Von Thomas Christmann
Die Feuerwehr schreibt sich einen Wunschzettel. Den Vorwurf hat die Gemeinde Mittelherwigsdorf hinter vorgehaltener Hand gehört, wenn der Brandschutzbedarfsplan aller fünf Jahre von den Kameraden erstellt werden musste. „Das stand in einem komischen Licht“, sagt Bürgermeister Markus Hallmann (Freier Wählerverein). So übernahm für 3 500 Euro erstmals ein Team aus Master-Absolventen des Studiengangs Sicherheit und Gefahrenabwehr der Hochschule Magdeburg diese Aufgabe. Das stellte den Plan kürzlich vor. Die SZ zeigt die wichtigsten Ergebnisse.

Gerätehäuser: Im Oberseifersdorfer Depot gibt es den meisten Bedarf
Die drei Feuerwehrgerätehäuser sind insgesamt in einem sehr guten Zustand. Die Eckartsberger und Radgendorfer befinden sich seit 2014 im neuen Depot an der Löbauer Straße. Das entspricht als einziges den aktuellen Vorschriften, wenn auch noch ein Internet
Technik: Zwei Fahrzeuge haben ihre Nutzungsdauer bereits überschritten
Das Löschgruppenfahrzeug der Ortsfeuerwehr Eckartsberg ist mit 37 Jahren das älteste der Gemeinde. Die vorgesehene Nutzungsdauer erreichte der Mercedes bereits 1997. Reparaturen habe es aber noch keine gegeben, sagt Haftmann und spricht von stabiler Wertarbeit. Auch das Tragkraftspritzenfahrzeug in Oberseifersdorf von 1988 hat die Nutzungsdauer seit 2008 erreicht und eignet sich beispielsweise nicht für unbefestigte Wege. „Die neue Technik ist aber oftmals anfälliger als die alte“, sagt der Gemeindewehrleiter. Und ein neues Fahrzeug koste um die 200 000 Euro, allerdings nur mit schmaler Ausstattung.
Personal: Der Wehrleitung fehlen
noch einige Lehrgänge
Mittelherwigsdorf und Eckartsberg verfügen über jeweils 30 aktive Kameraden, Oberseifersdorf über 21. So kann jede Ortsfeuerwehr mit einer Einheit aus neun Einsatzkräften ausrücken und mindestens doppelt so viele vorhalten. Die Anzahl und Ausbildung des Personals an den Standorten wird als ausreichend eingestuft. Anders sieht die Situation bei den Führungskräften aus. So fehlt dem Gemeindewehrleiter der Lehrgang Verbandsführer, dem stellvertretenden Ortswehrleiter von Eckartsberg der zum Gruppen- und Zugführer sowie Leiter Freiwillige Feuerwehr. Doch nur so kann laut Bedarfsplan auch die taktische Führung bei großen Schadensereignissen sichergestellt werden. Das Problem: Die Landesfeuerwehrschule bietet nicht genügend Plätze für Lehrgänge an. Voriges Jahr kamen von den 20 Bewerbern aus der Gemeinde nur zwei dran. Aber Haftmann will sich mit 56 Jahren auch nicht mehr auf die Schulbank setzen. „Die Jugend soll ran“, sagt er. Der Gemeindewehrleiter wird daher nach 20 Jahren in dem Posten im Herbst nicht mehr kandidieren, aber der Feuerwehr weiterhin erhalten bleiben.
Erreichbarkeit: Nicht jedes Gebiet ist von den Kameraden abzudecken
Nach einer Richtlinie dürfen vom Brandausbruch bis zum Eintreffen der Feuerwehr höchstens 13 Minuten vergehen. Allerdings hält die Frist nur Oberseifersdorf vollständig ein. Die Eckartsberger erreichen in der Zeit nur 50 Prozent ihres Ortes. Zu spät kommen sie in die südliche Geschwister-Scholl-Straße, östliche Feldstraße, Ortslage Radgendorf, sowie das Gewerbegebiet in der Dittelsdorfer Straße. Die Mittelherwigsdorfer schaffen sogar nur etwa 40 Prozent. Betroffen sind dort der nördliche Teil der Oberdorfstraße, die gesamte Hainewalder, Bahnhof- und Hörnitzer Straße bis zum Feierabendheim. Deshalb wird im Bedarfsplan empfohlen, mit den umliegenden Feuerwehren einen Löschhilfevertrag zu unterzeichnen, die als zweite Einheit ausrücken. Dieser besteht bereits mit Oderwitz, Bertsdorf-Hörnitz hingegen hat wenig Kameraden und Zittau besitzt hauptamtliche Kräfte, weshalb sie bei größeren Einsätzen automatisch mit ausrücken. Zudem sollen die Bewohner der betroffenen Gebiete sensibilisiert werden, sich zum Beispiel Rauchmelder anzuschaffen. Wenn sie erst mal aus dem Haus seien, komme es auch nicht auf die Minute an, so Haftmann. Und den Schaden, den das Feuer nicht schaffe, richte das Wasser an.
Ergebnis: Die Feuerwehr erreicht
die Vorgaben des Landes nicht
Die Vorgaben des Landes erfüllt die Feuerwehr derzeit nur zu 69 Prozent – erst ab 80 gilt sie als leistungsfähig. „Wir brauchen uns aber vor niemandem zu verstecken“, so der Gemeindewehrleiter. Er könne mit dem Ergebnis leben. Zudem ist der Bedarfsplan nur eine Leitlinie für die Gemeinde und bedeutet nicht, die Maßnahmen auch sofort umzusetzen. Andererseits gilt: nur was dort drin steht, wird auch gefördert. Deshalb hat der Rat den Plan auch beschlossen, sollte daraus für die Feuerwehr etwas investiert werden. Er gilt bis 2019. Andere Wehren würden sich die Augen wischen, wenn sie so etwas aufstellen lassen würden, sagt Hallmann und gibt zu bedenken: Es sind immer noch freiwillige, ehrenamtliche Kräfte. Er würde sogar seine Hand dafür ins Feuer legen, dass die Gemeinde im Umkreis eine der leistungsstärksten Feuerwehren habe, so der Bürgermeister.