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Wohnen auf dem Eschebach-Areal?

Die SZ geht in einer neuen Serie der Frage nach, was auf der seit Jahren leer stehenden Fläche passieren könnte.

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Von Jens Fritzsche

Es wäre derzeit wirklich Wohnen im Grünen. Zwischen wild wucherndem Grün allerdings, das sich seinen Weg zwischen Schuttbergen eingerstürzter Gebäude und durch Betonpflaster vor leer stehenden Hallen bahnt. Wohnen auf dem Eschebach-Areal? Jener Fläche zwischen Bahnhof, Rathenaustraße und Bahnhofstraße, auf der sich seit Jahren nichts tut. Die nur ab und an Ziel von Feuerteufeln ist. Nun kam zumindest dahingehend Bewegung in die Sache, dass der Eigentümer des Areals, der Stadt das Gelände zum Kauf anbot. Die könne ja Gewerbeflächen daraus machen, denn das war ja vom Rathaus selbst immer wieder als mögliche Nutzung ins Spiel gebracht worden. Aber wäre nicht noch mehr möglich, auf dieser durchaus interessanten Fläche? Die SZ geht deshalb in einer Serie der Frage nach, was auf dem Areal passieren könnte. Zum Beispiel Wohnen…

Das gut 4,2 Hektar große Areal, auf dem einst der bekannte und erfolgreiche Küchenproduzent Eschebach seine in aller Welt gefragten Küchen herstellte, gehört seit 2007 der Saller-Gruppe aus Weimar. Einem Unternehmen, das Flächen kauft und entwickelt, um sie dann zu vermarkten. Firmenchef Josef Saller hatte das nach unglaublichen drei Insolvenzen von Eschebach leer stehende Areal ersteigert, um hier großflächig Handel anzusiedeln. So wie er es bereits anderswo erfolgreich praktiziert hatte. In Thüringen, in Sachsen, aber auch in Polen, Tschechien und der Slowakei. In der zweitgrößten slowakischen Stadt Kosice entwickelte und baute die Saller-Gruppe beispielsweise das große Einkaufs- und Erlebniszentrum „Galeria Kosice“. Auf 30 000 Quadratmetern Fläche locken hier über 100 Geschäfte, Cafés und Restaurants. Und im thüringischen Jena machte er beispielsweise den Uni-Turm zur spannenden Mischung aus Gründerzentrum für junge Firmen und Einkaufszentrum. Und jüngst öffnete an der Österreicher Straße im nahen Dresden Sallers jüngstes Projekt: ein Einkaufszentrum auf dem Gelände des legendären Erlebnis-Restaurants „Donath‘s neue Welt“.

Aber großflächiger Handel auf dem Eschebach-Areal, diese Idee scheiterte am Widerstand der Stadt Radeberg. Im Rathaus und auch im Stadtrat sah man die Gefahr, dass durch große Einkaufsmöglichkeiten bei Eschebach die Geschäfte der Innenstadt entlang der Hauptstraße hätten ausbluten können. Also gab’s zunächst eine Veränderungssperre für die Fläche, dann wurde ein Handelskonzept für ganz Radeberg erarbeitet, das künftig keine sogenannten innenstadtrelevanten Angebote außerhalb der Innenstadt mehr zulässt. Ein Baumarkt wäre noch möglich auf dem Eschebach-Areal, aber das allein dürfte der Fläche nicht wirklich helfen. Die Stadt sieht das Eschebach-Areal sowieso eher als Möglichkeit, hier Gewerbe anzusiedeln. Noch dazu, weil die städtischen Gewerbeflächen – zum Beispiel im Gewerbegebiet an der Pillnitzer Straße – weitgehend ausgeschöpft sind. Investor Saller sieht die Nutzung der Eschebach-Fläche als Gewerbegebiet wegen angrenzender Wohnbebauung problematisch – hat aber der Stadt jetzt das Areal zum Kauf angeboten. Die Stadt könne dann, so Saller, die Fläche ja als Gewerbeareal vermarkten. 50 Euro pro Quadratmeter will Josef Saller von der Stadt haben, was OB Gerhard Lemm (SPD) aber bereits als viel zu hoch zurückgewiesen hatte. Die Stadt erziele beim Verkauf von voll erschlossenen Grundstücken im Gewerbegebiet Pillnitzer Straße Quadratmeterpreise unter 20 Euro, so Lemm.

Gefragt sind in Radeberg derzeit aber nicht nur Gewerbeflächen. Auch als Wohnstandort wird die Bierstadt samt ihrer Ortsteile immer interessanter. Der Ansturm auf die Wohngebiete in den Ortsteilen Ullersdorf, Großerkmannsdorf und Liegau-Augustusbad ist so groß, dass im Moment kaum noch freie Flächen für Häuslebauer zu finden sind. In allen Ortsteilen wird der Ruf immer lauter, neue Gebiete erschließen zu können. Auch in der Stadt selbst, sind die Flächen gefragt. Wenn auch am Sandberg oder an der Pillnitzer Straße auch noch Baugrundstücke zu haben sind. Langfristig könnte aber eben auch das Eschebach-Areal als interessanter Standort fürs Wohnen ins Blickfeld rücken. Ein Anfang ist beispielsweise gemacht: Denn die jahrelang heruntergekommenen Wohnblöcke zwischen Eschebach-Hauptgebäude und Kreuzung Dresdner Straße entlang der Bahnhofstraße erstrahlen in frischem Glanz. Die ersten Wohnungen sind bereits vermietet. Interessant dürfte das Eschebach-Gelände auch durch seine Nähe zum Bahnhof sein. Warum nicht beispielsweise Wohnangebote für Studenten, die per Zug in gut 20 Minuten mitten im Zentrum von Dresden und damit quasi direkt an der Uni wären? Auch die Radeberger Wohnungsgenossenschaft sucht derzeit händeringend nach einem Standort für einen Neubau. Der erste Genossenschaftsneubau seit der Wende wäre das. Allerdings sieht Genossenschafts-Chefin Susann Sembdner das Eschebach-Areal nicht als wirklichen Favoriten bei der Suche an, sagt sie. Die Nähe zur Bahnstrecke sei nicht jedermanns Sache. Vielleicht könnte da ja eine Mischung aus Wohnen und – leisem! – Gewerbe helfen? Die Unternehmen könnten sich nahe der Gleise ansiedeln, die Wohnhäuser dann dahinter. Die Firmen als Schallschutz sozusagen. Und aus Sicht der Stadtplanung könnte durch das neue Wohngebiet dann auch ein kürzerer Weg als bisher direkt zur Hauptstraße ins Zentrum führen. Und vielleicht würde das dann auch helfen, die leer stehenden Läden entlang der Bahnhofstraße zu beleben?

In der nächsten Folge am Dienstag fragen wir nach den Chancen auf eine Uni-Außenstelle auf dem Eschebach-Areal. Diskutieren Sie mit, schreiben Sie uns:

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