine Frau beginnt kommende Woche wieder in der Druckerei. Ein weiterer Unterschied: Die Schlesier seien ein weltoffenes, hilfsbereites Völkchen, die Franken eher verschlossen. Schön finden die Vogls auch die Nähe zu Polen, gerade für den Einkauf. Doch der Umzug hatte für die Familie nicht nur Vorteile. Während es in Pegnitz für beide Kinder einen Betreuungsplatz gab, stellte sich das in Görlitz als größte Sorge dar. Nur ihr dreijähriger Sohn ist bislang untergekommen. Der jüngere steht auf einer Warteliste. Da springen derzeit noch die Großeltern ein. Was Christian Vogl auch vermisst, sind fränkische Spezialiäten. Die schicken ihm nun die Freunde.