SZ +
Merken

Wohltätige Macht für ein zweites Straßenbahngleis

1905 bewegte die Görlitzer die große Gewerbe- und Industrieausstellung. SZ erinnert in dieser Rubrik wöchentlich an jene Zeit.

Teilen
Folgen

Von Zusammengestellt von Hans Schulz und Ralph Schermann

Trotz früh einsetzender Reklame verstand man es vor 100 Jahren nicht, sich ebenso früh auf ein gemeinsames Zeichen zu einigen. „Obwohl wiederholt vorzüglich durchgearbeitete künstlerische Plakatentwürfe vorgelegen haben, glaubte man doch noch nicht, das Richtige gefunden zu haben“, schätzte der „Neue Görlitzer Anzeiger“ am 12. Januar 1905 ein. Irgendwann jedoch erhielt das Künstler-Atelier Ernst – ein Görlitzer Lithograph – den Zuspruch für ein zu gestaltendes einheitliches Ausstellungsplakat. Das Blatt weiter: „Die Idee des Plakates soll sein, dass Prometheus der Menschheit das Feuer bringt, dessen wohltätige Macht sie erst fesseln muss.“

Während der Plakatdruck in richtige Bahnen kam, diskutierte man andernorts auch über Bahnen, nämlich die Görlitzer Straßenbahn. Die „Görlitzer Nachrichten und Anzeiger“ vom 11. Januar 1905 brachten eine Vermutung: „Der Betrieb der elektrischen Straßenbahn dürfte für die Zeit der Ausstellung unzureichend sein, wenn sich die Direktion nicht entschließt, ein zweites Gleis und zudem eine direkte Verbindung vom Bahnhof nach dem Ausstellungsgelände herzustellen.“ Als ob die Zeitung ein eigenes Interesse an solch Verkehrsplanung hätte, drohte man gar der Bahndirektion: „Die Ausstellungsleitung wird sonst geeignete Schritte tun, um eine Automobilgesellschaft für den Verkehr zu interessieren.“

Wie wir wissen, wurde der besondere Bahnanschluss später gebaut, wovon noch zu berichten sein wird. Zunächst allerdings gab man sich in der Verwaltung der Straßenbahn abwartend. Vielleicht schaute man auch auf Zittau, wo die Ausstellung 1902 ausgerichtet und dort eine besondere Akku-Straßenbahnlinie sogar erst unmittelbar nach Ausstellungsbeginn zum Tragen kam.

Der „Neue Görlitzer Anzeiger“ zeigte in der Ausgabe vom 14. Januar 1905, dass das Straßenbahnthema auf Interesse stieß. Ein Leserbief regte an, auch an jene zu denken, die nach Ausstellungsbesuch mal auf die Landeskrone wollen: „Es ist bekannt, dass an schönen Tagen das eine Gleis nach der Landeskrone nicht ausreicht. Es wäre der Straßenbahnverwaltung dringend ans Herz zu legen, einmal ganze Arbeit zu machen und auch die Biesnitzer Strecke zweigleisig auszubauen.“ Dies aber blieb ein Wunsch, der nie in Erfüllung ging.“