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Wirtschaftsstandort Görlitz hat Mängel

Rolf Kammann ist schon in Vorpommern. Der Leiter der Wirtschaftsförderung bei der Europastadt Görlitz GmbH leitet jetzt die Geschäfte bei der Wirtschaftsfördergesellschaft Vorpommerns in Greifswald. Scherzhaft...

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Von Sebastian Beutler

Rolf Kammann ist schon in Vorpommern. Der Leiter der Wirtschaftsförderung bei der Europastadt Görlitz GmbH leitet jetzt die Geschäfte bei der Wirtschaftsfördergesellschaft Vorpommerns in Greifswald. Scherzhaft hat er vor seinem Weggang aus der Neißestadt immer gesagt: „Ich werde der Holm Große von Vorpommern“. Große leitet die Marketinggesellschaft Oberlausitz/Niederschlesien in Bautzen.

Eineinhalb Jahre versuchte Kammann Firmen für Görlitz zu interessieren, bestehende Betriebe auf ihrem Weg zu begleiten und sich in Verbänden für den Wirtschaftsstandort Görlitz zu engagieren. 206 neue Arbeitsplätze in Görlitz im vergangenen Jahr stehen dadurch zu Buche. Für sich allein will er das nicht als Erfolg reklamieren: „Wirtschaftsförderung ist immer ein Gemeinschaftsanliegen.“ Den Standort könne man eben nur gut verkaufen, wenn auch die Rahmenbedingungen stimmen. Und da sehen Kammann wie Thielemann als Geschäftsführer der Görlitzer Europastadt GmbH Nachholbedarf.

Gewerbegebiete

Das Flächenangebot muss dringend verbessert werden. Zwar stehen noch Flächen in Görlitz zur Verfügung. Doch sind es nur knapp fünf Hektar Industriegebiete und 36Hektar Gewerbegebiete. Zudem haben sie alle erhebliche Mängel. Das Gewerbegebiet Klingewalde beispielsweise hat zwar einen Blick zur Autobahn, aber keinen Anschluss, so dass die Verkehrsanbindung durch das Wohngebiet führt. Dort gibt es auch hohe Lärmschutz-Einschränkungen, so dass keine Industrie angesiedelt werden kann. In Hagenwerder sind zwar die Grundstückspreise top, aber das Industriegebiet ist 18 Kilometer von der Autobahn entfernt. „Wenn wir in Görlitz Industriearbeitsplätze haben wollen“, sagt Thielemann, „brauchen wir dringend optimale Industrieflächen mit schneller Fernverkehrsanbindung und ohne Nutzungseinschränkungen.“

Verkehr

Die Südumfahrung halten beide Wirtschaftsförderer für nötig, um das Industriegebiet Hagenwerder zu vermarkten.

Gewerbesteuer

Görlitz hat einen der höchsten Gewerbesteuersätze in Sachsen. Er liegt derzeit bei 450 von Hundert. „Das ist völlig unangemessen“, sagt Rolf Kammann. Sowohl für Neuansiedlungen als auch für die Betriebe, die bereits in Görlitz tätig sind. OB Joachim Paulick will 2011 die Gewerbesteuersätze senken. Thielemann und Kammann begrüßen das ausdrücklich.

Berzdorfer See

Der Planungsverband wird mit einem Bebauungsplan ermöglichen, dass im Gebiet der früheren Tagesanlagen in Tauchritz die dort bestehenden Gewerbegebiete weiter produzieren können. Kammann findet das problematisch. „Investoren werden nur schwer kommen, wenn gleich ein Gewerbegebiet neben ihrem Hotel besteht“, sagt er. Das ändert nichts an seiner Meinung, dass der See ein „touristischer Diamant“ sein kann, der anders als der Städtetourismus Urlauber fünf bis sieben Tage hier hält. Nur müsse er im großen Stil geschliffen werden.

Klare Schwerpunkte

Görlitz will vieles zugleich. Das wird nicht gehen, schon allein wegen der schwierigen finanziellen Lage der Stadt. Daher drängt die Wirtschaftsförderung auf eine klare Schwerpunktsetzung. „Es mangelt nicht an Ideen, die für sich gut sind“, sagt Kammann. „Aber man muss auch mal sagen: Was packen wir als Erstes an, was bleibt liegen.“