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Wo der Landrat das Bett macht

Das Riesaer Krankenhaus weiht eine neue Etage ein. Die wird auch mit einer sehr alten Technologie ausgestattet.

Von Christoph Scharf
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Passt: Landrat Arndt Steinbach rückt in der neuen Etage des Riesaer Krankenhauses die Bettdecke zurecht. Probehalber hat dort Siglinde Scholze Platz genommen. Riesas OB Marco Müller und seine Vorgängerin Gerti Töpfer (alle CDU) schauen zu.
Passt: Landrat Arndt Steinbach rückt in der neuen Etage des Riesaer Krankenhauses die Bettdecke zurecht. Probehalber hat dort Siglinde Scholze Platz genommen. Riesas OB Marco Müller und seine Vorgängerin Gerti Töpfer (alle CDU) schauen zu. © KD Brühl

Riesa. Arndt Steinbach zieht noch ein bisschen rechts, ein bisschen links - dann sitzt die Decke perfekt. Der bald nach Berlin wechselnde Landrat ist am Montag nach Riesa gekommen, um im Elblandklinikum eine neue Etage einzuweihen. Schließlich ist der CDU-Politiker bei dem kreiseigenen Unternehmen Aufsichtsratsvorsitzender. Und hier geht es nicht nur um ein paar neue Räume samt moderner Betten, in denen Siglinde Scholze vom ehrenamtlichen Besucherdienst probeweise Platz genommen hat.

"7,7 Millionen Euro haben wir hier investiert, ohne Fördermittel", sagt Arndt Steinbach. Und ohne eine Entscheidung seines Vorgängers, Ex-Landrat Rainer Kutschke, wäre das Vorhaben wohl noch teurer geworden. "Der hat damals entschieden, das Haus 5 so zu bauen, dass man es später noch aufstocken kann." Und genau das ist in den vergangenen 20 Monaten passiert. Das markante Gebäude rechts des zentralen Hochhauses hat nun vier Etagen. Und während man die Aufstockung von außen kaum noch erkennt, riecht innen noch alles ganz frisch.

Aus drei mach vier: Das Haus 5 am Riesaer Krankenhaus wurde in den vergangenen Monaten um eine Etage aufgestockt. Von außen ist das kaum zu erkennen.
Aus drei mach vier: Das Haus 5 am Riesaer Krankenhaus wurde in den vergangenen Monaten um eine Etage aufgestockt. Von außen ist das kaum zu erkennen. © KD Brühl

Ein ganzer Tross aus Kreisräten, Bauplanern und Krankenhausverwaltung besichtigte Montagmittag die neuen Räume. Noch kurz zuvor hatte der Aufsichtsrat der Elblandkliniken in Riesa getagt. Steinbach nutzte die Gelegenheit, sich bei den Patienten über die Meinung zum ständigen Baulärm zu erkundigen. "Es stört schon", so die häufigste Meinung. "Aber es geht."

Und tatsächlich geht es voran am Standort Riesa: Mitte März kann die neue Ebene tatsächlich in Betrieb genommen werden. Dann ziehen dort die Onkologie, die Palliativstation, zeitweise auch die Gastroenterologie ein. Die dadurch freiwerdenden Räume weiter unten werden dringend gebraucht: Die Chirurgie, die Urologie, die Verwaltung müssen in der nächsten Zeit nach einem strengen Zeitplan hin- und herziehen, damit auch im Hochhaus Etage für Etage gebaut werden kann.

"Das wirkt zwar wie ein wildes Durcheinander, aber Herr Zeidler behält den Überblick", sagt Landrat Steinbach. Verwaltungsdirektor Peter Zeidler lächelt zurückhaltend und verweist auf die Vorteile der neuen Station. "Gerade in der Palliativstation sollen die Patienten wohnlich untergebracht werden." 

Dort kommen Patienten hin, bei denen wohl keine Heilung mehr möglich ist. Sie werden in Einzelzimmern untergebracht, in denen auf einer umklappbaren Couch auch Angehörige mit übernachten dürfen. Eine eigene Patientenküche ist dafür da, dass sie sich gemeinsam Mahlzeiten zubereiten können.

So ging es voran: Verwaltungsdirektor Peter Zeidler zeigt Fotos vom Bauablauf für die neue Etage des Riesaer Elblandklinikums.
So ging es voran: Verwaltungsdirektor Peter Zeidler zeigt Fotos vom Bauablauf für die neue Etage des Riesaer Elblandklinikums. © KD Brühl

Die Betondecke der Patientenzimmer lässt sich im Sommer durch ein System aus Röhren kühlen, so dass es auch bei 30 Grad draußen drinnen angenehm bleibt - ohne die störende Zugluft einer Klimaanlage. "Das wirkt auf mich wie Hotel-Niveau", sagt Landrat Steinbach. Ziel sollte es sein, dass später auch das Hochhaus so aussieht wie die neue Etage. Dann soll es in Riesa auch keine Drei- und Vierbettzimmer mehr geben.

Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg: Während der Gesamtumbau des Riesaer Krankenhauses nach aktuellem Stand mit einer Investition von 55 Millionen Euro noch im Kostenrahmen liegt - auch wenn sich die Baupreise noch entwickeln können - musste der geplante Zeitrahmen um ein Jahr verlängert werden: Statt bis 2022 wird in Riesa nun wohl bis 2023 gebaut.

Der Ärztliche Direktor Dr. Michael Dechant freut sich trotzdem. "Wir Ärzte und Pflegekräfte bekommen in Riesa bessere Bedingungen, um die Patienten zu versorgen." Dass die Aufstockung von Haus 5 eines Tages wirklich kommen könne, habe er anfangs gar nicht glauben können.

Das komplette Haus 5 wird nun auch ganz neu an eine ziemlich traditionelle Technik angeschlossen: Rohrpostanlagen gibt es zwar schon seit dem 19. Jahrhundert, das Elblandklinikum lässt sie in Riesa aber ganz neu einbauen. Denn Blut- und Gewebeproben lassen sich nun einmal nicht per Email verschicken.

Und so werden jetzt das Labor, das im 10. Stock des Hochhauses sitzt, die OP-Etage darunter, die Notaufnahme im Neubau auf der Rückseite und alle Etagen im Haus 5 an den Rohrpostbahnhof im Keller angeschlossen.

Ab die (Rohr)Post: Laborchef Dr. Boris Rolinski  zeigt, wie schnell eine Rohrpostbombe mit Blutproben einmal von oben nach unten durchs Krankenhaus und zurück saust.
Ab die (Rohr)Post: Laborchef Dr. Boris Rolinski  zeigt, wie schnell eine Rohrpostbombe mit Blutproben einmal von oben nach unten durchs Krankenhaus und zurück saust. © Klaus-Dieter Brühl

Zu sehen ist davon nicht sehr viel, wie am Montag ein Drehteam vom MDR-Fernsehen enttäuscht feststellen muss. "Eigentlich nur der Kasten hier und Rohre, die dann gleich in der Decke verschwinden", sagt Dr. Boris Rolinski, Chef des Labors gleich unter dem Dach des Hochhauses. Die Anlage ist seit kurzem in Betrieb - muss aber derzeit noch aufwendig validiert werden. Dabei geht es darum nachzuweisen, dass die Qualität der Proben durch die hohe Beschleunigung, schnelle Fahrt und die engen Kurven nicht beeinträchtigt wird.

Dafür wird nicht nur eine echte Blutprobe in die Röhre gepackt, sondern auch ein sogenannter Logger. "Der misst die Temperatur, die Luftdichte, Luftfeuchte und die Beschleunigung auf allen Achsen", sagt Rolinski. Dabei entstehen während einer Fahrt durchs Haus durchaus zwei Millionen einzelne Messwerte. 

Klingt kompliziert, lässt sich aber einfach bedienen: Die Rohrpostbombe ist durch einen Aufdruck codiert, so dass die Maschine von selber weiß, wo sie hingeschickt werden muss. "Ich muss die Bombe nur hier einlegen, den Rest erledigt das System von allein", sagt der Laborchef. 

Und tatsächlich wird die halb orangefarbene, halb durchsichtige Röhre sogleich fast lautlos eingesogen - und landet nach wenigen Sekunden in der Eingangs-Röhre direkt daneben. "Die ist jetzt einmal bis zum Bahnhof im Keller und wieder zurück gefahren", sagt Rolinski. Wenig überraschend: Hatte der Mediziner für die Vorführung doch eine an sein Labor adressierte Röhre verwendet.

Der Vorteil für die Ärzte und Patienten: Blutproben können nun schneller untersucht werden als zuvor. Und Pfleger müssen sich nicht mehr mit Taschen voller Proben quer durchs Haus aufmachen, wo wegen der Bauarbeiten mehrere Fahrstühle blockiert sind. 

Der Landrat ist jedenfalls zufrieden über den Fortgang der Arbeiten. Gut möglich, dass es vor dem Wechsel an die Spitze einer Kommunalversicherung nach Berlin sein letzter Besuch im Riesaer Elblandklinikum war: Hinter den Kulissen suchen die Parteien schon emsig nach möglichen Kandidaten für seine Nachfolge.

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