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Warum diese Bäume fallen müssen

In der Ortsmitte von Graupa wird eine Baustelle eingerichtet. Die Investorin ist keine Unbekannte in dem Ort.

Von Mareike Huisinga
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Eine Fachfirma hat Bäume in der Ortsmitte von Graupa gefällt.
Eine Fachfirma hat Bäume in der Ortsmitte von Graupa gefällt. © Norbert Millauer

Viele Graupaer fragen sich derzeit, warum die Bäume auf dem Grundstück Badstraße/Ecke Richard-Wagner-Straße in Pirna-Graupa gefällt werden. Das brachliegende Gelände wurde bislang als Parkplatz auf eigene Gefahr genutzt. Antwort auf diese Frage  kann die Mitbesitzerin des Areals, Dolores Reinmuth aus der Pfalz, geben. "Wir wollen die Fläche entwickeln.  Auf dem Grundstück entstehen mindestens acht Reihenhäuser", sagt sie auf SZ-Nachfrage. Früher stand hier das Erbgericht Graupa.

Absage an eine Weinstube

Um das Grundstück exakt zu vermessen, waren die Fällungen nötig, so die Investorin. Der Bauantrag wurde noch nicht bei der Stadt eingereicht, das soll im Frühjahr geschehen. Reinmuth hofft, dass der Bau im Sommer beginnt, sodass die ersten Familien zu Weihnachten einziehen können. 

Die acht Reihenhäuser  werden jeweils eine Wohnfläche von exakt 144 Quadratmetern haben. Interessenten gebe es bereits. Der Kaufpreis liegt zwischen 340.000 und 370.000 Euro, so Reinmuth. Zu jeder Hauseinheit gehört eine Terrasse und ein kleiner Garten sowie Pkw-Stellflächen. Außerdem erwägt die Eigentümergemeinschaft, weitere Gebäude, eventuell weitere Wohnungen,  auf dem Gelände nahe der Bushaltestelle zu errichten.  Der ursprüngliche Plan, eine Weinstube zu eröffnen, habe sich hingegen zerschlagen. Das bedauert besonders Graupas Ortsvorsteher Gernot Heerde. "In unserem Dorf fehlt eine gastronomische Einrichtungen", sagt er. Der Ortschaftsrat habe bisher noch nicht über das Projekt gesprochen, da kein Bauantrag vorliegt. 

So sah das Erbgericht Graupa früher aus. Das Gemälde stammt von Hans Adler aus Graupa. 
So sah das Erbgericht Graupa früher aus. Das Gemälde stammt von Hans Adler aus Graupa.  © Gemälde von Hans Adler.

Leckeres Eis im Borsbergbad

Dolores Reinmuth, beziehungsweise ihre Familie, sind keine Unbekannten in Graupa. Denn ihr Großvater August Meltschack erwarb 1939 das Gelände in der Ortsmitte, auf dem  sich damals das Erbgericht Graupa an der Straße sowie ein Bauernhof im hinteren Bereich befanden.  August Meltschak führte das Lokal,  wo fröhliche Partys gefeiert wurden,  viele Jahre. Dann sollte eigentlich sein Sohn Heinz das Haus übernehmen, aber er fiel im Zweiten Weltkrieg. Also sprang der jüngster Sohn Hans-Rudi mit seiner Frau Ingeborg ein. Es sind die Eltern von Dolores Reinmuth.  

Familie Meltschack lud nicht nur zu Kaffee, Kuchen, Bier und Sauerbraten im Erbgericht ein. Außerdem betrieben sie den Imbiss in dem jetzt renaturierten Borsbergbad, wo den Gästen besonders das selber hergestellte Eis gut mundete. 

Jedoch fühlte sich Hans-Rudi Meltschack immer weniger wohl in der DDR. Er ging über die Grüne Grenze in die Westen, wo er in Frankenthal nahe der Pfalz eine Arbeitsstelle fand. 1956 holte er seine Frau sowie seine beiden Töchter Dolores und Margit nach. Dolores Reinmuth wohnt noch heute in Frankenthal. 

Das Erbgericht Graupa wurde verpachtet, verlor aber nicht an Attraktivität. Legendär müssen die fröhlichen Vereinsfeiern gewesen sein. Ortsvorsteher Heerde erinnert sich auch an die Schachwettkämpfe, die in den 60er-Jahren hier stattfanden. Damit war es am 7. November 1971 aus. Das über 300 Jahre alte Gebäude brannte aufgrund von Fahrlässigkeit des damaligen Pächters ab und wurde ein Jahr später komplett abgerissen.  August Meltschack selber zog in den Bauernhof,  den er später aus Altersgründen aufgab. Nach der Wende war das Gebäude so marode, dass es Mitte der 90er-Jahre abgerissen werden musste, berichtet Dolores Reinmuth. 

Sommerferien in Graupa verbracht

Obwohl Dolores Reinmuth als Vierjährige das großelterliche Haus verlassen hatte, ist sie ihrer Heimat immer treu geblieben. "Meine Schwester und ich waren fast immer in den Sommerferien in Graupa, um die Verwandschaft zu besuchen", erzählt sie und schwärmt von den Ausflügen in die Borsberghänge. 

Noch heute schlägt ihr Herz für Graupa. Deshalb überlegt sie auch, eine Ferienwohnung auf dem Erbgericht-Areal für sich und ihre Familie zu errichten. 

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