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Wormser Erinnerungen

Fotos von 1996 belegen, dass der heutige NPD-Chef Holger Apfel mit Mitgliedern der Zwickauer Terrorzelle sowie deren mutmaßlichen Helfern gemeinsam demonstriert hat.

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Von Ulrich Wolf

Mitglieder der Zwickauer Neonazi-Zelle haben 1996 gemeinsam mit dem heutigen NPD-Bundesvorsitzenden Holger Apfel an einer Demonstration in Worms teilgenommen.

Das antifaschistische Pressearchiv und Bildungszentrum (Apabiz) in Berlin entdeckte Fotos, die Beate Zschäpe mit einem T-Shirt der Marke „Lonsdale“ zeigen, die damals in der rechten Szene beliebt war. Ebenfalls dabei beim unangemeldeten „Rudolf-Heß-Gedenkmarsch“ mit 200 bis 250 Neonazis war nach Angaben des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes auch Zschäpes Freund Uwe Mundlos.

Andere Fotos dieser Demonstration zeigen zudem den späteren NPD-Funktionär Ralf Wohlleben sowie den Thüringer Rechtsaktivisten Holger G.. Beide sind inzwischen als mutmaßliche Helfer des 1998 untergetauchten Terror-Trios inhaftiert. Holger Apfel war damals Bundeschef der NDP-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten. Er soll nach Angaben von Apabiz den Aufmarsch in Worms am 17.August 1996 sogar angeführt haben. Für Apabiz belegen die Fotos, „wie eng die militante Neonazi-Szene mit der angeblich so seriösen NPD bereits Mitte der 1990er-Jahre verbandelt war.“

Apfel weist das zurück: „Natürlich war ich auf dieser Veranstaltung, aber ich kannte nur einen Bruchteil der Teilnehmer“, teilte er der SZ mit. Beate Zschäpe habe nicht dazu gehört. Tatsächlich liegt kein Foto vor, das Apfel mit Zschäpe und/oder Mundlos in einer vertraulich wirkenden Szene zeigt. Apfel betonte, es sei ein „krampfhafter Versuch“ von Politik und Medien, zwischen dem Mörder-Trio und der NPD-Führung einen Zusammenhang herstellen zu wollen.

Bei der Neonazi-Demonstration waren damals Rechtsextremisten aus ganz Deutschland zusammengekommen. Die Polizei hatte auf Kaiserslautern oder Mainz als Aufmarschort getippt, doch die Neonazis trafen sich in Worms. Sie beendete den Aufmarsch nach kurzer Zeit und nahm mehr als 170 Menschen vorübergend fest.

Der Thüringer Verfassungsschutz berichtet, seinerzeit seien auch rund 50 Mitglieder des Thüringer Heimatschutzes (THS) nach Rheinland-Pfalz gereist. Der THS war einst die politische Heimat von Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Auch Ralf Wohlleben und Holger G. gehörten dem THS an. Nach Angaben der Zeitung „Taz“ zeigen Fotos auch Tino B., den Kopf des „Thüringer Heimatschutzes“ und späteren Vizelandeschef der NPD . 2001 flog B. als gut bezahlter Informant des Verfassungsschutzes auf.

Unterdessen haben Beamte des Bundeskriminalamtes nach Informationen der „Bild“-Zeitung auf der Festplatte eines Computers der rechtsextremen Terrorgruppe zwei weitere Bekenner-Videos entdeckt. Spezialisten rekonstruierten den Inhalt der Festplatte, obwohl der Computer bei der Explosion der Zwickauer Wohnung Anfang November zerstört worden war.

Die Ermittler stufen die Filme als „Vorläufer“ des bereits bekannten, zynischen „Paulchen-Panther“-Terror-Videos ein, das aus dem Jahr 2007 stammt. Nach Informationen der „Bild“ aus Sicherheitskreisen taucht in einem der beiden Videos der Spruch „Unsere Taten sprechen für sich“ auf. Nach Meinung der Ermittler belegen die offenbar auf „technisch hohem Niveau“ gemachten Videos, dass die Zwickauer Killer-Nazis ihre Taten von Anfang an als terroristische Mordserie geplant haben. (mit dpa)