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Würdiger Kelch statt des Plastebechers

Claudia Hofmann hat ihre Stelle als Kirchenmusiker der Wittichenauer Pfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt angetreten.

Von Uwe Jordan
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Claudia Hofmann, die derzeit ihr erstes Kind erwartet, hinter ihrem Arbeitsplatz und vor ihrem Arbeitsgerät – zwischen dem Spieltisch und der Orgel der katholischen Wittichenauer Pfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt.
Claudia Hofmann, die derzeit ihr erstes Kind erwartet, hinter ihrem Arbeitsplatz und vor ihrem Arbeitsgerät – zwischen dem Spieltisch und der Orgel der katholischen Wittichenauer Pfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt. © Foto: Uwe Jordan

Wittichenau. Wittichenaus 1981 erbaute Sauer-Orgel in der Katholischen Pfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt ist vor kurzem mit einigem Aufwand ausgereinigt und general-überholt worden; neu intoniert (gestimmt); kurz: erfrischt und verjüngt. Aber ein dringendes Problem war mit diesem technischen Akt nicht gelöst.

Suchen und Finden

Zur Vorgeschichte: Die Wittichenauer Organisten-Stelle war vor einiger Zeit vakant geworden. Die bisherige Musikerin konnte gesundheitshalber das Instrument nicht mehr bedienen. Orgelspiel ist ja nicht nur Leichtigkeit und Wohlklang, sondern mitunter richtig fordernde Arbeit. Also suchte die Gemeinde um Pfarrer Wolfgang Kresak jemanden, der diese Stelle im Hauptamt ausfüllen könnte. Aber: Vergeblich! Selbst Annoncen in der deutschlandweiten Fachpresse halfen nichts. Zwei Jahre lang nicht. Es sah so aus, als ob das Provisorium, dass kundige Laien im Wechsel die Wittichenauer Orgel spielten, von der Behelfs- zur Dauerlösung werden würde.

Szenenwechsel: In Dresden-Cotta studiert eine junge Frau Kirchenmusik. Den C-Schein, die grundlegende Qualifikation, hat sie bereits erworben; gemeinsam mit ihrem Mann Konrad. Nun soll die B-Prüfung her, das Diplom, andernorts Bachelor geheißen. Ob sie nach dem Studium eine richtige, feste vollwertige Anstellung als Kirchenmusiker finden wird, weiß sie nicht: „Es gibt ja solche Stellen heutzutage eigentlich gar nicht mehr.“ Neue gleich gar nicht; und bestehende werden bei Ausscheiden des Amtsinhabers nicht selten stillschweigend ad acta gelegt.

Da ist es schon ein kleines Wunder, dass sie von der Wittichenauer Vakanz erfährt. Schon bei der ersten Fahrt ins 6.000-Seelen-Städtchen ist sie angetan von der Gegend, die sie an ihren Geburtsort Mittenwalde erinnert. In Wittichenau wird sie mit offenen Armen aufgenommen. Rasch war der Vertrag unterschrieben. Nun ist sie Kirchenmusiker. Das heißt nicht nur die Orgel zu spielen: Sie leitet auch die Kantorei, also betreut den Gemeinde- und den Kinderchor, den Flötenkreis ...

Seit der 4. Klasse das Ziel im Blick

Für Claudia Hofmann (24) stand schon als Schulmädchen in der 4. Klasse fest, dass sie Kirchenmusiker werden wollte: „Mein großes Vorbild war meine Kantorin“. Dass sich jetzt, mitten im Studium, der Weg nach Wittichenau eröffnet hat, betrachtet sie als einen Glücksfall. Studium in Dresden hin oder her: Sie ist nach Wittichenau gezogen. Denn ihre Überzeugung ist, dass man als Kantorin keine „Fahrstelle“ bekleiden könne, sondern in der Stadt des Wirkens Wurzeln schlagen muss; schon um der Menschen willen, mit denen sie täglich zu tun hat, zu tun haben möchte. Das sieht auch ihr Konrad so: Er wird sich um den (sich deutlich ankündigenden) Nachwuchs kümmern, so bald der da ist – um seiner Frau die Wahrnahme ihres Amtes zu ermöglichen. Solche Familien-Arbeitsteilung ist heute zwar noch nicht unbedingt das allgemein Übliche, aber auch (und besonders) in diesem Falle ein Segen, findet Wittichenaus Pfarrer Wolfgang Kresak.

Und dann ist ja noch das Studium. Claudia Hofmann verfasst nach vier Jahren nun die Diplomarbeit: Orgelneubauten und das Restaurieren vorhandener Instrumente. Ihre Arbeit soll Hilfestellung für Gemeinden sein, die sich mit solchen Plänen tragen: Was ist vor der Entscheidung zu beachten? Finanzen (ein Neubau kostet schließlich bis zu 500.000 Euro), Standort, Register, Akustik ...: Rundum-Bedenken von Wünschen und Möglichkeiten. Zwar gebe es für orgellose Kirchen auch die Möglichkeit, im Gottesdienst mit einem E-Piano auszukommen, „aber das ist wie Abendmahlswein aus dem Plastebecher statt einem würdigen Kelch“, bringt sie es auf dem Punkt – und weiß sich darin mit dem Papst einig, der den Orgelbau strikt befürwortet.

Hat sie selbst einen Lieblings-Organisten? Wer jetzt einen großen Namen wie Eisenberg oder Jon Lord erwartet, vernimmt verblüfft, ihr Kommilitone Willy Wagner sei ein Genie. Komponieren? „Das überlasse ich denen, die sich dazu berufen fühlen“. (Kann ja noch kommen.) In Wittichenau selbst hofft sie auf das Ende der Corona-Zeit. Schon, um mit der richtigen Arbeit beginnen zu können: mit den Chören, für die immer Sänger-Nachwuchs gesucht wird – und mit der Orgel, an der sie gern auch Abendlieder intonieren möchte.

Die Chöre treffen sich, sobald es „nach Corona“ möglich ist, wie folgt zum Proben in der Alten Schule: Flötenkreis Di 20 Uhr / Sorbischer Chor Mi 19.30 Uhr / Kantorei (Gemeindechor) Do 20 Uhr / Kinderchor Fr 16 Uhr