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Wo bleibt die Post?

Seit heute ist der Streik vorbei – noch fehlen aber Briefe und Pakete. Auch zwei Testbriefe der SZ sind noch unterwegs.

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Von Anja Beutler

Donnerstagnachmittag, 15.45 Uhr: SZ-Redakteur Gabriel Wandt wirft neun Briefe in den gelben Kasten bei der alten Post in Löbau. Es sind Testbriefe, mit denen wir prüfen sollen, wie stark sich der Poststreik in der Region tatsächlich zeigt. Auch wenn seit Mitternacht der vierwöchige Streik zu Ende ist, hat der Ausstand doch einiges durcheinandergebracht und wird auch in den kommenden Tagen noch Nachwehen haben. Denn überall in Deutschland sind Sendungen liegen geblieben, die nun Stück für Stück sortiert und zugestellt werden müssen.

Die neun Briefe, die vor allem im Süden des Kreises und in Görlitz in den Briefkästen landen sollen, sind noch am Donnerstag, um 17.30 Uhr, auf Reisen gegangen. Zu dieser Zeit nämlich steht die letzte Leerung an, von der es auf dem Briefkasten selbst heißt, dass sie „in der Regel“ mit der nächsten Zustellung bundesweit beim Empfänger ankommt. Das hieße in dem Falle schon am Freitag. Ganz so schnell ging es aber nicht, doch immerhin kommen sieben der neun Briefe am Sonnabend bei den Empfängern in Löbau, Herrnhut, Zittau, Oberseifersdorf, Hartau, Kleindehsa und Ebersbach-Neugersdorf an. Zwei Briefe hingegen hängen etwas länger in der Leitung: In Görlitz und Lawalde blieben die anvisierten Briefkästen am Wochenende noch leer. Ob solche Verzögerungen in den vergangenen Wochen zu echten Problemen geführt haben – oder einfach nur lästig waren, zeigt die Übersicht:

Terminsachen: Angebote von Handwerkern bleiben außen vor

Dumm gelaufen ist für drei Handwerksfirmen der Poststreik: Ihre Angebote für die Außenrollladen an der Oderwitzer Oberschule durfte die Gemeinde nicht berücksichtigen, weil ihre Briefe durch den Poststreik zu spät eingegangen sind: „Es sind deshalb statt fünf nur zwei Firmen in die Wahl gekommen“, erklärt Hartmut Junge vom Oderwitzer Bauamt. Denn noch einmal neu ausschreiben durfte die Verwaltung nicht: „Wir haben uns erkundigt, der Poststreik gilt nicht als höhere Gewalt.“ Ob der Gemeinde nun ein günstiges Angebot entgangen ist, kann er nicht sagen, denn: „Wir dürfen die Briefe ja nicht öffnen“, erklärt Junge. Solche Fälle sind allerdings die Ausnahme geblieben. Auch beim Landratsamt sind, laut Sprecherin Marina Michel, keine größeren Probleme durch den Poststreik aufgetreten, weil es ja Alternativen zur Post gibt. Ähnlich sieht es beim Amtsgericht für Zittau und Löbau aus: „Wir verschicken unsere Post mit Post Modern, deshalb hatten wir keine Probleme“, erläutert Gerichtsdirektorin Verena Hönel. Und sollte tatsächlich ein Brief ans Gericht wegen des Streiks nicht termingerecht eingetroffen sein, werde man großzügiger sein.

Zusätzlicher Aufwand: Blutspender bekommen keine Info-Post

Richtig ärgerlich war der Streik für das Deutsche Rote Kreuz, das seine Blutspender in den meisten Fällen per Postkarte zum Termin einlädt. „Mit Aufstellern und Rollplakaten haben wir es am Ende geschafft, 75 Prozent der Spender zu erreichen“, sagt Frank Michler vom hiesigen Blutspendedienst. Statt der Postkarten auf E-Mail und SMS zu setzen, war in den vier Wochen keine Alternative: „Wir fragen unsere Spender immer, wie sie informiert werden möchten, das Gros entscheidet sich für die traditionelle Karte“, erklärt er.

Ärger mit Rechnungen: Auch

Absender ist in der Pflicht

Was aber tun, wenn eine Mahnung oder Rechnung zu spät ankommt? Dann rät Beate Saupe, Juristin bei der Verbraucherzentrale Sachsen dazu, genau zu prüfen, ob das Datum für die Fälligkeit der Zahlung bereits vorher bekannt war – dann spielt der Streik nämlich keine Rolle. Wenn aber die Zahlung samt Termin nicht absehbar war, sollten sich Betroffene Beweise sichern, dass sie die Post zu spät erhalten haben: „Sei es durch einen Nachweis, dass in dem Gebiet gestreikt wurde oder einen Zeugen, der die späte Zustellung bestätigen kann“, sagt Frau Saupe. Vor allem aber sei die Pflicht des Absenders nicht zu vergessen: „Er muss nachweisen, dass er die Sendung so abgeschickt hat, das sie pünktlich ankommen konnte“, betont die Juristin.

Streikgewinner: Konkurrenz freut sich über neue Aufträge und Kunden

Die Konkurrenz in Rot – Post Modern – hat den Streik ebenfalls zu spüren bekommen: „Wir haben mehr Sendungen befördert als sonst, vor allem auch auf nationaler Ebene“, sagt Geschäftsführer Michael Ulbrich. Denn das Unternehmen, das wie die Sächsische Zeitung zur DD+V-Mediengruppe gehört, befördert Post über einen Verbund mit anderen freien Zustelldiensten nicht nur in Sachsen, sondern bundesweit. Vor allem hier gab es mehr zu tun. „Wir hoffen natürlich, dass manche Kunden vielleicht auch bei uns bleiben“, sagt er.

Nachwehen: Post muss Streik-Berge

aus Extralagern abarbeiten

Wie der SZ-Brief-Test zeigt, hat sich der Streik nicht überall gleich stark ausgewirkt. Noch klarer wird das im Fall eines Glückwunschbriefes, den eine SZ-Leserin vor einem Monat in die Chemnitzer Region gesandt hat: Er ist an diesem Wochenende angekommen. Für die Post gibt es also noch Berge abzuarbeiten, was die Pressestelle bestätigt. Man gehe von einigen Tagen aus, bis alles zugestellt ist. Denn nach Angaben der Sprecherin mussten „während der Streikphase regional auch zusätzliche Lagerkapazitäten genutzt werden, um verzögerte Sendungen bis zur Auslieferung sicher zu lagern.“ Auf ein Wort